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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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    Ich bewerfe sie damit.
    »Ich fürchte, da liegt ein Missverständnis vor, altes Mädchen. Ich bin immer in der Schule.«
    »Ach ja? Hier steht aber, du hast geschwänzt.«
    »Ich hab nicht ›geschwänzt‹. Ich habe gelesen. In der Bibliothek. In der Schulbibliothek.«
    »Du gehörst aber nicht in die Bibliothek, du Grützebirne, sondern ins Klassenzimmer.«
    »In der Bibliothek lerne ich aber bedeutend mehr, und ohne den ganzen Radau, den man in einem Klassenraum voller Idioten ertragen muss.«
    Da scheuere ich ihr eine. Sie steht mir bis hier mit ihrem Bette-Davis-Scheiß.
    Alles ist voller Blut, und ein Zahn ist abgebrochen, aber ein schlechtes Gewissen hab ich nicht, eigentlich wollte ich sie sogar noch ein bisschen härter erwischen, da hat sie Glück gehabt.
    Später treffe ich mich mit Mick und wir vögeln. Hinterher fühl ich mich zum Kotzen und wünsch mir, wir hätten es gelassen. Mit Mick fühl ich mich immer zum Kotzen. Keine Ahnung, warum ich es überhaupt mache. Vor allem wünsche ich mir, ich hätte meiner Schwester nicht wehgetan, die von mir weggerannt ist und voll am Heulen war. Ich wollte ihr keine Angst machen, aber sie hat ja angefangen. Jetzt hab ich Angst. In der Schule gibt es niemanden, zu dem ich gehen könnte, und bald stehen sie wieder auf der Matte. Ich weiß nicht, was ich machen soll.

Nelly
    Von Marnie eine saubere Tracht Prügel erhalten. Geschlagen hat sie mich, und das nicht zimperlich, ausgerechnet an einem Freitag.
    »Mein Zahn, was hast du mit meinem Zahn gemacht?«, schrie ich.
    »Fick dich«, antwortete sie. Vulgäres Mädchen. Ungehobelt.
    Himmel, wie ich Freitage hasse. Es ist ihnen einfach nicht zu trauen. Wochenenden ohne Abendessen, Wochenenden, an denen man die Stimmen Fremder hört, mit nach Hause gebracht von unbekümmerten Vätern, die betrunken auf den vermaledeiten Teppich pinkeln.
    Was für einen Gestank das hinterlässt. Einen widerlichen Gestank.
    Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich solche Dummheiten mache, wirklich. Ich wünsche ja ebenso wenig wie Marnie, die Behörden vor unserer Haustür zu sehen. Ich möchte nur lesen und den Jungen und ihren Bemerkungen über meinen Körper aus dem Weg gehen. Ich hasse meinen Körper. Ich hasse Jungen und heute hasse ich Marnie. Soll sie doch zur Hölle fahren.

Lennie
    Ich habe Marnie gestern einmal ordentlich die Leviten gelesen und war sehr streng. Wir mussten mit Nelly zum Zahnarzt. Marnie hat dem armen Mädchen glatt einen Zahn ausgeschlagen. Ich musste mich wirklich sehr zusammennehmen, aber dann fing sie an zu weinen. Es tue ihr leid und sie könne nicht sagen, was in sie gefahren sei.
    »Ich will wissen, was los ist«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte sie.
    »Eure Eltern. Wo sind die denn bloß?«
    Sie machte ein ausdrucksloses Gesicht, so als hätte sie mich nicht gehört. Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass Nelly sie anstarrt, die Augen weit aufgerissen und flehend, so als solle sie um Himmels willen den Mund halten. Marnie sah beschämt aus. Beide. Ich schüttelte enttäuscht den Kopf und ging aus dem Zimmer. Wenn sie mir nicht anvertrauen, was ich ohnehin schon weiß, kann man nichts machen. Die Eltern kommen so bald nicht zurück, und diese Mädchen sind sich selbst überlassen.
    Später habe ich Marnie für ihre Gewalt gegenüber ihrer Schwester bestraft; ich hatte mit einem teenieartigen Wutausbruch gerechnet und war fest entschlossen, dem Fräulein die Ohren lang zu ziehen, aber sie hat mir ohne Widerrede zugestimmt, einfach so. Sie war mir beinahe dankbar, so als hätte sie sich gewünscht, dass ich ihr die Grenzen aufzeige, und genau das habe ich getan. Dass sie sich bei ihrer Schwester entschuldigen soll, habe ich ihr gesagt. Das tat sie dann auch, aber Nelly würdigte sie keines Blickes, und ich habe auch nichts dagegen gesagt; ich kann sie nicht zum Verzeihen zwingen, wenn sie nicht bereit dazu ist. Ich habe Marnie angewiesen, meine Küche sauber zu machen. Ich hatte Brot gebacken und es sah etwas wüst aus, aber alle Achtung, sie hat picobello aufgeräumt. Dann habe ich ihr gesagt, sie soll die Toilette putzen, und auch das hat sie getan. Anschließend habe ich mir ihren Schulranzen bringen lassen, eine erbärmliche grüne Tasche mit den Namen von Jungen und Rockbands darauf. Ich habe sie Hausaufgaben machen lassen, und obwohl sie nicht lange daran saß, war alles korrekt. Sie ist ein helles Köpfchen, das muss man ihr lassen. Abendbrot hat sie

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