Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
Vom Netzwerk:
oder zum Vögeln. Manche knutschen ja gern im Regen, soll romantisch sein, sieht man ja in jedem Kitschfilm, aber ehrlich gesagt fänd ich es ein bisschen affig, wenn mich jemand im Regen küssen wollte. Man kann wohl ganz gut heulen im Regen, aber wozu, es würde ja eh keiner merken, was gut ist, wenn man nicht will, dass einen jemand heulen sieht, und Gene Kelly sagt natürlich, man kann singen und tanzen im Regen, aber das mach ich bestimmt nicht, ich mach mich doch nicht zum Obst.
    Jedenfalls ist Opa total ausgetickt wegen Lennies Abendessen. Hackbraten, Kartoffeln und Crumble, weil, es ist Dienstag und dienstags macht Lennie immer Crumble. Opa war stinksauer, und da ist mir aufgefallen, dass er eine Jeansjacke anhat, so als ob es gar nicht regnen würde, und es hatte ja nicht erst angefangen, es pisste schon seit Tagen, und in manchen Regionen sind die Leute sogar in Booten rumgefahren. Außerdem hatte er die Hände nicht in den Taschen, sondern hat damit rumgefuchtelt, und er stand ganz gerade, nicht geduckt, der Regen schien seine Wut und seinen Frust so richtig einzurahmen, und das hatte ich bei so einem Wetter noch nie gesehen, eigentlich glaub ich nicht mal, dass ich mir überhaupt schon mal bei so einem Wolkenbruch jemanden angeguckt hab, außer wenn ich im Zug saß und wie alle anderen im Trockenen war. Bei Regen rennt man ja meistens, aber Opa stand da wie ein Priester am Altar und hat über Lennie geschimpft.
    »Wen interessiert denn schon, was dieser Schwule auf den Tisch bringt?«, sagt er. »Ich bin euer Großvater. Du weißt, dass ihr nicht dauerhaft bei ihm bleiben könnt. Er ist kein Verwandter.«
    Er brüllt dann noch alles Mögliche in so einem Befehlston, und ich schneide seine Kommandos gar nicht alle richtig mit, vor allem als mein Handy dann klingelt und er es sich schnappt, als ob es seins wäre.
    »Gib das her!«, schreie ich.
    »Es ist Lennie«, sagt er und guckt seelenruhig auf das Display.
    Dann gibt er mir das Handy zurück, als wäre nichts gewesen, und sagt: »Warum fragst du ihn nicht einfach, ob er dazukommen will?«, sehr viel ruhiger als kurz vorher, als er ausgetickt ist, weil ich zum Abendessen zu Lennie rüberwollte.
    »Nee«, sag ich, weil ich darauf echt nicht klarkomm, dieses Wetter und dann Opa, der mich anschnauzt wie ein Feldwebel, und es pisst ohne Ende.
    Dann sagt er: »Prima. Mach doch, was du willst. Ich bin fertig«, und dreht sich um und geht. Rennt nicht. Geht ganz gemütlich. Die Hände immer noch nicht in den Taschen. Ich fass es nicht. Rennen normale Leute nicht, wenn’s regnet? Sogar unnormale, die meisten jedenfalls; eigentlich fallen mir nur Ökos, Penner und irgendwelche Vollpsychos ein, die durch den Regen spazieren. Gut, bei David Bowie hab ich das auch schon gesehen, aber das war in einem Musikvideo und wahrscheinlich war der Regen nicht mal echt, und bei Kate Winslet, die hatte so eine Haube auf, aber die verdient Millionen und kann rumlaufen, wo sie will. Ich überleg kurz, ob ich dem Alten jetzt nachrennen soll, aber dann kommt eine SMS von Kirkland und ich lass es sein. Ich bin sowieso total durch den Wind wegen Opa, und wenn ich ehrlich bin, beschleicht mich so das Gefühl, dass Kim vielleicht recht hat; irgendwas ist mit Grandpa.

Nelly
    Ich bin mit meiner Weisheit am Ende. Marnie hat mich zurechtgewiesen, ich solle meine Begeisterung angesichts einer Einladung von Opa im Zaum halten. Wir sollen ihn übers Wochenende zu Hause besuchen, aber Marnie findet, wir müssen mehr Vorsicht walten lassen in seiner Gegenwart, das muss man sich einmal vorstellen. Sie ist plötzlich der Meinung, dass irgendetwas faul ist mit dem Mann, der ihr traumhafte Kleider schenkt, mit uns an schöne Orte fährt und mir Harry-Potter-Figuren kauft, nicht gerade zu einem Spottpreis, wenn ich das bemerken darf.
    Was haben denn nur immer alle? Müssen wir jetzt wirklich jedem misstrauen? Was sie zu beanstanden hatte, war wirklich lächerlich. Angeblich habe er in unangemessener Kleidung im Regen gestanden, und das sei ja »schon ein bisschen schräg«. Lennie war sehr erfreut, was mich über die Maßen schockierte. Ich dachte, er und Opa würden sich so prächtig verstehen, aber da sieht man mal, was Lennie in Wahrheit für ein Heuchler ist. Ich bin wie vor den Kopf gestoßen. Da trägt jemand keinen Regenmantel, und schon ist er ein Taugenichts und Tunichtgut, vor dem man sich in Acht nehmen muss. Zur Hölle mit ihnen beiden.
    Opa wurde uns offensichtlich von einem

Weitere Kostenlose Bücher