BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)
Mann Martin, verdammt, und noch ’n paar mehr, weiß gar nich’ mehr, wer alles. Also ham wir uns alle zusammengetan und sind auf die Jagd gegangen, weil da dachten wir immer noch, dass’s ’n Wolf oder so was war. Wir wussten natürlich gleich, dass wir uns geirrt hatten, wie wir ihn sah’n.«
Jerrica zündete sich fasziniert eine weitere Zigarette an. »Also haben auch noch andere Bighead gesehen, nicht nur Sie?«
»Klar, ’ne Menge Leute. Weiß jetzt grad nich’ mehr, wer alles, aber wir ham ihn gesehn. Ich hab’ ihn sogar zuerst gesehn, in dem Sojafeld, wie er die Innerein von dem armen Hirsch gefuttert hat. Ich hab’ Bighead gejagt, hab’ ich, und die andern sind dann dazugekommen und wir ham losgeballert. Ich glaub’, wir ham ihn getroffen, aber genau weiß ich’s nich’. Das verdammte Biest is’ in die Wälder abgehaun und keiner hat’s je wiedergesehn. Am nächsten Tag ham wir nach der Leiche gesucht, aber nix gefunden.«
Jerrica bemühte sich, ihre Begeisterung im Zaum zu halten. »Und Sie sagen, dass Bighead Menschen umgebracht hat, Leute aus der Stadt?«
»Ja doch«, bestätigte der Barkeeper. »Hat sie umgebracht und Stücke von ihnen aufgefressen. Vor allem Mädels. Wissen Sie, Bighead mochte Mädchen, auch wie er noch ’n Kind war.« Der Barkeeper zog die Oberlippe hoch. »Hat auch ’n paar Kerle umgebracht, aber wie gesagt, ’s warn hauptsächlich Mädchen ... blonde Mädchen, um genau zu sein ...«
»Ich schätze, ich sollte besser meine Haare färben«, lachte Jerrica.
»Kein Grund, sich drüber lustig zu machen, Miss«, antwortete der Barkeeper ohne eine Spur Belustigung. »Weil, wie ich ja schon gesagt hab’ – wir wissen nich’ genau, ob wir ihn erwischt ham.« Ein weiteres Glas Whiskey, genauso schnell gekippt wie das erste. »Also wer weiß? Bighead könnt’ immer noch da draußen rumlaufen. Und wär’ jetz’ ausgewachsen. Und wer weiß, ob er nich’ irgendwann zurückkommt ...«
»Unglaublich!«, sagte Jerrica, als sie den Motor des Miata abstellte. »Dieser Barkeeper war ein echter Trip!«
Charity stieg aus und ließ die Tür zufallen, dann gingen sie erschöpft auf die Veranda zu. »Die meisten Leute hier sind so wie er. Sie erzählen gerne wilde Geschichten.«
»Er erzählte es so, als wäre Bighead real.«
»Du glaubst das doch hoffentlich nicht.«
Jerrica kicherte. »Natürlich nicht! Aber was für großartiges Material für meinen Artikel – ein lokaler Mythos, ein Monsterkind! Ich kann es gar nicht erwarten, mehr darüber zu hören!«
In dem Moment erhellte sich der Himmel kurz; Jerrica blickte hoch. Vage Lichter leuchteten am Horizont auf, von keinem Donner begleitet. »Das ist ja seltsam. Ein Gewitter zieht auf, aber der Himmel ist völlig klar.«
»Das ist nur ein elektrischer Sturm«, erklärte Charity. »Wetterleuchten. Das gibt es hier im Sommer ziemlich oft. Kein Regen oder Donner und nur wenige Wolken. Nur geräuschlose Blitze. Es ist ziemlich gespenstisch.«
Gespenstisch, hmmm. Na ja, nach der Geschichte in der Bar wäre Jerrica wohl so ziemlich alles gespenstisch erschienen. Doch sie hielt den Blick noch etwas länger auf den Himmel gerichtet und beobachtete einige weitere stumme, ferne Blitze. Ich muss daran denken, das zu fotografieren. Mit Langzeitbelichtung muss das grandios aussehen.
Nur im Salon und im Treppenhaus brannte noch Licht, als sie das Gästehaus betraten. Annie schläft wahrscheinlich, vermutete Jerrica. Die Standuhr im Arbeitszimmer schlug zwölf, als sie die Haustür hinter sich schloss und dann: Stille.
Jerrica erklomm flink die Treppe, während Charity mehr oder weniger hinter ihr hertrottete.
»Du siehst müde aus«, sagte Jerrica, als sie oben waren.
»Bin ich auch. Das Bier beginnt allmählich zu wirken.«
»Na, dann schlaf dich aus.« Jerrica küsste Charity flüchtig auf die Wange. »Wir sehen uns morgen früh.«
Charity lächelte düster in ihrer Zimmertür. »Gute Nacht.« Dann schloss sich ihre Tür mit einem Klicken.
Bevor Jerrica in ihr Zimmer ging, bemerkte sie, dass unter der Tür des gegenüberliegenden Zimmers Licht schimmerte. Wessen Zimmer ist das?, fragte sie sich. Annies? Nein, ich glaube, sie sagte, dass sie unten schläft. Vielleicht Goops. Wenigstens bin ich nicht der einzige Nachtschwärmer . Als sie in ihrem Zimmer war, riss sie das Fenster auf und lächelte mit geschlossenen Augen in der sanften Brise. Weitere Blitze zuckten stumm in der Ferne. Sie verstand nicht, wie sie jetzt noch so
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