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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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vollständiger Name, und einem Mann namens Juju Judell zusammengesessen. Das muß so gegen zehn, halb elf gewesen sein. Ist das richtig?«
    »Ich hab Ihnen doch grad gesagt, daß ich den Mann nur dieses eine Mal gesehen habe.«
    Sie waren in der Wohnung in Diamondback, die das Mädchen mit ihrer Mutter und ihren beiden jüngeren Brüdern teilte. Die Brüder schliefen noch in einem der hinteren Zimmer. Mama war in der Kirche. Das Mädchen trug einen roten Bademantel über einem Baumwollschlafanzug. Kein Make-up. Das blonde Kraushaar sah aus wie Stroh, in das ein Blitz gefahren war. Sie saßen an einem Tisch mit emaillierter Fläche vor einem Fenster, das sich zum Hinterhof öffnete. Es war ein strahlender, heißer, sonniger Sonntag, und die Kirchenglocken riefen die Gläubigen und alle anderen herbei, die sich ihrem honigsüßen Lärm hingeben wollten.
    »Was ist mit Judell? Er ist als Juju bekannt. Was für eine Beziehung hatten Sie zu ihm?«
    »Beziehung? Was für eine Beziehung? Ich hab ihn zehn Minuten, bevor der andere Typ aufkreuzte, zum ersten Mal gesehen! Was haben die beiden überhaupt angestellt?«
    »Der eine hat den Löffel abgegeben«, sagte Ollie und versuchte, traurig dreinzuschauen, wie die Nachrichtenmoderatoren im Fernsehen das immer taten, wenn sie über eine Tragödie berichteten, die sie einen Scheißdreck interessierte. Ach, das ist doch alles Scheiße, dachte er in seiner besten WC. Fields-Manier. »Haben er und Sonny vielleicht gesagt, wohin sie wollten, als sie den Club verließen?«
    »Spazieren.«
    »Ja, aber wohin?«
    »Konnte nicht weit sein, weil sie sagten, sie wären in ein paar Minuten wieder zurück.«
    »Wie ich das verstanden habe«, sagte Ollie, »ist Sonny etwa zwanzig Minuten später zurückgekommen und hat nach Ihnen gesucht.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Der Besitzer des Clubs hat ihm gesagt, Sie wären schon weg.«
    »Dann muß das wohl so gewesen sein.«
    »Wissen Sie zufällig noch, wann sie zu ihrem kleinen Spaziergang aufgebrochen sind?«
    »Keine Ahnung.«
    »Gegen halb elf?«
    »Ich hab nicht auf die Uhr gesehen.«
    »Hat Juju erwähnt, daß er sich mit einem steilen Zahn treffen wollte?«
    »Nein, Juju hat nur versucht, mich anzumachen.«
    »Also hatten Sie nicht den Eindruck, daß die beiden den Club verließen, um sich mit einer Frau zu treffen?«
    »Nein, Sonny hat gesagt, er und Juju müßten ein paar Dinge besprechen, wenn er einen Augenblick Zeit hätte.
    Daraufhin hat er gesagt, dann sollten sie einen kleinen Spaziergang machen.«
    »Sonny?«
    »Nein, Juju hat das vorgeschlagen. Und Sonny hat gesagt, es würde nur ein paar Minuten dauern.«
    »Na schön, vielen Dank, Miss«, sagte Ollie. Für nichts, dachte er.
     
    Das hätte auch Santo Domingo an einem beliebigen Feiertag sein können. Die Frauen hatten sich für den Kirchgang herausgeputzt, die Männer waren schlank und gestriegelt und glattrasiert, die Leute waren auf dem Sonntagsspaziergang, und die Sonne strahlte am Himmel. Man hätte fast eine Minute lang vergessen können, daß dies einer der beschissensten Bezirke der Stadt überhaupt war, in dem es vor Schußwaffen wimmelte und auch vor Menschen, denen es im Hintern juckte, in dem Augenblick wieder hier wegzukommen, in dem sie genug Geld verdient hatten, um nach Hause zurückzukehren und ein kleines Geschäft aufzumachen - vermutete Ollie zumindest. Es hätte ihn überrascht, daß genauso viele Einwanderer aus Irland wie Einwanderer aus der Dominikanischen Republik nach Hause zurückkehrten. Die Iren sahen einfach amerikanischer aus. Und Ollie ging sowieso nur nach dem Aussehen.
    Er vermutete, daß Sonny und Juju am Freitag abend direkt zum Fluß hinuntergegangen waren. Zwei Schwarze hätten in dieser Gegend durchaus als Latinos durchgehen können, aber nur, wenn sie die Klappe hielten. Es war ja schon das reinste Wunder, daß sie überhaupt in einem dominikanischen Club gewesen waren, aber da trieb sich wohl das Frischfleisch rum, nahm Ollie an. Er hielt Tirana Hobbs automatisch für eine blond gebleichte schwarze Nutte, die ihre Dienste jedem Latino anbot, der ihr über den Weg lief. Er wußte nicht, daß sie Maniküre war, und hätte es auch nicht geglaubt, wenn sie es ihm gesagt hätte. Das Schöne an Ollies Auffassungen war, daß sie unerschütterlich waren.
    Daher vermutete er, daß zwei Schwarze, die nur auf einen kleinen, friedlichen Spaziergang aus waren, nicht unbedingt in einer hiesigen Bar einkehrten, um ein Bierchen zu trinken oder

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