Biest: Thriller (German Edition)
Wow!«, sagte sie nur. Dominique glaubte, eine feuchte Stelle in ihrem linken Auge gesehen zu haben, aber sicher war er sich nicht. Vor allem wusste er im Nachhinein nicht, ob es an seiner Wiederauferstehung oder an ihrem Telefonat mit Marcel lag.
»Zumindest für ein paar Minuten«, sagte Dominique und ließ sich mit lautem Getöse in den Besucherstuhl fallen. »Mal ganz abgesehen davon hätte ich auch noch eine Frage.«
»Schieß los«, antwortete Solveigh.
»Es ist etwas, na ja, politisch inkorrekt.«
»Umso besser.« Ihre hellgrauen Augen blickten ihn erwartungsvoll an.
»Ich weiß nicht so richtig, was ich von der ganzen Israel-Connection halten soll. Die tauchen hier auf, erzählen uns was von dem Virus, alles Friede, Freude, Eierkuchen im Westen. Klar, sie sind unsere Verbündeten. Aber können wir deshalb einfach ignorieren, was sie mit den Palästinensern machen? Ich meine, so ganz von der Hand zu weisen sind deren Argumente ja auch nicht, oder?«
Solveigh seufzte. Die Israeldebatte war aus ihrer Sicht weder zu gewinnen noch zu verlieren.
»Andererseits«, meinte sie, »kann man auch nicht ignorieren, dass seit Jahren von der Hamas Bushaltestellen in die Luft gesprengt werden und die Extremisten ganz offen die Auslöschung des Staates Israel fordern. Wie übrigens auch der Iran, gerade kürzlich hat der Präsident einem deutschen Journalisten ein Interview gegeben. Bei der Freundlichkeit kann einem schon angst und bange werden …«
Die Tür ging auf, und Eddy schob seinen Rollstuhl hinter seinen Schreibtisch. »Seid ihr gerade bei meinen Lieblingsfreunden?«
Solveigh pfiff durch die Zähne. Sie hatte mit Eddy schon eine Diskussion darüber geführt, und der Spanier hatte ziemlich eindeutige Ansichten.
»Ich meine ja nur«, sagte er, während er hektisch die Maus bewegte, damit der Computer wieder aufwachte. »Immerhin machen die Israelis einfach die Grenzen dicht. Mauer drumherum, fertig. Die schließen die Menschen ein. Und das sind doch nicht alles Radikale. Die ganze Geschichte Israels ist eine Geschichte von Mauern und Zäunen, und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sich das jemals ändert.«
Solveigh setzte zu einer Antwort an, aber Eddy hob schon kapitulierend die Hände: »Ich weiß, ich weiß … Wir werden sehen.«
Plötzlich bemerkte Solveigh einen weiteren Besucher in ihrem kleinen Büro: Will Thater lehnte im Türrahmen.
»Wenn ich dazu auch mal etwas sagen darf«, bemerkte er trocken. »Es ist einfach nicht unser Job, hier Weltpolitik zu machen. Ein befreundeter Staat bietet der Europäischen Union seine Hilfe an. So einfach ist das. Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was die israelische Regierung aufgrund der starken konservativ-religiösen Strömungen im Moment so beschließt. Aber es ist einfach nicht unser Job.«
Damit war das Thema vorerst vom Tisch, auch wenn Dominique keineswegs überzeugt war. Er fühlte sich in der Nähe der israelischen Agentin nicht wohl, was, wie er zugeben musste, ebenso an ihr persönlich liegen konnte. Sie war ihm einfach unheimlich, diese Yael Yoffe.
Zwei Stunden später saß das gesamte ECSB-Team, das an dem Fall beteiligt war, um den elliptischen Konferenztisch, der in einem Raum in der Mitte des Stockwerks untergebracht war. Natürlich Will Thater, der Chef, sowie das kleine Kernteam ihrer Voruntersuchung: Solveigh, Eddy und Dominique. Thater, der die ECSB nach dem Vorbild von Geheimdiensten in unabhängigen Zellen organisiert hatte, glaubte nicht an schiere Personalmenge, sondern setzte vielmehr auf individuelle Effizienz. An den Wänden flimmerten von Flachbildschirmen die wichtigsten Fakten: Slangs Erkenntnisse aus Israel, die Informationen, die ihnen Feinblat über Yael zugespielt hatte, sowie die Statistiken, die sie in den vergangenen Wochen mit zwei ihrer versiertesten externen Experten erarbeitet hatten, deren Konterfei nun ebenfalls auf zwei der Bildschirmen zu sehen war: Dr. Andrea Gladki, eine Statistikprofessorin aus Warschau, sowie Tom Chambers, der Computerexperte, den Will wieder zu seiner Firma zurückgeschickt hatte. Dominique war einigermaßen stolz darauf, dass er die Formel, mit der sie die wahrscheinlichen Angriffsszenarien mit Stuxnet ermittelt hatten, inzwischen sogar von alleine verstand. Im Gegensatz zu Will Thater, dem sie heute ihre Ergebnisse vorstellten. Es ging darum, zu entscheiden, ob er die europäischen Staatschefs, denn nur diese waren der ECSB gegenüber direkt weisungsbefugt, um ein
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