Biest: Thriller (German Edition)
sie dieses geheimnisvolle Treffen organisiert hatte.
»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, Miss Lang. Ich arbeite für den israelischen Geheimdienst, und mein Vorgesetzter hat eine Nachricht, die er dem European Council überbringen möchte. Nicht über die üblichen Kanäle, nicht über die Amerikaner und vor allem unter absoluter Geheimhaltung.«
Obwohl Solveigh bereits vermutet hatte, dass es sich bei Yael um eine Israelin handelte, war sie überrascht. Eine Mossad-Agentin? Das erklärte zumindest dieses geheimnisumwitterte Treffen. Aber leider noch nicht ganz. Solveigh schaute sie ausdruckslos an, sie hatte nicht vor, etwas zu Yaels Monolog beizutragen.
»Vor etwa drei Monaten nahm in Tel Aviv ein Mann Kontakt zu einem unserer Agenten auf. Ein Deutscher. Er behauptete, ein Konsortium von Geschäftsleuten zu vertreten, die ein überaus großzügiges Honorar für technische Informationen über das Stuxnet-Virus zahlen würde. Unser Agent ging zum Schein auf den Vorschlag ein und informierte meinen Chef.«
Solveigh blieb stehen: »Dieser Agent waren Sie, nehme ich an?«
»Ja«, bestätigte Yael und nickte. »Unser Dossier hat, was Ihre Auffassungsgabe angeht, nicht übertrieben, Frau Lang. Sind Sie mit dem Stuxnet-Wurm vertraut?« Solveigh schüttelte den Kopf. Sie hatte von dem Industriecomputervirus gehört, aber bisher ausschließlich in den Medien. Sie wusste nur, dass er mutmaßlich vom Mossad, der CIA oder beiden gemeinsam entwickelt worden war, um das iranische Atomprogramm zu sabotieren.
»Stuxnet ist das fortschrittlichste Computervirus der Welt, Miss Lang. Oder Schadsoftware, um genau zu sein. Und extrem gefährlich. Es repliziert sich selbst, dringt in Industrieanlagen ein und manipuliert deren Steuerungscomputer. Es ist kein einfacher Trojaner, der Kontodaten von Privatpersonen ausspäht oder Spam-Mails versendet. Stuxnet wurde entwickelt, um Infrastrukturen zu sabotieren – gezielt und ohne dabei in Erscheinung zu treten. Es ist ein schreckliches, aber geniales Stück Ingenieurskunst.«
»Also ist es korrekt, dass Israel das Virus entwickelt hat?«
Yael lächelte undurchsichtig: »Sie wissen, dass ich das niemals zugeben könnte, selbst wenn es stimmen würde. Also lautet die Antwort Nein. Aber ich darf Ihnen verraten, dass der Staat Israel im Besitz einer Kopie des Virus ist.«
Auch das überraschte Solveigh kaum: »Fahren Sie fort. Was wurde aus Ihrem Deutschen?«
»Der Mann, der sich als Fritz Handelmann vorstellte, bot schließlich bis zu zwanzig Millionen Dollar für eine Kopie des Virus. Leider ist es uns nicht gelungen, seine Hintermänner zu identifizieren. Er schien vollkommen alleine zu arbeiten. Nachdem er festgestellt hatte, dass ich ihm das Virus nicht würde liefern können, verschwand er nach Bayern und wird seitdem von uns überwacht. Er hat, soweit wir das beurteilen können, zu niemandem Kontakt aufgenommen und geht seiner regulären Tätigkeit als Manager bei einer Tankstellenkette nach.«
Solveigh dachte einen Augenblick darüber nach. »Und was genau sollte ich der EU Ihrer Meinung nach ausrichten?«
»Sagen Sie Ihrem Vorgesetzten, dass Gideon Feinblat der festen Überzeugung ist, dass jemand anderes nicht so loyal war wie Yael Yoffe und dass er davon ausgeht, dass eine feindlich gesinnte Gruppierung den Stuxnet-Quellcode besitzt.«
»Und was könne eine solche Gruppe mit dem Virus anfangen?«
»Natürlich ist der Code nicht gerade einfach zu manipulieren, aber wenn diese Gruppierung einen Spezialisten auftreibt, der klug genug ist, seine Genialität zu verstehen, dann …«
Yaels Redefluss stockte. Solveigh blieb stehen und sah sie fragend an.
»… dann ist die Infrastruktur in Europa gefährdet. Große Industrieanlagen, Verkehrsnetze, Strom, Stahlwerke, die Autoindustrie. Stuxnet ist fast universell einsetzbar, wenn es entsprechend umprogrammiert wird.«
»Und wie kommt Gideon Feinblat zu der Annahme, dass ausgerechnet die EU als mögliches Anschlagsziel infrage kommt?«
Yael Yoffe zog eine dünne Aktenmappe aus der tiefen Tasche ihres Mantels: »Zur gleichen Zeit wie Fritz Handelmann hielt sich noch ein zweiter Mann in Tel Aviv auf, den wir ebenso beobachten ließen. Wir konnten keinen Kontakt zwischen den beiden nachweisen, aber Gideon Feinblats Instinkt sagt, dass sie etwas miteinander zu tun haben. Und ich bin mir sicher, Sie werden den Namen und das Foto erkennen, oder etwa nicht?«
Solveigh nahm ihr die Akte aus der Hand. Zuoberst lag
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