Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
wieder zu konzentrieren. Sein Blick fiel auf Cengiz.
»Schick Frau Zeil herein, dann mach dich auf den Weg.«
Die fragenden Blicke von Vierkant und Leipold, die wie Cengiz den Flirt mitverfolgt hatten, ignorierte er. Dass Jale mit einer offensiven Erklärung ihre Reise begründete, wunderte ihn nicht sonderlich. Mit betroffener Stimme sagte sie: »Es tut mir wirklich leid, Kollegen. Ihr müsst zwei Tage ohne mich auskommen. Meine Mutter ist krank. Ich fliege heute Nachmittag nach Istanbul.«
Sie lügt ja genauso ungeniert wie ich, wenn es sein muss, sorgte sich Demirbilek und beobachtete, wie Jale erst Vierkant, dann Leipold zum Abschied auf die Wangen küsste. Als Vorgesetzter leer auszugehen, störte ihn, auch wenn er es nicht zeigte.
58
K arin Zeil trug ein luftiges, weit geschnittenes Sommerkleid und ein Strickjäckchen, das lässig über ihren Schultern lag. Mit kurzem Nicken dankte sie für den Stuhl, der ihr von Demirbilek vor seinem Schreibtisch angeboten wurde. Leipold holte sich eine Sitzgelegenheit und nahm neben ihr Platz. Demirbilek registrierte das mit Erstaunen, wartete ein paar Sekunden ab, um dann mit Blick auf die Zeugin den Sack Spezialmalz auf den Tisch zu wuchten.
»Haben Sie eine Idee, woher der Sack stammt?«
Zeil blieb ruhig, sah erst verwundert den Sack, dann den Kommissar an. Schließlich holte sie aus ihrer Handtasche eine Lesebrille und hielt sie vor die Augen, ohne sie aufzusetzen.
»In meinem Alter sieht man nicht mehr so gut«, entschuldigte sie sich. »Der Sack könnte aus der Mingabräu stammen. Wobei wir nicht der einzige Betrieb sind, der dieses Spezialmalz verwendet.«
»Warum ausgerechnet das?«
»Das müssen Sie schon unseren Braumeister Gehrke fragen. Vor fünf Jahren, als ich angefangen habe, hat er diverse Rezepturen durchprobiert. Am Ende hat er auf das Spezialmalz für die naturtrübe Sorte bestanden. Ist nicht billig, aber gut.«
»Trinken Sie eigentlich selbst Bier?«, setzte Demirbilek nach. Er wollte im Anschluss an die Vernehmung gleich mit dem Braumeister telefonieren.
»Ich? Ja, doch, in Maßen. Stimmt denn etwas nicht?«
Demirbilek ließ die Frage unbeantwortet.
Leipold nutzte die Gelegenheit und drehte sich zu ihr. »Schmeckt hervorragend, das Mingabräu«, stellte er mit Überzeugung in der Stimme fest. »Glauben Sie mir, mit Bier kenne ich mich aus.«
»Danke. Ich werde es Gehrke ausrichten. Aber wollten Sie mich nicht zu Herrn Dietl befragen?«
»Gleich, Frau Zeil. Sie sagten, die Gerste sei nicht billig. Ist Ihr Bier deshalb im Vergleich teurer als andere?«, insistierte Demirbilek.
»Unser Ausstoß ist nicht zu vergleichen mit dem der Industriebrauereien. Wir legen Wert auf Bio und Qualität. Ein Trend der Zeit.«
»Das gilt aber offenbar nicht für die Gerste«, wandte Demirbilek ein.
»Braugerste heißt das, oder, Frau Zeil?«, verbesserte Leipold wichtigtuerisch.
»Richtig«, gab sie Leipold recht. »Was stimmt denn mit unserer Braugerste nicht?«, fragte Zeil interessiert.
»Sie ist schlecht, sagt unser Labor, kontaminiert mit Schadstoffen«, erklärte Leipold.
»Unmöglich«, antwortete Zeil unaufgeregt. »Und wenn, hat es der Lieferant zu verantworten, nicht wir. Wir untersuchen die Gerste nur auf grobe Unreinheiten. Aber Sie kennen sich ja aus.« Beim letzten Satz drehte sie sich zu Leipold, der zustimmend nickte.
Was ist denn in den gefahren?, fragte sich Demirbilek.
»Stimmt, Sie haben recht, Frau Zeil«, antwortete Leipold gespielt freundlich. »Sie verwenden Billiggerste, zahlen aber teure. Haben Sie Vertrauen zu Ihren Lieferanten?«
Nun erkannte Demirbilek wieder den Pius, den er mochte. Die bajuwarische Schlitzohrigkeit, gemeinhin als Bauernschläue bekannt, stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er nachlegte: »Sie sind die rechte Hand vom Chef, Assistenz der Geschäftsleitung, oder wie Sie sich nennen. Sie und sonst niemand sind für die Lieferungen verantwortlich.«
»Ja, natürlich. Mit dem Lieferanten arbeiten wir seit fünf Jahren zusammen. Wir hatten nie Probleme. Wenn etwas mit der Gerste nicht stimmt, dann muss das eine Ausnahme sein.«
»Interessant«, übernahm Demirbilek und wechselte abrupt das Thema. »Können Sie mir erklären, warum ein türkischer Brauereiunternehmer die Mingabräu kauft?«
»Das war ganz allein Florians Idee. Er war immer schon sehr tüchtig und kreativ. Er kommt ja aus einer Bierfamilie. Sein Vater ist Hopfenbauer. Bier ist sein Leben, kann man mit Fug und Recht behaupten. Wissen Sie,
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