Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
denkst du?«, bohrte Demirbilek nach.
»Merkst du eigentlich nicht, wie du alles, was ich sage, blöd hinstellst, Zeki. Ich bin kein Volltrottel! Ich bin dein Kollege und habe genauso viele Jahre Berufserfahrung wie du. Akzeptier das endlich!« Er warf den Zigarillo wütend zu Boden.
Demirbilek ertappte sich zu seiner Verwunderung dabei, ein schlechtes Gewissen zu haben. Auch wenn es nicht stark war. Er bückte sich, um den Zigarillo aufzuheben.
»Rauch weiter. Ich rieche das gerne.«
Er reichte ihm den Stummel. Leipold zögerte, dann nahm er seine Rauchware und sog daran. Demirbilek sah zu, wie er die Glut wieder entfachte.
»Magst eine?«, fragte Leipold entgegenkommend.
»Komm, gib schon her. Das ist ohnehin ein sonderbarer Tag.«
Demirbilek hatte vor mehr als zwei Jahren mit dem Rauchen aufgehört. Das krankhafte Verlangen begleitete ihn nach wie vor. Er nahm das dunkelbraune Tabakgeflecht in den Mund und überlegte es sich im selben Moment anders.
»Danke, lieber doch nicht. Sind mir zu stark.«
Seinem vom Fasten beanspruchten Körper wollte er die Niktotinbombe doch nicht zumuten.
Leipold legte den Zigarillo zurück in sein Etui. »Egal, wie du es drehst, der Junge wusste genau, was passiert, wenn er das Silo einschaltet.«
»Ja, natürlich. Aber vielleicht wollte er ihm nur Angst einjagen, ihn quälen, als Bestrafung für die Sache mit Manuela.«
»Vielleicht.«
Demirbilek überlegte. »Jemand, der sich damit auskennt«, flüsterte er.
»Denkst du laut, oder redest du mit mir?«, fragte Leipold irritiert.
»Es weiß doch nicht jeder, wie und wo man eine solche Maschine einschaltet.«
Beide schwiegen. Beide drehten sich gleichzeitig zu den nächtlichen Aufräumarbeiten um. Der Fahrer des Bierlasters war nicht mehr zu sehen.
»Du denkst, der Biermanager hat Bayrak umgebracht und das Bekennerschreiben hinterlassen?« Leipold warf den Zigarillo zu Boden und drückte den Stummel aus, ohne seinen Blick von Demirbilek zu nehmen.
»Der Schnösel ist mir nicht geheuer, außerdem mochte ich sein Parfüm nicht«, gab Demirbilek zu. »Wie ist Vester eigentlich an den Porsche gekommen?«
»Er war mit Dietl verabredet. Vierkant und Herkamer haben nicht sehen können, wie er am Ende vom Tunnel nach Giesing den Porsche übernommen hat. Morgen früh sollte er den Wagen mit dem Zug nach Istanbul überführen. Dietl hat ihn dafür engagiert. Der Junge ist zur Brauerei, weil er was vergessen hat.« Leipold schüttelte den Kopf. »Sein MP 3 -Player lag im Spind. Er wollte auf der Fahrt Musik hören.«
Was für ein furchtbares Schicksal, grübelte Demirbilek und versuchte, die neue Information in dem Fall unterzubringen. Wieder eine Spur, die in seine Geburtsstadt führte.
56
A us der Wohnung schrie ihm eine unangenehme Stille entgegen. Erst gegen zwei Uhr morgens kam Zeki vom Unfallort zurück. Aydin und Jale schliefen allem Anschein nach. Er setzte sich in die Küche, wo er sich eine Zeitlang düstere Gedanken über den Fall machte, bis er sich endlich aufraffte, ins Bett zu gehen. Eine kurze Nacht erwartete ihn. Er nahm sich vor, um halb fünf aufzustehen, vor allem um Wasser zu trinken, feste Nahrung brachte er in den Morgenstunden kaum herunter.
Er öffnete die Schlafzimmertür und hörte ihr vertrautes Atmen. Die langen, offenen Haare lagen wie drapiert auf dem Kissen. Der Kopf ruhte seitlich davor. Sie schlief tief und fest. In den Jahren ohne ihn hatte sich ihre Schlafgewohnheit nicht geändert. Zeki erfreute sich an ihrem Gesicht, das durch etwas Mondlicht beschienen wurde. Vor Aufregung hielt er es kaum aus, neben sie unter die Decke zu kriechen. Es gab nur die eine Daunendecke, frohlockte er, sie mussten sie teilen. Da aber stockte sein Atem. Sein Körper begann leicht zu zittern. Er spürte plötzlich eine Wärme in sich aufsteigen, als hätte jemand einen Heizstrahler in seinem Inneren aufgedreht. Er befürchtete, Fieber zu bekommen oder gar an einer neuen Krankheit zu leiden. An diese Erklärung glaubte er so lange, bis ihm klarwurde, was er spürte. Es war das Gefühl, daheim zu sein, ein Gefühl, das er seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Regungslos blieb er vor dem Ehebett stehen und bedankte sich in Demut für Selmas Gegenwart. Wie konntest du sie nur verlieren? Sie macht dich glücklich, sagte er sich immer und immer wieder.
Es dauerte, bis er sich an ihr sattgesehen hatte und die Müdigkeit siegte. Er überlegte, ob er sich im Badezimmer umziehen sollte. Wenn sie aufwachte und ihn nackt
Weitere Kostenlose Bücher