Bilder aus der Anderwelt

Verdammnis schockierte ihn. Ein guter Mann vielleicht und ohne Zweifel tapfer genug, um sich auf der Brücke seines S t ernenschiffes einer großen Übermacht zu stellen; aber seine starre Schwarzweißphilosophie hatte einfach keinen Platz in der Nightside. Einerseits war er verzweifelt genug, nach einem Weg i n seine eigene Zeit und zu seinen eigenen Leuten zu suchen, andererseits realistisch genug, um zu wissen, dass er diesen vielleicht nie finden würde. Also hatte er sich entschieden, sich auf die Nightside zu stürzen und diese als Herausforderung zu sehen. Ein Übel, das man zunichtemachen musste. Nun führte er oder repräsentierte zumindest all die verschiedenen Interessensgruppen in der Nightside, die hier mal gründlich aufräumen wollten, sei es aus religiösen, finanziellen oder politischen Gründen.
    General Kondor liebte es, über die Erlösung oder all das Potential und was wir nicht alles erreichen könnten zu schwadronieren, wenn wir nur lernten, unsere finsteren Gelüste zu unterdrücken und zusammenzuarbeiten. Er verstand nicht, dass die Leute ausschließlich herkamen, um sich ihren dunklen Gelüsten hinzugeben. Er war ein guter Mann am falschen Ort, und die Nightside liebte es einfach, Helden zu brechen.
    „Was ist mit der kriecherischen Schnecke in dem schlechtsitzenden Jackett?", erkundigte ich mich.
    „Leicht. Jeder kennt Oberstadt-Taffy Lewis", entgegnete Bettie. Sie ahmte kurz einen Brechreiz nach. „Ihm gehören fast alle guten Immobilien der Nightside, nun, nachdem der Greif endgültig tot und vergessen ist. Er kann enormen wirtschaftlichen Druck ausüben und zögert nicht, es zu tun, um seinen Willen durchzusetzen. Gerüchten zufolge kann er einfach nicht noch reicher werden, also strebt er jetzt nach Macht. Er unterhält eine eigene Armee von Schlägern, Vollstreckern und Kniebrechern, und jeder, der gegen Taffy etwas sagt, findet schnell heraus, warum. Er will der neue Greif sein, der König der Welt, und alle dürfen sich brav vor ihm verbeugen. Er tut, als habe er Stil, Eleganz und eine vornehme Herkunft, würde diese Eigenschaften aber selbst dann nicht erkennen, wenn er in der Gosse über sie stolperte. Der Mann wurde als billiger Schläger geboren und wird sich nie ändern. Der Inquirer hat ein paar Enthüllungsartikel über ihn geschrieben, in denen von allen möglichen Verbrechen die Rede war, doch Taffy ist begütert genug, dass ihm das herzlich egal sein kann. Ein hasserfüllter Mann. Es heißt, er hätte seinen eigenen Bruder gefressen."
    „Hat er auch", bemerkte ich.
    Oberstadt-Taffy Lewis war auf eine besonders falsche Art ein riesiger Mann. Der perfekt geschnittene Anzug konnte nicht die enormen Speckrollen verbergen, genauso wenig, wie sein derzeitig er höflicher Gesichtsausdruck seine kalten Schweinsäuglein u nd den grausamen Mund überdecken konnten. Taffy wollte nicht nur die größte Sau am Trog sein, er wollte den Trog für sich alleine haben, alles kontrollieren und die Macht haben, alles zu verwüsten, und dann wollte er die Macht, alle dazu zu zwingen, abermals gekrochen zu kommen, um nach mehr Abfall von seiner Tafel zu betteln. Wahrscheinlich hatte er einen echt kleinen Penis. O b erstadt-Taffy Lewis wollte die Nightside, weil sie da war.
    Er hatte mehrmals versucht, mich zu ermorden. Das nahm ich nicht persönlich. Für Taffy war es einfach nur Teil des Geschäfte s .
    „Was ist mit Ex-Königin Helena?", fragte ich Bettie.
    „Ein garstiges Miststück, wie es heißt." Bettie schürzte ihre perfekte Oberlippe. „Mächtig, talentiert und auf alle möglichen, unangenehmen Arten gefährlich, auch wenn man schwer sagen kann, ob ihre Macht auf Wissenschaft oder Zauberei beruht. S ie kann mit einem Blick oder einer Berührung töten und einen Mann versklaven, indem sie seinen Namen flüstert. Offiziell heißt es, sie sei durch eine Zeitanomalie aus einer zukünftigen Zeitlinie gekommen, in der die Sonne erloschen ist und Eis alles überzieht. Eine empfindungslose Frau aus einer kalten Welt. Du kannst davon allerdings so viel glauben, wie du willst; Leute, die aus Zeitanomalien purzeln, erzählen alles mögliche. Sie behauptet, die Königin der gesamten Welt gewesen zu sein, und irgendwie wirkt sie auch majestätisch, aber ... bizarr, dass eine Königin allein reist, findest du nicht? Wie auch immer, sie ist offensichtlich entschlossen, wieder zu einer Königin zu werden, entweder in ihrer Heimat oder in der Nightside. Sie hat hier viele Anhänger; Leute, die