Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
bezeichnete: ein kleiner Gockel, der herumstolzierte, ständig Streit suchte und – wenn er keinen fand – auch gern selbst einen vom Zaun brach. Jawohl, Treats ganzes Leben drehte sich, wie Slade schien, darum, irgendetwas zu beweisen .
Musste anstrengend sein.
Treat schien noch wütender zu werden, da Slade sich nicht provozieren ließ. „Ich werde Ihnen sagen, was Ihr Problem ist, Barlow. Ich erinnere Sie zu sehr an meinen Onkel – den besten Sheriff, den dieser County je hatte.“
Slade seufzte, hörte auf, Jasper hinter den Ohren zu kraulen, und sah seinen Deputy lange an, bevor er antwortete. „Schmeicheln Sie sich nicht, McQuillan“, sagte er schließlich. „Ja, Wilkes war ein erstklassiger Sheriff und ein anständiger Mensch. Aber alles, was Sie mit ihm gemeinsam haben, ist Ihr Nachname.“
McQuillan errötete und ballte die Hände so fest zusammen, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Komm schon, Junge, dachte Slade. Geh ruhig auf mich los. Dann hätte ich das doppelte Vergnügen, dich zu feuern und dirzusätzlich einen Tritt in deinen nutzlosen Hintern zu verpassen.
Treat biss nicht an, schäumte aber immer noch vor Wut. „Sie haben jegliche Glaubwürdigkeit verloren, Sheriff “, spottete er. „Jeder weiß, dass Sie diesen Job hassen. Sie würden doch viel lieber Löcher für Zaunpfosten buddeln und Vieh treiben wie diese hoffnungslos altmodischen Wildwest-Romantiker. Warum treten Sie nicht einfach zurück und lassen es gut sein?“
„Sie bewegen sich auf dünnem Eis, Treat“, warnte Slade ihn, ohne die Stimme zu erheben.
Treat stützte sich mit den Händen auf Slades Schreibtisch und beugte sich vor. „Sie sind jetzt sogar reich …“, blaffte er. Seine Ohren waren dunkelrot und glühten regelrecht. „… weil der alte John Carmody endlich Mitleid mit Ihnen hatte und Ihnen etwas vererbt hat, was eigentlich Hutch zugestanden hätte. Wissen Sie, warum John das getan hat, Slade?“
Slade stand auf und baute sich drohend vor seinem Deputy auf. Ihm war bewusst, dass er sich von Treat schon wieder reizen ließ. Allerdings half dieses Wissen nichts.
McQuillan wich zwar einen Schritt zurück, hielt aber immer noch nicht die Klappe. „Nicht etwa, weil der Alte Sie endlich als Sohn anerkannt hat“, fuhr er fort. „Sondern deshalb, weil er und Hutch sich nie verstanden haben. Von Anfang an nicht. Carmody wollte sich an Hutch rächen und ihm den ganzen Kummer heimzahlen, den er ihm bereitet hat – das ist alles. Und was wäre eine bessere Möglichkeit, als ihn praktisch zu enteignen und dafür zu sorgen, dass der ganze County davon erfährt?“
Slade spürte eine Vene unter seiner rechten Schläfe pochen.
„Raus hier“, sagte er eisig. „Und kommen Sie nicht mehr zurück, ehe ich Ihren Namen auf den Dienstplan gesetzt habe.“
Jasper schien McQuillan genauso satt zu haben wie Slade, denn jetzt knurrte er wirklich und machte Anstalten, hinter dem Schreibtisch hervorzukommen.
Slade beugte sich rasch zu dem Hund hinunter, nahm ihn am Halsband und hielt ihn zurück.
„Eine falsche Bewegung, du Köter …“, zischte Treat, der bereits zur Tür gegangen war, „und ich erschieße dich.“
„Wagen Sie es nicht, auch nur daran zu denken“, sagte Slade. Sein ganzes Leben hatte er immer gewusst, wie er sich in einer bestimmten Situation verhalten würde. Selbstbeherrschung, Ausgeglichenheit und eine ruhige Besonnenheit waren ihm in jeder Lebenslage wichtig gewesen. Doch bei McQuillan konnte er die Hand nicht mehr für sich ins Feuer legen.
Slade war sich darüber im Klaren, dass er bei diesem Typen unter bestimmten Umständen handgreiflich werden würde.
Vielleicht hatte McQuillan diese verstörende Wahrheit in Slades Augen gesehen; vielleicht spürte er sie nur. Auf jeden Fall merkte er endlich, dass er besser verschwinden sollte. Er stolzierte aus dem Büro und warf die Tür so heftig hinter sich zu, dass das Türschild mit Slades Namen in seinem Glasrahmen klirrte.
Da jetzt keine unmittelbare Gefahr mehr drohte, ließ Slade Jaspers Halsband los, sank auf seinen Stuhl und schloss die Augen. Ihm war schlecht, das Pochen an seiner Schläfe wurde immer heftiger. Slade hatte hämmernde Kopfschmerzen.
Er atmete tief und langsam ein und aus.
Dann rief er sich in Erinnerung, dass seine Stieftochter auf dem Weg nach Parable war. Und sie brauchte einen Vater – keinen Wahnsinnigen.
Lyle, den der laute Wortwechsel mit McQuillan geweckt hatte, rüttelte an den Gitterstäben seiner Zelle.
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