Big Bad City
Geräusche von Insekten und wilderer, gefährlicherer Geschöpfe, die Schreie der Tiere in der tiefen Dunkelheit. Nur die Alligatoren sind still.
Katie hat sich erschöpft und verschwitzt in einen der großen, schwarzen Ledersessel fallen lassen, ihr Haar hängt schlaff hinab, ihr T-Shirt klebt an ihr. Sie hat die Beine ausgestreckt, der Minirock ist hoch an ihren Schenkeln hinaufgerutscht, sie sieht aus wie eine Dreizehnjährige, die gerade vom Tanzabend in der Schule nach Hause gekommen ist. Charlie kniet vor dem Safe, kann kaum das Gleichgewicht bewahren, murmelt die Kombination laut vor sich hin, als sei niemand bei ihm im Zimmer, drei nach rechts, auf die Zwanzig. Zwei nach links, an der Zwanzig vorbei, auf die Sieben. Eins nach rechts, auf die Vierunddreißig - aber der Safe geht nicht auf. Also fängt er noch mal von vorn an, und dann noch mal, bis er endlich die richtigen Ziffern erwischt. Kühn drückt er den Griff hinab, und schwungvoll öffnet er die Safetür. Alles prachtvolle Bewegungen. Alles groß und barock. Genau wie der betrunkene Charlie selbst.
Die Einnahmen des Abends liegen im Geldschrank. Charlies Kundschaft setzt sich hauptsächlich aus Teenagern zusammen, und die zahlen bar. Er zählt die Scheine ab, muß auch sie dreimal zählen, bevor er es richtig hinbekommt. Er legt den Rest des Geldes in den Safe zurück, schlägt die Tür zu, dreht mit einer dramatischen Bewegung an der Ziffernscheibe. Jetzt hält er ein Bündel Hundert-Dollar-Scheine in der linken Hand. Mit der rechten stützt er sich auf dem Safe ab und hievt sich wieder auf die Füße.
Er dreht sich zu Katie um, die es sich in dem schwarzen Ledersessel bequem gemacht hat und schon fast eingeschlafen ist.
»Na, kleine Missy«, sagt er und schwankt auf sie zu. »Willst du das Geld haben?«
Katie öffnet die Augen.
»Willst du bezahlt werden?« sagt er.
»Deshalb sind wir hier, Boss«, sagt Sal, lächelt und tritt zu Charlie, der jetzt vor dem Sessel steht.
»Willst du das Geld haben?« fragt Charlie erneut und wedelt mit den Scheinen vor Katies Gesicht.
»Hören Sie auf damit«, sagt sie schläfrig, streckt die Hand aus und schlägt nach dem Geld, als wolle sie es wie ein lästiges Insekt verscheuchen.
»Süße Missy, wenn du das Geld haben willst, weißt du ja, was du zu tun hast«, sagt er und schiebt das Geld in die rechte Jackentasche. Es beult sie aus, als sei dort plötzlich ein Tumor gewachsen. Er macht seinen Reißverschluß auf. Und hält plötzlich seinen Schwanz in der Hand.
»Komm schon, Charlie, steck das wieder weg«, sagt Sal. Aus irgendeinem Grund lächelt er noch immer. Warum, weiß er selbst nicht. Vielleicht, weil die Situation so absurd ist.
»Was soll ich wegstecken, Kleiner?« sagte Charlie. »Das Geld oder meinen Pimmel?«
»Nun hör schon auf, Charlie.« Sal lächelt nicht mehr.
»Soll ich das Geld wieder in den Safe stecken? Oder soll ich Katie meinen Pimmel in den Mund stecken?«
»Nun hör schon auf, Charlie.«
»Was denn nun?« sagt Charlie. »Denn so wird’s laufen, Kleiner. Entweder das kleine Mädchen hier lutscht meinen Schwanz, oder ihr kriegt kein Geld.«
Sal weiß nicht, wie er darauf reagieren soll. Er ist ein Junge aus der Stadt, der mit den Knalltüten aus der Wildnis keine Erfahrung hat. Er spielt kurz mit dem Gedanken, rauszulaufen und die anderen zu holen, alle für einen und einer für alle und so weiter. Aber Charlie hat jetzt Katies Kinn in eine Hand genommen und bedrängt sie mit der störrischen Entschlossenheit eines Betrunkenen, wedelt jetzt mit seinem steifen purpurnen Schwanz vor ihrem Gesicht, wie er gerade eben mit den Geldscheinen gewedelt hat. Auf Katies Gesicht ist ein Ausdruck solchen Entsetzens, daß Sal weiß, diese Sache muß im nächsten Augenblick geklärt werden, und zwar ohne Hilfe von der Band, aber auch ohne Hilfe von ihm. Denn er ist ein Junge aus der Großstadt und ein Feigling, und er steht wie erstarrt da und sieht nur zu, kann sich nicht bewegen, kann immer nur wiederholen: »Nun hör schon auf, Charlie.«
Katie springt wie eine Löwin aus dem Sessel.
Sie stößt Charlie gegen die Brust, und er torkelt zurück zur offenen Glastür.
»He«, sagt er, »ich hab doch nur…«
Aber sie setzt nach, versetzt ihm einen weiteren Stoß gegen die Brust, fünfzig Kilo verschwitzter, blinder Wut, die den fetten betrunkenen Trottel auf die Veranda treiben, und dann stößt sie ein letztes Mal nach ihm, knallt ihm die gespreizten Finger der rechten Hand gegen
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