Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
verschiedenen Leuten erzählt haben, dass es erstens in Parable bei seinem Dad war – Ja, echt! –, sich zweitens gleich sein eigenes Pferd aussuchen durfte und drittens einen richtigen Job hatte.
Die Viehauktion fand, wie sich herausstellte, auf einem großen Gelände am Stadtrand von Missoula statt. Überall waren Trucks und Pferdeanhänger zu sehen, und es wimmelte geradezu von Menschen – von Männern und ebenso vielen Frauen. Außerdem liefen jede Menge Kinder und Hunde umher.
Jasper rannte sofort zu seinen vierbeinigen Kollegen, was Slade nicht im Geringsten zu stören schien. Bald tauchten ein paar übermütige Teenager in Jeans, Stiefeln und T-Shirts – Souvenirs von allen nur erdenklichen Konzerten – auf und nahmen Shea so selbstverständlich in ihrer Clique auf, als hätte sie schon immer zu ihnen gehört.
In der Stadt, dachte Joslyn bedauernd, war das ganz anders. Dort ließen die Leute ihre Kinder – auch die größeren – nie aus den Augen und hatten ihre Hunde stets an der Leine. Sie warf Slade einen erstaunten Blick zu. Er reagierte mit seinem typischen schiefen Lächeln, bei dem ihr Herz immer ein paar Takte schneller schlug.
Und dann erriet er ihre Gedanken.
„Ihnen passiert schon nichts.“ Er deutete mit dem Kopf auf Shea und seinen Hund. „Es gibt hier niemanden, den ich nicht schon seit meiner Kindheit kenne, Joslyn.“
Sie war beruhigt und nickte. Dann hielten sie plötzlich Händchen. Joslyn wusste nicht, wer als Erster die Initiative ergriffen hatte. Die Berührung durchfuhr sie wie ein Blitz. In einem Comic hätte jetzt ihr ganzes Skelett geleuchtet.
Sie trafen Shea in einem der zahlreichen Ställe, wo sich ungefähr fünfzig Pferde befanden, die alle zum Verkauf standen.
Shea, die immer noch von ihren neuen Freunden umringt war, ging sofort wie magisch angezogen zu einer kleinen kastanienbraunen Fuchsstute mit cremefarbenen Strähnen in Mähne und Schweif.
„Dieses hier!“, rief sie Slade zu. Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Dad, das ist es!“
Slade zog lässig an der Krempe seines Hutes, was in der „Cowboysprache“ so viel wie „Verstehe“ bedeutete. Dann weckte ein kräftiger Fuchswallach mit breiter Brust und unglaublich langen Beinen seine Aufmerksamkeit.
Anschließend sah sich Slade – wie auch alle anderen außer Shea, die nicht mehr von der Box der Stute wich – jedes einzelne Pferd in den Boxen und auch draußen auf der Koppel an.
Doch es war der große Fuchswallach, zu dem er wieder zurückkehrte.
Er betrat die Box und fuhr dem Pferd mit den Händen über die kräftigen Beine, den Hals und die Flanken.
Joslyn, die ehemalige Rodeo-Queen mit dem erkauften Titel, war fasziniert von den Tieren und gleichzeitig überwältigt von deren Größe und Kraft. Eine Woche auf einem geliehenen Pferd den Vorsitz über das „Parable County Rodeo“ innezuhaben und ein einziger Ausritt mit Hutch änderten nichts an der Tatsache, dass sie ein absolutes Greenhorn war.
Aber da war diese Palomino-Stute mit dem goldglänzenden Fell rechts hinten in der letzten Box. Im Gegensatz zu den anderen Pferden, die wegen des Trubels um sie herum unruhig waren und nervös schnaubten, schien dieses Tier schon fast so gelassen wie ein Zen-Meister.
Joslyn ging zur Boxentür und streichelte der Stute scheu über die langen, schönen Nüstern. Als sie danach einen Schrittzurücktrat, stieß sie – wenn auch nicht sehr hart – mit Slade zu – sammen, der offenbar direkt hinter ihr gestanden hatte.
„Überlegst du, ob du dir auch ein Pferd zulegen sollst?“ Er sah sie wieder mit diesem Lächeln an, bei dem es ihr immer den Atem verschlug.
Lachend schüttelte sie den Kopf. „Wo sollte ich ein Pferd unterbringen?“
„Wie wär’s bei Hutch?“, antwortete er spontan. Dann betrat er die Box und schaute sich die Stute genauer an. „Ein robustes Tier. Und auch ziemlich ruhig.“
Joslyn schwieg. Nie im Leben würde sie sich ein Pferd kaufen. Sie war hier, um ein bisschen zu gucken, mehr nicht.
In diesem Moment wurde über die Lautsprecher der Beginn der Versteigerung angekündigt. Alle Interessierten, sagte der Auktionator freundlich, sollten sich doch bitte einen Platz auf der überdachten Tribüne drüben suchen – und zwar flott. Die Sitzplätze würden bald alle besetzt sein.
Shea konnte sich nur schwer von ihrer kleinen kastanienbraunen Stute trennen. Doch dann folgte sie Slade und Joslyn hinaus in die heiße Sonne, in den Staub und in den Trubel der vielen alten
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