Biker's Barbecue (German Edition)
Widmung: „California kicks Ass. Stefan and Tobi 1996“.
Komisch: So viele Reißzwecken an der Decke, aber nur wenige Dollars! Jede Wette, dass die das Ding wieder runternehmen, sobald wir weg sind! – Jedenfalls muss ich natürlich gleich wieder motzen, weil Tobi so einen blöden Spruch geschrieben hat. Retourkutsche: „Dir wäre selber auch nichts Besseres eingefallen.“ – Recht hat er.
Die Bar ist auch sonst beeindruckend. Der Barmann trägt seit einem Motorradunfall eine Rippe im Unterkiefer und ernährt sich seither nur noch flüssig (völlig freiwillig, versteht sich). Die kugelrunde Barfrau an seiner Seite hat sich dafür allem Anschein nach auf feste Nahrung spezialisiert.
Zwei Burritos und einen eisgekühlten Pitcher Bier später haben wir dann auch einen netten Schlafplatz für die Nacht: Henry, der neben uns an der Bar sitzt, hat zwei Zelte in seiner Garage (hundert Meter die Straße hinunter), die er gerne für uns aufstellt, wenn wir uns dafür morgen ein bisschen mit seiner Frau unterhalten, die einen Deutschkurs in Red Bluff belegt hat. – Na ja: Unser Deutsch ist zwar schon ein bisschen eingerostet – aber was tut man nicht alles für eine Übernachtung …
Damit wir keine Chance haben, ihm beim Aufbauen der Zelte zu helfen, schiebt uns Henry in einem unbewachten Augenblick noch schnell einen weiteren Pitcher Bier hin, springt auf, läuft nach Hause, stellt die Zelte in den Garten und ist zurück, noch ehe wir nach dem letzten Schluck rülpsen können.
Vor dem Schlafengehen dürfen wir in Henrys aufblasbarem Gummi-Pool planschen. Kaum sind wir dem nächtlichen Bad entstiegen, da kommt Ehefrau Valerie von der Arbeit nach Hause. Nach einem kurzen, angeregten Pläuschchen beschließen wir allerdings, die weitere Konversation auf morgen zu verlegen. Valerie wünscht uns in tadellosem Deutsch eine „Gute Nacht“.
2.
Lazy Sunday Afternoon The Small Faces
Gegen 4 Uhr 30 fangen zwei Hähne an, laut und falsch im Duett zu krähen. Zu gern würden wir das Problem auf amerikanische Art lösen – aber das Schießeisen haben wir leider bei Charlie in St. Anthony gelassen. Wir könnten den Viechern natürlich auch die Patronen, die uns unser Lieblingswaffennarr als Andenken mitgegeben hat, an den Kopf werfen. Aber pro Hahn hätten wir dann nur einen Wurf. Und die Tiere sehen so aus, als ob sie jederzeit zu einem Gegenangriff bereit wären.
Valerie freut sich so sehr, dass sie endlich jemanden zum Deutschüben hat, dass wir den Zeitpunkt unserer Abreise praktisch selbst bestimmen können. Es passiert wohl auch nicht alle Tage, dass in Dales (so heißen die fünf Häuser nämlich) zwei Radfahrer aus Europa vorbeikommen.
Wir verbringen den Tag mit Nichtstun, ziehen uns im Häuschen unserer Gastgeber nicht weniger als fünf (jugendfreie) Videofilme rein und genießen den Luxus, die Olympischen Spiele wieder einmal live sehen zu können ( 3000-Meter-Hindernis-Lauf, meine persönliche Lieblingsdisziplin! )
Dafür, dass wir hier beinahe nicht einmal stehen geblieben wären, schlagen wir jetzt schon ziemlich Wurzeln. Valerie und Henry leben in einem dieser amerikanischen Billig-Fertighäuser, die man auf Rädern durch die Landschaft karrt und dann einfach irgendwohin stellt. Im Wohnwagen nebenan haust Valeries Schwester mit ihrem Freund. Der Rest des Grundstücks ist Tiergarten-Areal. Die wichtigsten Attraktionen: zwei Truthähne, zwei Ziegen, ein paar Hühner, ein Haufen Enten und Gänse sowie jene zwei Hähne, die uns schon in der Nacht unangenehm aufgefallen sind. Außerdem hat Valerie noch zwei Frettchen, zwei oder drei Katzen und einen äußerst liebenswerten, weil völlig verschmusten Rottweiler namens Franklin. Franklin ist ein bisschen doof – angeblich, weil früher sein Lieblingsspielzeug statt des hundeüblichen Tennisballs eine Bowlingkugel war, mit der er sich – Kopf voraus – immer wieder heftige Zweikämpfe geliefert hat. Und irgendwann hat dann der Klügere gewonnen (oder so). Armer Franklin …
Insgesamt macht die Familie einen erstaunlich sorglosen Eindruck: Allzu viel Geld dürfte zu einem solchen Leben nicht nötig sein. Die beiden Frauen gehen jeden Tag ein paar Stunden nach Red Bluff arbeiten, und Henry macht gerade eine Schweißerlehre. Es ist faszinierend zu sehen, wie es anderen Leuten gelingt, ihr Leben auf zufrieden stellende Weise zu meistern, ohne sich dabei an das in Österreich so verbreitete Sicherheitsdenken zu klammern.
Den Abend verbringen wir wieder in
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