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Bilder aus der Anderwelt

Bilder aus der Anderwelt

Titel: Bilder aus der Anderwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Überraschung verderben?", fragte ich. „Um Himmels willen, nein. Gehen Sie nur Ihrer Wege. Wir können s chon auf uns selbst aufpassen."
    Der Page suchte das Weite und wartete nicht einmal auf ein Trinkgeld. Das war mir auch ganz recht. Ich schlenderte lässig in Richtung Hauptspeisesaal, und Bettie trippelte neben mir her wie e in aufgeregtes Hündchen. Niemand stellte sich uns in den Weg. H altung ist alles. Man kann mit einem Mord davonkommen, wenn man so aussieht, als würde man dazugehören.
    Ich stieß die Tür zum Speisesaal auf, trat ein, blieb stehen und stieß Bettie ein wenig zur Seite, so dass wir durch eine riesige, eingetopfte Schusterpalme vor dem gut gefüllten Raum abgeschirmt waren. Ich zischte ihr zu zu schweigen, bevor sie etwas sagen konnte, und linste zwischen den Blättern hindurch. Alle Tische waren besetzt, vor allem durch kantige Burschen in eleganten Anzügen, die langweiliges Essen in sich hineinstopften, da es sie an die guten alten Tage erinnerte, als sie ihr Abendessen noch an der Schule genossen hatten. Sie waren des Friedens und der Stille wegen hier, nicht, um sich zu unterhalten.
    Walker war natürlich die Ausnahme. Er hielt Hof mit einigen illustren Persönlichkeiten, die gerade um Positionen wetteiferten, um die verstorbenen Autoritäten zu ersetzen. Sie saßen stocksteif in hartlehnigen Sesseln, nippten an teuren Likören, pafften monströse Zigarren und sprachen möglichst laut, um anzuzeigen, dass es ihnen schnurzegal war, wenn man sie belauschte. Sie lächelten, nickten und waren überaus höflich, so dass man niemals geglaubt hätte, dass sie tödliche Rivalen waren, die einander beim ersten Anzeichen von Schwäche mit Gusto gegenseitig zerfleischt hätten. Das war schließlich Politik, und man musste gewissen Etiketteregeln folgen. Der Feind von gestern konnte der Freund oder zumindest Verbündete von morgen sein.
    „Pst", flüsterte ich Bettie zu. „Schau und hör zu. Vielleicht erfährst du ja etwas Interessantes. Weißt du, wer die Leute um Walker sind?"
    „Natürlich", flüsterte sie und näherte sich mit ihrem Mund so sehr meinem Ohr, dass ich ihren Atem im Gesicht spürte. „Walker ist der vornehme Städter. Der ältere Herr zu seiner Linken in der Militäruniform ist General Kondor. Das widerliche Exemplar zu Walkers Rechter ist Oberstadt-Taffy Lewis, und die Frau, die Walker gegenübersitzt, ist Königin Helena, Ex-Monarchin der Eisreiche."
    „Sehr gut", flüsterte ich, „und jetzt finden wir einmal heraus, ob du mehr liest als nur die Klatschspalten. Was kannst du mir über Walkers Gäste erzählen?"
    Bettie schmunzelte, sichtlich erfreut, mit ihrem Journalistenwissen Eindruck schinden zu können. „General Kondor kommt aus einer zukünftigen Zeitlinie. Kam durch eine Zeitanomalie in die Nightside und ist hier gestrandet, als diese sich schloss. Gerüchten zufolge soll er eine Art Raumflotte kommandiert haben, Sternen schiffe und der ganze Kram, die den Frieden in einem zukünftigen Im perium oder einer Föderation sicherten. Er führte seine Trup pe n in die Schlacht gegen eine Rebellion, als sein Flaggschiff unter Feu er geriet und zerbarst. Er entkam in letzter Sekunde in einer Re ttungskapsel." Sie lachte. "Wir genügen seinen Standards nicht. Ei n wahrhaft moralischer, aufrichtiger Mann, unser General. Seit er hier angekommen ist, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, alle rec htschaffenen Bewegungen zu unterstützen und dann zu über nehm en. Er will uns läutern und unsere Seelen retten, der Idiot. D er Unnatural Inquirer versucht seit Ewigkeiten, Schmutz über ih n auszugraben, aber leider scheint es, als sei er tatsächlich so ans tändig und öde, wie er tut."
    Ich nickte und schielte zum General hinüber. Kondor war ein gr o ßgewachsener, stocksteifer Militär in einer überraschend altba c kenen, olivgrünen Uniform, komplett mit Schiffchen. Selbst im Sitzen schien er hab acht zu stehen. Er hatte tiefe Falten im Ge si cht, hier und da eine Narbe, aber seine blauen Augen unter den buschigen, weißen Augenbrauen waren kalt und durchdringend. Er konnte nicht mehr der Jüngste sein, aber man bemerkte kein Gramm Nachgiebigkeit an ihm. Ich war ihm schon ein paarmal begegnet. Auch ich genügte seinen Standards nicht, wie auch niemand anderer von meiner Sorte, aber man würde wahrscheinlich nie sagen können, ob es in der gesamten Nightside jemanden gab, der den Ansprüchen des Generals genügte. Unser freier Handel mit Lastern, Perversitäten und

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