Biest: Thriller (German Edition)
LCD-Monitor und einer kurzen, dicken Antenne, die an einem Drehgelenk aus der Seite ragte. Dimitrij versicherte sich, dass der Ton abgestellt war, und schaltete es ein. Der Bildschirm erwachte zum Leben und zeigte zunächst das Logo der Herstellerfirma und schließlich einige Balken, die sich hektisch auf und ab bewegten. Dimitrij hatte sich die Beschreibung genau durchgelesen, im Grunde ging es darum, die falschen Signale zu identifizieren. Er fing in der Nähe seines WLAN-Modems mit der Messung an und arbeitete sich über die Fenster vor, bis er in etwa einordnen konnte, welche Strahlung die Handymasten in der Umgebung und sein Funknetz aussendeten. Dann tastete er sich langsam an die wichtigsten Stellen heran. Er strich über den Lampenschirm einer Stehlampe: nichts. Wäre auch ein zu lächerliches Agentenfilmklischee gewesen, dachte er. Das Telefon im Wohnzimmer: nichts. Doch als er am Bücherregal vorbeilief, schlug plötzlich einer der Balken aus. Also doch, dachte Dimitrij und hielt die Luft an. Eine Stunde später hatte er fünf Ausschläge gefunden, und er war sich sicher, dass es sich um Wanzen handelte. Zwar hatte er keine einzige gefunden, aber er hatte auch gar nicht die Absicht, sie zu entfernen. Wenn sie ihm folgten und jeden seiner Schritte überwachten und jetzt auch noch seine Wohnung abhörten, dann konnte das nur eines bedeuten: Anatoli vertraute ihm nicht mehr. Und wozu würde das am Ende führen? Dimitrij kannte die Geschichten, die sich um die Vergangenheit der Wodkafabrik rankten, zu gut, um sich von seiner jovialen, schmerbäuchigen Fassade täuschen zu lassen. Er würde ihn umbringen, da war sich Dimitrij sicher. Wahrscheinlich wartete er nur auf eine günstige Gelegenheit, einen Streit zwischen ihm und Maja zum Beispiel. Er musste sich etwas einfallen lassen. Aber nicht hier. Er packte das Gerät wieder in seine Aktentasche und fuhr in die Tiefgarage. Ob sie sein Auto auch verwanzt hatten? Auszuschließen war es nicht. Er konnte sich nirgendwo mehr sicher sein. Und er musste es irgendwie Maja beibringen. Nur was er ihr beibringen sollte, das wusste er selber noch nicht so genau.
Zwei Stunden und einen langen Spaziergang durch die bitterkalten Straßen Moskaus später hielt Dimitrijs BMW vor dem Kino, in dem Maja mit einer Freundin den neuesten Streifen mit Johnny Depp ansah. Seit Geld keine große Rolle mehr für sie spielte, gingen sie nur noch in diesen neumodischen Komplex, der Popcorn verkaufte und ein besonders ausgefeiltes Soundsystem versprach. Er hatte ihr eine Nachricht auf dem Handy hinterlassen, dass es etwas zu feiern gebe und dass er sie noch ausführen wolle. Er hatte angekündigt, dass er hier auf sie warten würde. Maja erschien kurz nach dem Ende des Films mit freudestrahlender Miene und sprang in den Wagen. Sie trug einen Mantel mit Pelzkragen und sah aus, als käme sie von einer Modenschau, was Dimitrij ausnahmsweise sehr recht war, denn er hielt nach halbstündiger Fahrt vor einer der exklusivsten Cocktailbars der Stadt. Als er dem Mann vor der Tür seine Autoschlüssel in die Hand drückte, hakte sich Maja bei ihm unter und fragte: »Nun sag schon, Dimi. Warum führst du mich aus? Was gibt es denn Tolles zu feiern?«
»Gleich, Maja, ich erkläre es dir gleich«, sagte Dimitrij und wusste, dass es gepresst klang. Erst als sie ihre Mäntel abgegeben und sich ein ruhiges Plätzchen auf einer dunkelroten Plüschbank gesucht hatten, fasste er den Mut, die Fragen in ihrem Gesicht zu beantworten: »Maja, ich glaube, ich habe einen großen Fehler gemacht.«
Sie starrte ihn verständnislos an: »Was meinst du damit: Fehler? Unser Leben könnte doch besser kaum sein, Dimitrij, was ist los?« Er schaute ihr tief in die Augen und versuchte es mit der Wahrheit: »Maja, Anatoli ist ein Terrorist. Er plant einen Anschlag auf den Westen, ich weiß nicht genau, was, aber es hat mit dem zu tun, was ich programmiert habe, und ich habe Wanzen bei uns in der Wohnung…«
»Psst …«, sagte Maja und legte ihm ihren Zeigefinger über die Lippen. Sie sah auf einmal gar nicht mehr aus wie das Modepüppchen, das sein Geld aus ihr gemacht hatte. Sie hatte den Ernst in seinem Gesicht gesehen und die Angst in seiner Stimme gehört.
»Ich liebe dich, Maja, aber wenn wir zusammenbleiben wollen, müssen wir uns etwas überlegen. Vielleicht sollten wir besser weg aus Moskau.«
Erneut bedeutete sie ihm, still zu sein, und deutete mit ihrem Finger einen Kreis an, als ob sie sagen wollte, dass
Weitere Kostenlose Bücher