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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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sich verleugnet; und in meinem Herzen wird die Erinnerung daran leben, wie freundlich, teilnahmsvoll und hilfreich er gegen die Jugend war. – In den Salon kam er nur zu den berühmten Kaffees seiner Nichte, Ludmilla Assing, welche dem Onkel das Haus führte, und bei großen Empfängen. Bei solchen Gelegenheiten sah ich hier den General Pfuel: trotz seiner Jahre noch ein rüstiger Mann, der des Winters in der Spree badete; dann zuweilen Bettina von Arnim, die Wunderliche, die Geniale –
    Ach, es ist vielleicht das letzte
Freie Waldlied der Romantik ...
    Nur daß oft moderne Triller
Gaukeln durch den alten Grundton ...
    Hier auch in diesem Salon sah ich zuerst Ferdinand Lassalle, damals ein junger Mann, von dem die Welt noch nichts wußte, dessen Bedeutung aber seine näheren Freunde schon voraussahen – keiner mit einer so richtigen Erkenntnis des Charakteristischen in Lassalles Erscheinung, mit einem so divinatorischen, prophetischen Blick für sein Schicksal und sein Ende wie Heinrich Heine. »Herr Lassalle«, so heißt es in dem Einführungsschreiben, welches er ihm an Varnhagen mitgab,»ist nun einmal so ein ausgeprägter Sohn der neuen Zeit, der nichts von Entsagung und Bescheidenheit wissen will ... Dieses neue Geschlecht will genießen und sich geltend machen im Sichtbaren; wir, die Alten, beugten uns demütig vor dem Unsichtbaren, haschten nach Schattenküssen und blauen Blumengerüchen, entsagten und flennten und waren doch vielfach glücklicher als jene harten Gladiatoren, die so stolz dem Kampftod entgegengehen.«
    Rahel war schon zwanzig Jahre tot, als ich in Varnhagens Haus kam. Aber ihr Bild hing an der Wand, ihr Geist wehte noch in diesen Räumen, und Dore lebte noch – wie manchmal hat Dore mir die Türe geöffnet und mich dabei freundlich angelächelt mit dem guten Gesicht aus der alten Zeit. In Dores Armen ist Rahel gestorben. Als in ihrer letzten, schweren Krankheit Dore sie einmal »gnädige Frau« nannte, da rief sie: »Ach was, es hat sich ausgegnädigefraut! Nennt mich Rahel!« Und fünf Tage vor ihrem Tode wandte sie sich an den neben ihrem Bett sitzenden Varnhagen: »Welche Geschichte!« – rief sie mit tiefer Bewegung aus – »eine aus Ägypten und Palästina Geflüchtete bin ich hier und finde Hilfe, Liebe und Pflege von euch! ... Mit erhabenem Entzücken denk ich an diesen meinen Ursprung und diesen ganzen Zusammenhang des Geschickes, durch welches die ältesten Erinnerungen des Menschengeschlechts mit der neuesten Lage der Dinge, die weitesten Zeit- und Raumfernen verbunden sind. Was so lange Zeit meines Lebens mir die größte Schmach, das herbste Leid und Unglück war, eine Jüdin geboren zu sein, um keinen Preis möcht ich das missen.«
    So starb sie; und nur durch eine Mauer von ihr getrennt, auf dem alten, jetzt von der Bamther Straße begrenzten Jerusalemer Kirchhof liegt eine andere Jüdin – eine und vielleicht die vorzüglichste von denen, welchedem geistigen Leben Berlins am Ende des vorigen und am Anfang dieses Jahrhunderts die Signatur gaben – die Freundin Schleiermachers und der Schlegel, von dem jugendlichen Börne schwärmerisch geliebt und später, als diese hoffnungslose Flamme verraucht, bis an das Ende seines Lebens aufrichtig verehrt. »Henriette, verw. Hofräthin Herz, geb. de Lemos« heißt es auf ihrem Grabstein. Sie trat erst in reiferen Jahren zum Christentum über, als ihre alte Mutter tot und ihr Gemahl, der Hofrat Marcus Herz, auf dem nunmehr längst geschlossenen jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße ruhte. Rahel war, nach dem Bilde, das ich von ihr gesehen, eine Frau mit zwar höchst geistvollen, keineswegs aber regelmäßigen oder anmutigen Zügen; sie hatte vielmehr etwas Starkknochiges, Unweibliches. Henriette Herz dagegen war eine Schönheit, orientalisch, dunkel, von üppigen Formen, mit prachtvollem Haarwuchs, leuchtenden Augen, feinen, schwarzen Brauen, mit einem Anflug griechischer Klassizität im edlen Profil, Stirn, Nase, Mund. Dorothee Therbusch hatte sie als Hebe gemalt; Gottfried Schadow ihre Büste modelliert. Noch kurz vor ihrem Tode, im Jahre 1847, besuchte König Friedrich Wilhelm IV. die dreiundachtzigjährige Greisin in ihrer Sommerwohnung im Tiergarten; sie starb im Genuß eines durch Alexander von Humboldt vermittelten Gnadengehaltes aus der Privatschatulle des Monarchen. Mit ihr ging eine der Letzten dahin aus jenem »geistreichen Berlin«, welches jetzt nur noch in der Sage lebt.
    Wenn man, wenige Schritte von

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