Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
seinem Stolz verletzt. Als wir dann beide wieder unten waren, haben wir uns furchtbar gefetzt.“
„Warum ist er überhaupt hinaufgeklettert, wenn er doch Angst hatte?“, wollte Callie wissen. Sie suchte nach einer sinnvollen Erklärung für ein Verhalten, das nicht von Vernunft, sondern von pubertären Testosteronausschüttungen gesteuert war.
„Weil ich ihn provoziert habe“, antwortete Slade lapidar.
„Slade Barlow!“ Callie drohte ihm mit dem Zeigefinger. „Deinetwegen hättet ihr beide sterben können.“
„Aber es ist doch nichts passiert.“ Slade setzte sich aufrecht hin. „Ist dieses Gespräch jetzt endlich vorbei? Ich würde nämlich gern nach Hause fahren, meinen Hund ein paar Minuten ins Freie lassen, duschen und dann auf schnellstem Weg ins Bett gehen.“
Callie lächelte. „Kommst du mich mit Shea besuchen?“, fragte sie. Da Slade bereits aufgestanden war, erhob sie sich ebenfalls. „Wenn Layne dann weg ist, meine ich.“
Slade tat so, als wäre er nicht nur erstaunt, sondern regelrecht schockiert. „Möchtest du Layne denn nicht sehen?“
„Du lieber Himmel, nein.“ Callie gab ihm einen Klaps auf die Brust.
Er lachte und küsste sie auf die Stirn. „Gute Nacht, Cowgirl.“
„Verschwinde endlich. Es ist spät, und du langweilst mich langsam“, antwortete sie augenzwinkernd.
Slade musste erneut lachen. Dann ging er.
Zu Hause wartete Jasper ungeduldig hinter der Verandatür und drückte bereits seine Schnauze in den Türspalt.
Slade schob die Tür auf, und der Hund schoss in den Garten.
„Spring nicht über die Mauer!“, rief Slade ihm warnend nach. Er hatte keine Lust, sich mit Joslyn Kirk herumzuschlagen. Außer natürlich, wenn das bedeutete, mit ihr zu schlafen.
Darauf hätte er sogar große Lust.
Doch Jasper verhielt sich vorbildlich. Er verrichtete sein Geschäft und trottete danach wieder in die Küche. Die Hundemarken an seinem Halsband klimperten.
Slade gab ihm frisches Wasser und eine kleine Extraportion Trockenfutter – einfach so.
„Morgen bekommen wir Besuch“, sagte Slade und betrachtete die Umzugskartons, in denen sich alles befand, was er besaß.
Alles bis auf die Millionen, die Montagmorgen auf sein Konto überwiesen wurden, natürlich. Und bis auf die Hälfte einer der schönsten Ranches im Bundesstaat Montana.
Er schüttelte den Kopf. Völlig unrealistisch, dachte er. Ich bin nur ein Provinz-Sheriff und habe keinen blassen Schimmer, wie man eine Ranch wie Whisper Creek bewirtschaftet.
„Aber die Hälfte der Ranch gehört mir“, stieß er laut aus.
Und das war ähnlich erstrebenswert, wie einen halben Vater zu haben. Wie armselig!
Slade schloss die Tür ab, hörte seinen Anrufbeantworter ab – „Keine neuen Nachrichten“ – und schlenderte in sein Schlafzimmer.
Er versuchte, sich Joslyn in diesem Raum vorzustellen. Joslyn in ihren Sandalen und ihrem Sommerkleid … Joslyn mit ihrem verdammten Widerspruchsgeist … Doch es gelang ihm nicht. Außerdem war sie ohnehin nicht der Typ für ein aufblasbares Gästebett. Falls oder besser wenn – denn er wusste, dass es irgendwann passieren würde – er mit Joslyn Kirk schlief, würde es auf sauberen, duftenden Laken passieren. In einem Zimmer mit richtigen Möbeln und mit Fenstern, durch die ein sanfter Wind hereinwehte. Gut möglich, dass es Blumen gab. Vielleicht auch Kerzenlicht und langsame Musik.
Verdammt, ein Mann durfte doch mal träumen , oder?
Joslyn schlief sich am Sonntagmorgen aus. Sie wurde von den Kirchenglocken, die in der ganzen Stadt zu hören waren, sowie vom Gewicht einer Katze geweckt, die auf ihrer Brust stand.
„Miau.“ Es war klar, was Lucy-Maude damit sagen wollte.
Es wird langsam Zeit, dass du aufwachst, Schlafmütze. Ich bin am Verhungern.
Joslyn lachte und streichelte ihr über das Köpfchen. Die Glockenläuteten immer noch, die Ziffern des Digitalweckers auf ihrem Nachttisch sprangen auf elf.
Lucy-Maude sprang von Joslyns Brust auf den Boden. Ihr Schwanz zuckte ungeduldig hin und her. Vor Joslyns geistigem Auge erschien das deutliche Bild einer Schüssel mit Katzenfutter. Sie musste wieder lachen.
„Botschaft angekommen“, sagte sie zur Katze. „Aber könntest du mir eine Minute geben? Ich bin praktisch noch im Halbschlaf.“
Wenig später trafen sich die beiden – Mensch und Vierbeiner – in der Küche, und Joslyn servierte der Katze ihr Futter, noch bevor sie Kaffee aufsetzte.
Während Lucy-Maude sich wie ausgehungert auf ihr Fressen stürzte,
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