Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
Vom Netzwerk:
mulmig bei seinen Geschichten, weil, was er nicht erwähnte: Was hat Izzy wohl gemacht, als er sie im Suff verprügelt hat?
    Nelly dagegen ist voll auf den Gefühlstrip gekommen und hat angefangen zu weinen. Wir hatten unsere eigenen Geschichten über Izzy, und niedlich waren die alle nicht. In unseren ging es um eine Drogenabhängige, die ihre Kinder vernachlässigt und sich selbst gehasst hat, hauptsächlich wegen dem Mann, der uns jetzt gegenübersaß und Geschichten über eine süße Dreijährige erzählte, die einen alten Mann mit dem Weihnachtsmann verwechselt und einen Ehering im Garten versteckt hat. Ich hab überlegt, ob es wohl fair ist, ihm zu sagen, wer Izzy wirklich war, aber dann war’s mir auch egal. Schluss mit dieser Märchenwelt. Izzy war als Mutter der Totalausfall gewesen und würde auch nicht mehr zurückkommen, und das sollte er wissen. Das hatte er verdient. Als ich dann fertig war mit meiner Version von Izzy und hochgeguckt hab, hockte da ein alter Mann und stützte den Kopf in die Hände, aber er weinte nicht oder so, er saß nur still da und dachte über alles nach. Ich hatte ihm alles erzählt, was mir eingefallen war, aber gereicht hat es mir trotzdem noch nicht. Ich hätte noch eine halbe Ewigkeit weitererzählen können, wie es mit Izzy und Gene gewesen war, aber er ließ mich nicht.
    »Genug jetzt«, hat er gebettelt und sich gequält das Gesicht gerieben.
    »Sie kommt nicht zurück«, hab ich zu ihm gesagt. »Sie und Gene haben Micks Geld. Sie können nicht zurückkommen.«
    »Jetzt hör doch auf mit dem Unsinn!«, drohte er, und es hieß so viel wie: Erzähl mir nicht, was ich insgeheim schon selber weiß.
    »Marnie hat recht«, flüsterte Nelly. »Mutter hat es mir gesagt. Sie hat gesagt, sie liebt uns, aber sie kann nicht mehr bleiben. Wir können auf uns selbst aufpassen, weil wir gute Mädchen sind, starke Mädchen. Sie ging an einem Sonntagmorgen.«
    Diese Worte waren nicht gelogen. Das konnt ich in ihrem Gesicht lesen. Izzy hat sie zu Nelly gesagt, kurz bevor sie in den Schuppen gegangen ist, und Nelly hat mir nichts davon erzählt.
    »Was weiß Lennie?«, hat er gefragt.
    »Alles, alter Junge«, sagte Nelly.
    »Hör auf, so zu reden!«, schrie er.
    »Sie is halt so!«, brüllte ich.
    Dann hat er sich eine Ecke von einem Fingernagel abgebissen und auf den Boden gespuckt. Er war ganz rot im Gesicht; er wollte Nelly nicht verletzen, aber es hat ihn gewurmt, dass Lennie mehr wusste als er.
    Wir sind dann jedenfalls ins Bett, und er hat unten geschmollt und ist immer auf dem Teppich hin und her gelaufen.
    Später bin ich noch mal rausgeschlichen auf den Treppenabsatz und hab ihn beobachtet, allein im Wohnzimmer. Er saß in einem Sessel und hat die Hände gerungen. Whisky hat er getrunken und eine Zigarre geraucht. Alles Mögliche, was wir bei ihm noch nie gesehen hatten, und das hat mich nervös gemacht. Wenn er doch nur nüchtern geblieben wäre und Izzy einen richtigen Vater gehabt hätte, dann wäre sie vielleicht ein anderer Mensch gewesen. War sie aber nicht. Sie ist Izzy gewesen, da war nichts mehr dran zu machen.

Nelly
    Marnie nahm das untere Bett; es war breiter, und so war ich zu nächtlichem Herumwälzen in unerquicklicher Enge verdammt.
    Er hatte uns nicht ins Bett geschickt, vielmehr schlug Marnie vor, dass wir ihn über die Wahrheiten nachgrübeln lassen, die sie ihm hatte zuteil werden lassen, und zwar ohne einen Gedanken daran zu vergeuden, was ich von solchen Vertraulichkeiten halte. Als ich Marnies Wahrheiten hörte und sah, mit welcher Leichtigkeit sie ihr über die Lippen kamen, verfiel ich in reine Panik. Wie sehr ich mir wünschte, das Gespräch wäre bei meiner Mutter geblieben, so wie er sie gekannt hatte. In seine Reue mischte sich ohne Zweifel große Scham, zumal er seine Schuld an einem gerüttelt Maß dessen erkannte, womit sich meine Mutter über die Jahre geplagt hatte, und ich bekam rechtes Mitleid mit dem alten Knaben. Er wird seine Suche nach ihr jetzt einstellen. Das habe ich im Gefühl. Er wird sich in einem Leben mit seinen Enkelkindern einrichten, und zusammen werden wir glücklich sein. Vielleicht kann Lennie sein Haus auf der Hazelhurst aufgeben. Dann könnten wir alle zusammenwohnen. Es wäre schrecklich ohne Lennie, er bedeutet mir so viel. Ich frage mich, ob ich das Opa gegenüber einmal erwähnen soll. Er hat immerhin drei Zimmer.

Marnie
    Ich hatte Durst, deshalb bin ich noch mal in die Küche, ein Glas Wasser holen. Auf dem Rückweg hab

Weitere Kostenlose Bücher