Big Sky Country - Das weite Land (German Edition)
ich …“
Opal drückte Joslyns Hand. „An viel Arbeit sterben meiner Meinung nach nicht halb so viele Menschen wie am Ruhestand“, erklärte sie. „Die Wahrheit ist, dass ich viele Leute frühzeitig sterben gesehen habe, weil sie mit dem Nichtstun nicht zurechtgekommen sind.“ Sie biss von ihrem Toast ab und kaute. „Wobei ich ohnehin den Eindruck habe“, fuhr sie fort, nachdem sie ausgekaut hatte, „dass Slade hauptsächlich jemanden will, der auf seine Stieftochter aufpasst, während er arbeitet. Hast du sie schon mal gesehen?“
Joslyn nickte. „Ein Mal.“ Sie dachte an die Begegnung im „Butter Biscuit Café“. „Sie heißt Shea und wirkt sehr nett.“
Opal zog eine Visitenkarte aus der Tasche ihres adretten Baumwollkleides – blau mit weißem Blümchenmuster.
„Na dann“, sagte sie, „werde ich Slade gleich anrufen. Du kannst mich dann zu diesem Ranchhaus fahren, sobald du mit der Arbeit fertig bist.“
Ende der Diskussion. Opal hatte gesprochen.
14. KAPITEL
S lade arbeitete gerade im letzten Licht der untergehenden Sonne auf dem Dach des Ranchhauses, als Opal und Joslyn gegen sechs in die Einfahrt bogen. Er trug kein Hemd, und seine ausgewaschenen Jeans saßen tief auf seinen schmalen Hüften.
Joslyn bekam bei seinem Anblick sofort feuchte Hände. Sie umklammerte das Lenkrad. Ihr Herz raste, sosehr fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Es war ein Begehren, das sie nicht kannte und das sie nicht einmal genau zu benennen wagte.
Opal, die angeschnallt auf dem Beifahrersitz saß, kicherte. „Tja, das “, sagte sie und zog den Kopf ein wenig ein, um durch die Windschutzscheibe einen besseren Blick auf Slade zu haben, „nenne ich einen Mann .“
Amen, dachte Joslyn. „Allerdings hätte er“, entgegnete sie, obwohl sie Opal insgeheim recht gab, „wenigstens ein Hemd anziehen können. Er weiß doch, dass wir kommen.“
Sie klang richtig sauer.
Opal löste schmunzelnd den Sicherheitsgurt und machte die Autotür auf.
Slade stieg mittlerweile die ans Haus gelehnte Leiter hinab. Als er mit seinen Füßen, die in Stiefeln steckten, den Boden betrat, kamen gerade Shea und Jasper aus dem Haus gestürmt.
Grinsend nahm Slade ein marineblaues T-Shirt vom Sägebock, das er vorhin dort abgelegt haben musste, und streifte es sich über den Kopf. Dabei ließ er – offenbar unbewusst – seine durchtrainierten Bauchmuskeln spielen.
Jasper umkreiste Joslyn und bellte aufgeregt.
Shea, die Jeans und ein weites rosa T-Shirt anhatte, lachte. „Beruhig dich, Jasper.“
Joslyn zwang sich, Slades Oberkörper nicht länger anzustarren. Zu spät. Das Funkeln in seinen Augen, deren Blau noch intensiver war als das T-Shirt, verriet, dass er sie ertappt hatte.
Sie errötete, weil sie spürte, wie sehr sein Anblick sie erregte. Trotzdem schaffte sie es zu lächeln, als Opal in ihrem buntenKleid und den Schuhen mit Korksohle ausstieg und dem Mädchen die Hand entgegenstreckte.
„Ich bin Opal. Und du bist bestimmt Shea.“
Shea nickte sichtlich erfreut und gab Opal die Hand. „Schön, Sie kennenzulernen, Mrs …“
„Nur Opal und ‚du‘“, meinte Opal. „Es sei denn, du möchtest, dass ich Miss Barlow zu dir sage.“
Shea warf Slade nur einen kurzen Blick zu, doch Joslyn entging die Traurigkeit nicht, die für einen Moment in den veilchenblauen Augen des Mädchens aufflackerte. „Ich hätte Barlow heißen können, wenn Dad mich adoptiert hätte, als er und Mom noch verheiratet waren. Da das jedoch nicht passiert ist, heiße ich immer noch Tarrington.“
Slade verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts dazu.
„Aber ich würde mich freuen, wenn du mich Shea nennst.“ Das Mädchen lächelte Opal an.
„Dann sind wir uns ja einig.“ Opal schmunzelte. Joslyn wusste genau, was hinter diesen dunklen, klugen Augen in Opals Kopf vorging. Dort wurden nämlich gerade alle Nuancen der Beziehung zwischen Shea und Slade scharf analysiert. „Du nennst mich Opal, und ich dich Shea.“
Shea nickte erneut, suchte Joslyns Blick und sah ihr einen Moment lang in die Augen. „Kommt rein und seht euch das Haus an.“
Joslyn merkte, dass sie das Mädchen noch sympathischer fand als bei ihrer ersten Begegnung. Sicher, wahrscheinlich zeigte sich Shea gerade von ihrer Schokoladenseite. Doch Joslyn spürte ihre Warmherzigkeit, ihre Intelligenz und ihre Liebe für ihren Stiefvater – den Mann, den sie „Dad“ nannte.
Shea und Opal gingen vor. Jasper folgte ihnen. Joslyn und Slade bildeten die Nachhut.
Er hatte
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