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Bilder aus der Anderwelt

Bilder aus der Anderwelt

Titel: Bilder aus der Anderwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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glauben, eine wahre Herrscherin zu erkennen, wenn sie vor ihnen steht . Sie verkauft Titel an jeden, der es sich leisten kann."
    Ich nickte. Den Typ Mensch kannte ich. (Ex-)Königin Helena war ein verstörender Anblick. Groß, königlich, herablassend und e indrucksvoller als Gott saß sie auf ihrem Stuhl, als wäre es ein aus den Knochen ihrer Feinde geschnitzter Thron. Sie trug dicke weiße Pelze, ein Diamantendiadem, und ihr langes glattes Haar war
    so blond, dass es fast farblos erschien. Ihre todesbleiche Haut war leicht bläulich, und ihr Gesicht und ihre Arme waren mit komplizierten Mustern wie Schaltkreisen bedeckt. Hie und da gab es eine Wölbung auf der Haut, die verborgene Tech-Implantate vermuten ließ. Sie hoben und senkten sich selbstständig, augenscheinlich in Einklang zu ihrer Stimmung.
    „Gut gemacht", sagte ich. „Eine äußerst präzise Schilderung, angenehm kurz und bündig und mit mehr als nur dem allgemein Bekannten. Es gibt Enthüllungsjournalisten bei der Night Times , die mir nicht so viel hätten erzählen können. Du bist weit mehr als nur ein hübsches Gesicht, stimmt's?"
    Sie grinste. „Ich habe mich schon gewundert, wie lange es dau ert, bis du diese Große-Augen-Scharade durchschaust. Man wird beim Unnatural Inquirer nicht eine der Topjournalistinnen, indem man mit den Augen klimpert und irgendwelche Leute becirct.
    Auch wenn dich überraschen würde, wie weit dich das bringt, selbst bei den wirklich wichtigen Leuten. Männer sind so einfache, primitive Geschöpfe, Gott hab sie selig. Bei den anderen ist es bemerkenswert, wie viele Schwachstellen und Verwundbarkeiten ein bisschen gute Nachforschungsarbeit ans Tageslicht fördern kann. Ich lächle, beobachte, sperr' meine Ohren auf, ziehe Schlussfolgerungen, und am Ende schreibe ich alles auf. Du hast dich durch mein kleines Theater nicht wirklich täuschen lassen, nicht wahr?"
    „Es ist ein gutes Theater", sagte ich jovial, „und jetzt pssst, schau zu, wie Walker arbeitet. Sieh dir an, wie er Leute beeinflusst und manipuliert, ohne dass sie es bemerken."
    „Die Dinge müssen sich ändern”, brummte General Kondor bedeutungsvoll. Er lehnte sich über den Tisch, um Walker anzufunkeln, der völlig unbeeindruckt war. Die Stimme des Generals war langsam und bedächtig, er war es eindeutig gewohnt, Befehle zu geben, und erwartete, dass diese befolgt wurden. Er hatte die Ausstrahlung eines Mannes, dem Menschen folgten: kernig, er fahren und selbstsicher. Er stach mit einem schweren Finger nach Walkers Gesicht. „Die Nightside kann nicht so weitermachen wie bisher - ein Sammelbecken für alle menschlichen Perversionen und Schwächen. Sie wird sich selbst zerfleischen, nun da der Greif und die Autoritäten Geschichte sind. Die Zeichen kann ja wohl jeder sehen, zuerst der Engelkrieg, dann der Lilithkrieg ... wenn ma n sie sich selbst überlässt, wird die Nightside sich am Ende selbst zerreißen."
    Es hat schon immer Kriege, Zerstörung und Veränderungen der Spitze gegeben", erwiderte Walker ruhig. „Aber die Nights ide besteht weiter. Sie hat Jahrtausende überdauert, und ich sehe ke inen Grund, warum sie das nicht für weitere Jahrtausende tun sollte. Die Welt liebt Freakshows schon immer."
    G eneral Kondor sah ernst drein. „Das mag der Wahrheit ent sprochen h abe n haben, als die Autoritäten noch regierten und die Night s ide in etwa so behandelten wie ein Bauer, dessen Gans goldene Eier legt. Aber die Autoritäten sind nicht mehr, und ebenso ver s c hwunden ist ihr engstirniges Klammern an Handel und Profit. Er Ist Zeit, dass jemand weitreichendere Perspektiven an den Tag legt und die Nightside zu einem besseren Ort macht."
    „Ich seh' nichts Verkehrtes daran, wenn man Geld scheffelt", erwiderte Oberstadt-Taffy Lewis wie aus der Pistole geschossen. S e ine Stimme war weich und keuchend, und seine gigantische Brust und der nicht minder eindrucksvolle Wanst hoben und senkten sich, als strenge ihn jeder Atemzug an. „Die Nightside existiert, damit die Leute hier Vergnügungen und Laster finden, di e es sonst auf der ganzen Welt nicht gibt. All die wundervollen D inge, die man als gesitteter Mensch öffentlich nicht begehren darf, nach denen man sich aber sehnt. Was auch passiert, sie werden sich jedes Mal aufs Neue ausbluten, um zu bekommen, was sie wollen. Behalten Sie Ihre starren Moralvorstellungen, General. Wir brauchen hier keine einfältigen Gutmenschen, die es von außen hierher verschlagen hat und die sich in Dinge

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