Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
toll.“ Joslyn stand noch immer auf der Türschwelle, obwohl Jasper mittlerweile schon zu Slade getrottet war. „Wann kommt deine Tochter?“
„Am Sonntag. Shea und ihre Mutter bleiben ein paar Tage hier. Sie werden im ‚Best Western‘ wohnen.“
Joslyn wirkte enttäuscht. „Shea kommt also morgen nicht zur Grillparty?“
„Nö.“ Slade stellte mit Entsetzen fest, wie uncharmant er sich anhörte. Und das in seinem Alter …
Sie schluckte. „Und du?“
„Für mich ist morgen ein normaler Arbeitstag.“ Er dachte an den Moment, als er sie fast geküsst hätte, und war jetzt inVersuchung, es zu tun. Er war kein Mann, der nicht zu Ende führte, was er einmal begonnen hatte. „Aber wahrscheinlich schaue ich irgendwann vorbei.“
„Kendra würde sich sehr darüber freuen.“ Joslyns munterer Ton konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Stimme ein wenig bebte.
„Grund genug aufzutauchen. Kendra ist eine gute Freundin.“
„Ja“, stimmte Joslyn zu. „Das ist sie wirklich.“
Beide verstummten. Das Schweigen stand zwischen ihnen wie eine unüberwindbare Mauer.
„Dann also bis morgen“, verabschiedete sich Slade.
Sie schluckte wieder. Dann nickte sie. Und endlich wurde Slade klar, dass Joslyn in seiner Gegenwart genauso nervös war wie er in ihrer.
„Komm, Jasper.“ Slade lief zum Gartentor.
Jasper zögerte einen Moment. Dann trabte er hinterher.
Slade ging durchs Tor, durch seinen geradezu schändlich vernachlässigten Garten und durch die Verandatür in seine kleine Wohnung. Er hatte vor, sich eine kalte Dusche zu gönnen. Ausgerechnet jetzt musste das Festnetztelefon an der Wand klingeln …
Er hob ab und war froh, dass er an etwas anderes denken konnte als daran, dass Joslyn Kirk unter diesem kleidähnlichen Etwas nackt war.
„Hallo, Slade“, begrüßte ihn eine muntere weibliche Stimme. „Hier ist Maggie Landers. Tut mir leid, dass ich Sie so spät anrufe, doch das Nachlassvermögen Ihres Vaters ist auf ein Konto überwiesen worden. Ich brauche Ihre Unterschrift, damit Sie auf das Konto zugreifen können.“
Slade wollte schon protestieren, dass John Carmody nicht sein Vater war, allerdings war es ja nicht Maggie Landers’ Schuld, dass ihn sein Vater zu Lebzeiten nicht als Sohn anerkannt hatte. Sie erledigte nur ihren Job.
„Das kann doch bis Montag warten“, antwortete er.
Aber Maggie, ganz in ihrem Element, redete einfach weiter, als hätte sie ihn gar nicht gehört. „Ich dachte mir, ich könnte diePapiere morgen Nachmittag zu Kendras Grillparty mitbringen und Ihnen geben, falls Sie vorhaben, auch zu kommen.“
Slade spürte plötzlich einen ganz merkwürdigen Druck auf der Brust. „Warum die Eile, Maggie?“
„Es geht hier um sehr viel Geld, Slade. Möchten Sie nicht wissen, wie viel Sie geerbt haben? Abgesehen von Ihrem Anteil an der Whisper-Creek-Ranch?“
„Nicht so wichtig.“
„Und ob es wichtig ist!“, widersprach Maggie. Sie klang irritiert. „Sogar nach Steuerabzug, Gebühren und Ähnlichem sind Sie ein Multimillionär.“
Slade war wie vor den Kopf gestoßen. Die Nachricht traf ihn mit einer solchen Wucht, als hätte ihm jemand mit dem Vorschlaghammer in den Bauch geschlagen. Er hatte maximal ein paar Hunderttausend Dollar erwartet, was ja auch eine ganz schöne Stange Geld war. Aber damit hatte er nicht gerechnet.
„Wahnsinn“, stieß er gepresst hervor.
Als Maggie antwortete, hörte er das Lächeln in ihrer Stimme. „Alles in allem werden Sie ungefähr fünf Millionen Dollar ihr Eigen nennen können“, erklärte sie. „Denken Sie nur mal, was Sie Callie mit so viel Geld alles ermöglichen können.“
Slade war wie benommen. Er hatte immer noch nicht ganz begriffen, dass John Carmody ihm überhaupt etwas hinterlassen hatte – geschweige denn ein Vermögen dieser Größe.
„Slade?“, fragte Maggie freundlich und ein bisschen amüsiert. „Sind Sie ohnmächtig geworden?“
„Ich bin noch da“, antwortete Slade heiser. Er fuhr sich durchs Haar. „Sind Sie sicher, dass das Ganze kein Versehen ist?“
Jetzt musste Maggie lachen. „Kein Versehen. John Carmody war viel reicher, als die meisten Leute angenommen haben.“
Slade erinnerte sich daran, wie schwer seine Mutter in seiner Kindheit zu kämpfen gehabt hatte, um genug Essen auf den Tisch zu bringen; ganz zu schweigen von den Jeans und Schuhen, aus denen er ständig herausgewachsen war, und den Kosten für medizinische Routineuntersuchungen oder für den Zahnarzt. Slade kochte
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