Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
sagen können, warum er es getan hatte. Aber am nächsten Morgen, als Layne mit ihrem Mietwagen zum Flughafen gefahren war und Shea ihm sichtlich gelangweilt Gesellschaft leistete, während er im Büro Papierkram erledigte, wurde ihm klar, dass er Joslyn sehen musste.
Einfach so.
Nachdem er Shea ins „Curly-Burly“ gebracht hatte, damit sieCallie um einen Ferienjob bitten konnte, fuhren er und Jasper sofort zu Kendras Haus. Sofort, damit er es sich nicht anders überlegen konnte.
Um halb neun klopfte er an die Tür des Gästehauses. Allerdings war es nicht Joslyn, die ihm öffnete.
Es war Opal, die langjährige Haushälterin und Köchin der Familie Rossiter.
„Slade Barlow!“, rief die alte Dame begeistert. „Meine Güte, du bist ja noch hübscher als früher! Wie geht es deiner lieben Mutter?“
Überrascht lächelte Slade. „Opal?“
Sie lachte. „Ganz genau. Ich bin es wirklich. Aber ich vermute, ich bin nicht diejenige, die du suchst.“
Slade räusperte sich. Dann besann er sich auf seine Manieren, nahm rasch seinen Hut ab. „Ist Joslyn da?“ Er konnte nicht fassen, was er gerade machte. Spontaneität war nie sein Ding gewesen. Er tat fast nie irgendetwas, ohne sich jeden Schritt vorher gründlich zu überlegen.
Und dennoch war er jetzt hier, um eine Frau zu sehen, die er kaum kannte. Er war hier und hatte nicht den blassesten Schimmer, was er sagen sollte, wenn er ihr schließlich gegenüberstand.
„Sie wohnt im großen Haus, solange Kendra nicht da ist.“ Opal betrachtete ihn so interessiert, dass ihm etwas unbehaglich zumute wurde und er verlegen von einem Bein auf das andere trat. „Ich schätze, ich als alte Frau darf schon mal ganz unverblümt sein“, fuhr sie fort, nachdem sie einen Blick auf die Dienstmarke an seinem Gürtel geworfen hatte. „Handelt es sich hier um einen dienstlichen Besuch, Sheriff, oder einen eher privater Natur?“
Slade räusperte sich wieder. War es denn zu fassen? Da war er einmal spontan und handelte impulsiv – mit dem Ergebnis, dass er an der falschen Tür geklopft hatte.
„Weder noch“, antwortete er verlegen. „Ich wollte sie nur sehen, das ist alles.“
Frag nicht, warum.
Opal lächelte breit. „Wie nett.“ Auf Slade wirkte sie so, als würde sie diesem überraschenden Besuch viel mehr Bedeutung beimessen, als tatsächlich dahintersteckte. „Wirklich sehr nett.“
„Vielleicht schaue ich später noch mal vorbei.“ Er hatte sich wirklich gefreut, Opal zu treffen. Doch jetzt wollte er schleunigst von hier weg.
„Bist du etwa ein Feigling geworden, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe?“, fragte Opal und reckte ihr Kinn ein wenig vor. „Nie hätte ich gedacht, dass Callie Barlows Junge einmal vor irgendetwas Angst haben könnte.“
Slade spürte, dass es ihm heiß den Nacken hinaufkroch und er errötete. Ihm war klar, dass er das, was Opal eben gesagt hatte, nicht auf sich sitzen lassen durfte. Und das wusste Opal ganz genau.
„Meinst du, Joslyn ist schon wach?“, fragte er.
„Aber natürlich“, antwortete Opal wie aus der Pistole geschossen. „Sie muss Kendras Büro doch um neun aufsperren.“
„Wo ist Kendra denn?“, erkundigte sich Slade, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Er musste überlegen, was er jetzt tun sollte. Verlegen nahm er seinen Hut von der rechten in die linke Hand und dann wieder in die rechte.
„Wenn Miss Kendra gewollt hätte, dass du das weißt“, antwortete Opal schmunzelnd, „hätte sie es dir bestimmt gesagt, bevor sie abgereist ist, vermute ich mal.“
Slade seufzte. Dann lächelte er. „Stimmt. Wohnst du jetzt eigentlich wieder hier in Parable oder bist du nur zu Besuch?“
Opal, die immer noch lächelte, verschränkte die Arme und gab – ohne dass sie es aussprechen musste – Slade zu verstehen, dass er für sie wie das sprichwörtliche offene Buch war. „Könnte sein, dass ich länger bleibe, wenn ich einen Job finde“, antwortete sie. „Kennst du zufällig jemanden, der eine ausgezeichnete Köchin und Haushälterin sucht, Slade?“
Er dachte an seine nicht vorhandenen Kochkenntnisse, an das Durcheinander in seinem Ranchhaus und an Shea, die zumindest immer dann allein sein würde, wenn er arbeitete. Es wäre weder für seine Tochter noch für ihn selbst sonderlich gesund,
ständig im „Butter Biscuit Café“ zu essen oder sich von Mikrowellengerichten zu ernähren.
„Mich“, erwiderte er. Spontane Aktion Nummer zwei, und der Tag hatte gerade erst angefangen.
Erstaunt riss
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