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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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wohingegen Opa nur so strotzt vor Energie und sogar ein eigenes Haus hat, und einen großen Garten mit viel Platz, wenn wir ihn an den Wochenenden besuchen. Ich habe es so organisiert, dass wir kommendes Wochenende bei ihm sind, da wird Lennie sicher froh sein. Ich wüsste nichts, was mir lieber wäre – wieder eine Familie zu haben, und noch dazu eine echte. Opa hat sogar ein Auto, ein warmes Auto, mit dem er uns abholt. Ich habe immer die Mädchen beneidet, die in Autos abgeholt wurden. Bei Regen und bei Schnee. Eltern, die in Tüten voll leckerer Häppchen auf dem Beifahrersitz greifen. Herausgeputzte Mädchen, die fröhlich in sanft beleuchtete Häuser fahren, warme Häuser, in denen der Duft von Abendessen über die Esszimmertische zieht, an denen sie sich frisch gekochte Speisen schmecken lassen. Häuser wie die von Lennie, nehme ich an. Opa muss schrecklich einsam sein. Er braucht wohl ebenso sehr eine Familie wie wir. Ich weiß, dass er sich genau das wünscht. Bei uns zu sein, bis Izzy zurückkommt, nur dass Izzy nicht zurückkommt. Nie mehr. Was sollen wir bloß tun?

Lennie
    So ein dreister Kerl, also wirklich. Lädt sich selbst zum Abendessen ein, sitzt mir gegenüber und beäugt mich die ganze Zeit, und dann fragt er: »Zwei Gläser Wein, Lennie? Gibt es etwas zu feiern?« Für wen hält der sich eigentlich, dass er mir in meinem Haus vorschreiben will, was ich zu tun und zu lassen habe und wie viel ich trinken darf, und dann reißt er die ganze Zeit Witzchen mit seinen Enkelinnen , kauft sie mit Geschenken und Dingen, für die sie eine Schwäche haben. Wenn sie nur wüssten, was für eine Gefahr er darstellt.
    Ich habe es nicht kommen sehen. Jetzt höre ich nur noch »Opa« hier, »Opa« da. Wenn man es recht bedenkt, sind sie wie kleine Streuner, schnappen nach den Abfällen von den Tischen Fremder, und Streuner verschwinden nicht, nachdem sie einen Brocken bekommen haben, nicht wahr? Sie warten stets auf den nächsten Knochen, den nächsten Fischkopf. Ich habe sie nie mit Abfällen gefüttert. Mit Liebe habe ich sie gefüttert, mit dem, was sie brauchten, und das von Herzen. Ach … was bin ich doch für ein arroganter alter Narr, vielleicht waren sie es, die mir etwas gaben, die mich in meiner Einsamkeit fütterten, und vielleicht war es ihnen eine Last. Ein einsamer, verzweifelter Alter, der Gesellschaft braucht und ihnen eine Familie vorgaukelt. Den Großvater für sie spielt, bis plötzlich dieser Lügner auftaucht. Vielleicht finden sie, es ist Zeit für etwas Neues, und ich würde sie natürlich loslassen, wirklich, Joseph, ich schwöre es, wenn ich doch nur wüsste, dass er ihnen keinen Schaden zufügt, aber diese Gewissheit habe ich nicht. Gerade im Moment weiß ich gar nichts, das ist die Wahrheit. Ich bin so verwirrt.

Marnie
    Kirkland ruft nie zurück. Das kotzt mich echt an, ich meine, er ruft schon an, aber nie als Antwort auf meine Anrufe. Es geht andauernd nur: »Wann treffen wir uns?«, »Wann kommst du?«, »Ich sitz schon seit Stunden hier und warte«, »Boah Marnie, jetzt beweg deinen Arsch hierher.«
    Ohne Scheiß, er behandelt mich wie einen unzuverlässigen Freund statt wie seine Freundin. Außerdem schmeißt er sich massenweise Benzos, und ich hab keinen Schimmer, wo er die herhat, von mir jedenfalls nicht, da passt Vlado auf wie ein Schießhund. Angeblich ist der Sex dann geiler, und das gibt mir nicht gerade ein gutes Gefühl; ich meine, genüge ich ihm denn nicht? Außerdem sagt er, es würde seine Kunst beflügeln, wobei ich in den letzten Wochen außer dem Schwanz in seiner Hand nichts davon gesehen hab.
    Egal. Jedenfalls holt mich Opa neulich von der Schule ab und will mit uns zu Abend essen, aber ich muss ihn rausschmeißen, weil, Lennie hatte drüben Essen gemacht, und da war Opa total angepisst, ich meine, so richtig angepisst.
    Es hat die ganze Zeit geregnet ohne Ende. Ich weiß nicht, was das ist bei Regen, aber man kriegt eine andere Haltung, man duckt sich und zieht ein Gesicht und guckt auf seine Schuhe, wie sie auf den Beton patschen, und wenn man ich ist, wünscht man sich, man hätte seinen Scheißschirm nicht in der Schule liegen lassen. Wenn es regnet, verändern sich die Welt und die Leute, irgendwie so, als würden auf einmal irgendwelche besonderen Verhaltensregeln gelten. Glasgow wird total still im Regen, keiner redet, alle wollen nur den Fluten entkommen und suchen irgendwas zum Unterstellen, zum Knutschen oder Reden, zum Zoffen vielleicht, zum Kotzen

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