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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Geld. »Hör zu, denk doch nach, Junge«, sagte er nicht unfreundlich. »Wir sind hier die Notfallstelle. Wir dürfen unsere Posten nicht verlassen. Was wäre, wenn ein Notfall passiert, während wir weg sind?«
    Das wurde mit Schweigen beantwortet; aber im Hintergrund konnte Benson gerade noch eine andere Stimme hören, die ihm bekannt vorkam. »Du hättest darauf hören sollen, was er dir zu sagen versuchte! Der hat nicht herumgekaspert. Wir mußten die kartographische Fakultät sausen lassen, damit wir ihn uns leis-ten konnten. Und du hörst ihm nicht zu!«
    »Sei still!« brüllte der Gas-Freak.
    »He, ist das Bert? Ist das Bert Nix am Telefon?« fragte Bill Benson. »Wo bist du, Junge?«
    »Emeritus Row!« schrie der Junge und ließ den Hörer fallen. Bill Benson horchte noch weiter, nachdem das Boing-Boing des Hörers verklungen war, und versuchte festzustellen, ob es sich wirklich um den guten alten Bert Nix handelte. Ich glaube, er hörte dieses Gedicht; in den Nachrichten behauptete er jedenfalls, daß er ein Gedicht gehört hätte, und es hätte gut und gerne dieses Gedicht sein können, das Bert Nix regelmäßig zitierte und gern an Hauswände schrieb:
    Reißend und beißend im Elfenbeinturm! Die Flasche kann sie nicht füllen, die Flaschenschwinger. Krupp lässt einen Furz! Der Schließmuskel hält nicht mehr Blanke Akademiker brechen aus aus ihrem Zelt. Wutgeblendete Stromer sind nicht zufassen. Allenthalben Wird durch unheiligen Vorgang die Unschuld weggeschwemmt. Den Lendenlahmen fehlt der Glaube, doch wie immer Herrscht allerorten leidenschaftliche Geschäftigkeit.
    Sicherlich steht ein Offenbarungseid bevor, Zimperlich gebar sich die Jüngste am Tag zuvor! Die Jüngste! Kaum an diesem Ort dem Ei entschlüpft, Ist ihr Gesicht verstört und ungeheuer wild, Spült sie sich aus mit Spiritus das Mundi! Und behangen mit wüstem Tand ernährt sich Mit Gewalt eines Löwen Weib vom Zopf eines Menschen, Der soeben noch mitleidlos in der Sonne Von lasziven käsigen Schenkeln umschlungen Im Schatten der Wüste voll Wonne gevögelt.
    Langweilig senkt sich Dunkelheit übers Mieder Was scheinbar Jahrtausende war steinern machte sie schlaff Drum schubst er sie vom Bettrand, die schaukelnde Ziere.
    Welch süße Bestie, deren Kunde nun gekommen ist, Schlampt zum Bette hin ohne Gemurr?
    »Ach du Scheiße!« rief Bill Benson. »Bert? Bist du das? Verdammt, vielleicht ist da wirklich was los. Sam, stell mich auf Leitung sechs rüber, mal sehen, ob ich die Jungs von Neun-eins-eins unten wachrütteln kann.«
    Casimir rannte durch die Flure und fluchte, weil er Sharon mit einem Schwachkopf allein lassen mußte; Adrenalin raste durch ihn hindurch, weil er sich vorstellte, er käme zurück und fände nur noch einen toten alten Mann vor. Er hatte keine Ahnung, wie er die Tür öffnen wollte, wenn er sein Ziel erreicht hatte, aber das spielte momentan auch keine Rolle, denn ihm war, als könnte ihm weder Holz noch Kunststoff ernsthaft standhalten. Er wirbelte um eine Ecke und stieß mit einem großen jungen Mann zusammen, der aus der anderen Richtung kam. Beide landeten benommen auf dem Boden, aber Casimir rollte sich ab, sprang auf die Füße und rannte weiter. Der Mann, mit dem er zusammengestoßen war, holte ihn ein, und da sah er, daß es sich um Virgil Gabrielsen handelte, den König des Bunkers.
    »Virgil! Hast du das gehört?«
    »Ja, ich wollte gerade nachsehen. Was ist los?«
    »Klavier ist in Sharons Büro gefallen … durchbohrte Lunge … Sauerstoff.«
    »Genau«, sagte Virgil, kam schlitternd zum Stillstand und holte einen Schlüssel aus der Tasche. Mit dem Hauptschlüssel verschaffte er sich Zugang zum Labor und rempelte einen Erstsemesterstudenten so an, daß er gegen den Labortisch fiel, als er zu den Gasflaschen lief. Casimir schnappte sich einen Flaschenwagen, auf dem sie den großen Zylinder fieberhaft festzurrten und zur Tür hinaus zu Sharon schoben.
    »Scheiße«, sagte Virgil, »kein Lastenaufzug. Wir bekommen sie unmöglich nach oben.« Sie befanden sich am Ansatz der Treppe, zwei Stockwerke unter Sharon. Die Sauerstoffflasche war etwa anderthalb Meter lang und hatte einen Durchmesser von dreißig Zentimetern; im Inneren befanden sich mehr als hundert Kilo extrem komprimierten Gases. Virgil dachte immer noch darüber nach, als Casimir, ein knochiger Mann mit ungesundem Aussehen, die Gasflasche umarmte, an sich drückte, sich aufrichtete und auf die Schultern wuchtete wie einen zusammengerollten Teppich.

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