Big Bad City
der Parkplatz war leer, man konnte die Nachtinsekten unten am Wasser hören…«
Als Sal mit Alan die Instrumente in den Kombi lädt, sieht er, wie Davey und Katie in Charlie Custers Büro gehen. Die Luft hier in den Everglades ist immer feucht; die beiden Musiker schwitzen heftig, als sie die Ausrüstung von der Bühne auf den Parkplatz tragen. Hier unten in Florida haben sie bei ihren Auftritten blaue Hosen und identische, blauweiß gestreifte T-Shirts getragen. Katie trägt einen blauen Minirock und das T-Shirt ohne BH, was demonstrieren soll, wieso sie so gut singen kann. Als sie jetzt ihre Sachen für die Fahrt nach Norden zusammenpacken, tragen sie sie immer noch. Die Hosen sind zerknittert, die T-Shirts schweißgetränkt.
Im Verlauf der letzten Monate haben sie gelernt, den Wagen schnell und effizient zu beladen. Das Schlagzeug, die Lautsprecher, die Verstärker, die Gitarrenkästen und das Keyboard können sie mittlerweile fast blind an Ort und Stelle schieben. Das größte Problem sind natürlich Daveys Trommeln. Sie nehmen den meisten Platz ein. Außerdem ist er sehr penibel, was das Einladen betrifft, und besteht meistens darauf, das selbst zu erledigen, damit ja kein Kratzer daran kommt. Die beiden, Alan und Sal, liefen also immer wieder hin und her, von der Bühne zum Kombi, dann auf die Zimmer, um die Koffer zu holen. Sie klopften an Totes Tür, um ihn zu wecken, und gingen schließlich in die Küche, um ein paar Butterbrote für die lange Fahrt nach Norden zu schmieren. Draußen hören sie einen Alligator im Wasser spritzen.
Sie brauchen vielleicht eine halbe Stunde, um alles zu erledigen. Alan setzt sich hinters Lenkrad und drückt auf die Hupe. In der Stille der Nacht klingt das Geräusch wie der Schrei von einem von Charlie Custers Sumpfviechern. Tote kommt aus seinem Zimmer gerannt und wirft seinen Koffer in den Laderaum des Wagens. Einen Augenblick später kommen Davey und Katie aus Custers Büro. Alan läßt den Motor an. Davey nimmt auf dem Rücksitz Platz. »Ich hab die Knete, fahren wir«, sagt er. Katie setzt sich neben ihn und zieht ihr T-Shirt von ihrem Körper weg, damit die kühle Luft aus der Klimaanlage an ihre Haut gelangen kann.
»Wir haben es in einer Stunde und vierzig Minuten nach Calusa geschafft«, sagt Roselli nun. »Am Nachmittag erfuhren wir, daß Charlie in den Fluß gefallen und ertrunken ist. Und die Alligatoren ihn gefressen haben.«
Sie erreichten Davey Farnes erst wieder um neun Uhr am Montag morgen. Er erklärte ihnen, daß er gestern den ganzen Tag am Strand gewesen und danach direkt essen gegangen war …
»Ich seh mich gern mal bei der Konkurrenz um«, sagte er. »War erst gegen zehn zu Hause. Haben Sie versucht, mich zu erreichen?«
»Immer wieder«, sagte Carella. »Können wir mal kurz vorbeikommen?«
»Ach?« sagte Farnes. »Hat sich etwas Neues ergeben?«
»Wir würden Ihnen gern noch ein paar Fragen stellen.«
»Ich muß um halb elf zum Restaurant fahren. Reicht die Zeit?«
»Klar«, sagte Carella. »Wir sind in einer halben Stunde da.«
Um Viertel vor zehn standen sie vor dem Haus, in dem Farnes wohnte. Es lag ganz in der Nähe seines Restaurants, in einem Teil der Stadt, der umfassend saniert wurde. Wo sich einst schäbige Mietskasernen befunden hatten, in denen illegale Einwanderer hausten, standen nun schmucke vier- oder fünfstöckige Wohnhäuser mit Fahrstühlen, die meisten sogar mit Portier. Farnes’ Wohnung lag im fünften Stock eines Gebäudes, das vor etwa einem Jahr renoviert worden war. Einen Pförtner gab es hier nicht, also klingelten sie, meldeten sie sich über die Sprechanlage an und nahmen dann den Fahrstuhl.
Farnes führte sie in ein Wohnzimmer, das spärlich mit einem Sofa und zwei Sesseln aus Teakholz eingerichtet war, alle mit weißem, gebleichtem Leinen bezogen. Vor dem Sofa stand ein niedriger Tisch, ebenfalls aus Teakholz, und daneben zwei Stehlampen mit gläsernen Schirmen, einer blau, einer orange. Durch eine offene Tür konnte man einen Blick in die Küche werfen. Eine nun geschlossene Tür daneben führte wahrscheinlich ins Bad. Eine Klimaanlage sorgte für eine angenehme Temperatur, die Fenster waren geschlossen und hielten den Verkehrslärm und das unaufhörliche Jaulen der Sirenen von Polizei- und Krankenwagen fern.
»Möchten Sie etwas trinken?« fragte er.
»Nein, danke«, sagte Carella. »Es tut mir leid, daß wir Sie noch einmal stören müssen, Mr. Farnes…«
»He, kein Problem.«
»… aber wir
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