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Bienensterben: Roman (German Edition)

Bienensterben: Roman (German Edition)

Titel: Bienensterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa O'Donnell
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gefahren wäre, wäre sie zu schnell gewesen für die Kugel, aber ich bin zu Fuß gegangen, um meine Frau zu besänftigen und ihr zu zeigen, dass es sicher ist, aber das war es nicht.«
    Ich sage nichts. Das muss ich erst mal verdauen.
    »Du sagst mir gar nichts als Trost?«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Dann nehme ich das als Trost.«
    »Erinnert dich irgendwas an mir an Sabina?«, frag ich.
    Ich werde rot.
    »Sie wäre jetzt genauso alt wie du.«
    »Willst du mich deshalb retten?«
    »Ich will dir helfen, dir was beibringen. Ich bin Lehrer. Ich war Lehrer.«
    »Warum verkaufst du dann Drogen?«
    »Weil sie mich nicht unterrichten lassen, und ich werde bestimmt nicht betteln.«
    »Weißt du, diese Kids, die du unterrichten willst, die kriegen die Drogen, die du Mick beschaffst. Sie sind wie Sabina.«
    »Sie sind überhaupt nicht wie meine Sabina. Mein Mädchen kam aus einem guten Haus. Sie hat auf sich geachtet, und wir haben auf sie geachtet. Sie war gut in der Schule und hatte noch nie einen Jungen geküsst. Sie hat gern so getan, als hätte sie ein Pferd, während die Mädchen hier in diesem Land gern so tun, als ob sie vierzig wären.«
    »Danach geht es aber nicht. Es gibt massenweise Junkies aus gutem Haus. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst. Du beschaffst die Drogen, und das ist nicht richtig, und was noch schlimmer ist: Du weißt, dass es nicht richtig ist.«
    »Was willst du von mir? Ich will doch nur leben«, blafft er mich an.
    »Ich will auch leben«, sag ich zu ihm.
    »Bei uns in Russland gibt es ein Sprichwort: ›Die Zukunft gehört dem Geduldigen!‹ Warum willst du nicht warten?«
    »Warten ist hier aber nicht, hier geht’s ums Überleben. Oder glaubst du etwa, ich hätte mir keine Kindheit gewünscht?«
    »Und deshalb schwirrst du ihr davon wie eine Biene in deinen kleinen goldenen Stöckelschuhen, ja?« Jetzt lacht er wieder über mich.
    »Die sind modern«, sage ich zu ihm. »Alle haben die an. Aber davon hast du mit deinen Cowboystiefeln natürlich keinen Schimmer.«
    »Los, fahren wir«, sagt er.
    Wir fahren schnell auf dem Rückweg, das macht einen herrlichen Wind. Wir müssen lachen, wir können nicht anders. Er dreht sich zu mir um und sagt, ich soll mal Gas geben. Ich hab irgendwie ein blödes Gefühl, weil wir so miteinander geredet haben, aber dann lächelt Vlado und ich weiß, es ist alles okay. Ich lächle zurück.
    Vlado bleibt zum Abendessen, und Lennie freut sich total. Es war ein geiler Tag, und auch wenn ich ab und zu an Kirkland denke, vergess ich fast, dass es eine Izzy oder einen Gene gab.
    Als wir dann fertig sind mit essen, bittet Vlado Nelly, was zu spielen, weil er will, dass der Garten von neuer Energie durchströmt wird, und mit der Hilfe von Nelly und Bach wird er es dann auch, aber sie ist total mürrisch und lässt sich erst ziemlich bitten, weiß der Geier, was sie jetzt schon wieder hat.

Lennie
    Er hat ihr gesagt, dass ich schwul bin, und als sie so tat, als hörte sie zum ersten Mal davon, war ich schon ein wenig verblüfft.
    »Aber von der Geschichte mit dem Jungen im Park weißt du, oder etwa nicht?«
    Sie zuckt mit den Achseln.
    »Ich weiß, dass du es weißt, Nelly«, flüstere ich. »Du hast sie doch nachts grölen gehört, und du musst doch auch die Graffiti an der Tür gesehen haben.«
    Ihr Gesicht bekam die Farbe von Roter Bete.
    »Ich habe einen Fehler gemacht. Einen schrecklichen Fehler, und ich kann ihn nicht mehr ungeschehen machen. Ich wünschte so sehr, ich könnte es. Verstehst du das?«, frage ich.
    »Ich will nichts davon hören.« Sie legt den Finger auf die Lippen, dann hält sie sich die Ohren zu. Ich nehme ihre Hände von den Ohren und drücke sie.
    »Ich bin ein Mann, der andere Männer liebt. Ich möchte mit ihnen zusammen sein, in sexueller und in romantischer Hinsicht, und Joseph, der so viele Jahre hier mit mir zusammen gewohnt hat, an den erinnerst du dich doch, oder?«
    Sie schüttelt den Kopf, hört gar nicht mehr damit auf.
    »Er war mein Freund. Wir haben uns geliebt, und es hat mir das Herz gebrochen, als er starb. Es tut mir immer noch unendlich weh.« Ich muss weinen.
    Sie ist auf einmal sehr still und ich lasse sie los. Ich bin erschöpft.
    »Es tut mir leid, Lennie«, sagt sie mit Tränen in den Augen, und wir umarmen uns.
    »Schon in Ordnung«, sage ich zu ihr. »Ist schon in Ordnung.« Ich streiche ihr übers Haar.
    »Ich erinnere mich an Joseph«, flüstert sie. »Ich erinnere mich an ihn,

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