Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
stieß Zeki hervor. »Noch eine.«
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S ie lachten viel bei dem ausgedehnten Abendessen in ihrem Lieblingsrestaurant am Ammersee. Der Kellner bediente sie aufmerksam und zuvorkommend. Er erinnerte sich offensichtlich an das ungewöhnliche Paar von der intimen Geburtstagsfeier vor einer Woche. Nachdem die Rechnung beglichen war und er für den Service ein angemessenes Trinkgeld bekommen hatte, verabschiedete er mit einer tiefen Verbeugung Karin Zeil und Florian Dietl.
Sie spazierten Hand in Hand an der Promenade entlang. Es war spät, nur wenige Male wünschten sie anderen Spaziergängern gute Nacht. Nach dem fünfzehnminütigen Weg erreichten sie die angemietete Wochenendwohnung. Karin Zeil holte den Schlüssel aus der Handtasche und öffnete sie. Florian Dietl wartete, bis sie eingetreten war, um sie ausgiebig zu betrachten. Das Flurlicht verlieh ihrer Figur eine sonderbare Weichheit, die Konturen ihres Körpers verschwammen. Sie drehte sich am Treppenabsatz um und blickte in seine Augen. Sie erfreute sich daran, wie ihr Alter, das sich im Gesicht und um die Augen deutlich abzeichnete, ihm den Verstand raubte.
Dann stiegen sie in das obere Stockwerk zum Schlafzimmer. Zeil schritt durch den geschmackvoll eingerichteten Raum und öffnete das Fenster. Draußen war es ruhig. Ein sternenklarer Himmel schwebte über dem von der Dunkelheit umhüllten Ammersee. Sie hielt kurz inne und genoss die Stille, im Wissen, wie sehr sie ihn mit ihrem Anblick betörte.
Schon erklang ein metallenes Geräusch. Er öffnete die Gürtelschnalle, sie glaubte, den Stoff seiner Hosen an den glattrasierten Beinen entlanggleiten zu hören. Kurz überlegte sie, wie sie ihn verwöhnen könnte. Es war nicht schwer. Sie trug einen weiten Rock, beige, passend zum kurzen Oberteil. Das leise Aufknöpfen seines Hemdes war das Nächste, was sie vernahm. Ohne sich umzudrehen, schob sie ihren Slip bis zu den Knöcheln hinunter. Dann beugte sie sich leicht über den Fenstersims und wartete. Mit der einen Hand drückte er ihren Hinterkopf etwas nach unten und hob mit der anderen den Rock an.
Eine halbe Stunde lang verdrängten sie ihrer beider Sorgen, liebten sich leidenschaftlich, bis sich Dietl außer Kräften in das Bett fallen ließ und vor Erschöpfung die Augen schloss.
Zeil blieb vor ihm stehen. Auch sie war außer Atem. Mit bebendem Busen genoss sie seinen durchtrainierten Körper. Wie durch ein Wunder waren sie ein Paar geworden. Mit einem Schock hatte es angefangen, als er nach beinahe vierzehn Jahren erneut in ihr Leben getreten war. Der als Filou stadtbekannte Biermanager, den sie als Lehrling seines Vaters kennengelernt hatte, umgarnte sie fast ein ganzes Jahr lang nach allen Regeln der Kunst. Schließlich gab sie seinem Verlangen nach, wie damals, als er blutjung und sie noch als reife Frau galt. Was er jetzt begehrte, war ihr dem Verfall anheimgegebener Körper, ging es ihr durch den Kopf. Sie setzte sich an die Bettkante und strich mit dem Zeigefinger über seine Augenbrauen. Den Schweiß auf ihren Fingerkuppen schleckte sie ab. Er schmeckte salzig wie Tränen. Ich möchte so gerne glauben, dass deine Liebe ehrlich ist, dachte sie, während er zufrieden seufzte. Unfreiwillig musste sie an ihren Ehemann denken. Vor sechs Jahren war er verstorben. Die drei gemeinsamen Kinder hatten ihnen fünf Enkelkinder geschenkt. Was würden sie denken, wenn sie wüssten, Oma lässt sich von einem über dreißig Jahre jüngeren Geliebten aushalten? Dietl war großzügig, sonst wäre sie jetzt nicht bei ihm.
Nein, beschwor sie sich, verdirb dir den schönen Abend nicht. Vorsichtig schob sie seine Hand von ihrer Taille und stand behutsam auf. Als sie das Badezimmer erreichte, hörte sie ihn leise hinter sich.
»Komm zurück ins Bett, Schatz.«
Sie blieb stehen. Seine jugendliche Stimme hatte sich in all den Jahren kaum verändert. Ihr Blick, verstört und angestrengt, richtete sich auf die Spiegelwand im Badezimmer. Im Halbschatten konnte sie ihr Gesicht nicht sehen, nur die Umrisse ihres Körpers wahrnehmen.
»Ich bin gleich wieder bei dir. Lass mich nur kurz duschen«, beruhigte sie ihn.
»Beeil dich!« Seine Stimme klang zärtlich wie das Miauen eines Katers.
Das Wasser lief über ihren Körper. Sie dachte an die Zukunft. Ihr Geliebter hatte sie überredet, mit ihm Deutschland zu verlassen. Er wollte sein Geschäft internationalisieren, ein Angebot in Dubai kam da wie gerufen, hatte er ihr erklärt. Übermorgen landeten sie in Istanbul. Ein
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