Bilder aus der Anderwelt
weiße Freizeithosen und ein offenes rotes He md das den Blick auf seinen Nabel und seine rasierte Brust freig ab und einen lose sitzenden, gemusterten Seidenschal um sein en Hals. Er hatte einen Martini in einer Hand und bot uns die ande re nicht zum Gruß an.
„Wow", staunte ich. „Als Ihnen die Kirche Ihre Robe weggenommen hat, war sie offensichtlich ziemlich gründlich."
Der Kardinal lächelte mich entspannt an. „Die Mutter Ki rche war noch nie mit meinen ... Vorlieben einverstanden. Auch wen n wir für einige der wundervollsten Kunstwerke verantwortlich sind, die die größten Kirchen und Kathedralen schmücken. Sie haben es nur so lange mit mir ausgehalten, weil ich nützlich war und ... diskret. Hat mir im Endeffekt auch nicht viel genutzt, als sie m i r schließlich auf die Schliche kamen und mich anklagten ... es ist ja nicht so, dass ich etwas Wichtiges oder Bedeutsames genommen hätte. Wie auch immer; wenigstens muss ich diese grässlichen Roben nicht mehr tragen. So öde, und unten rum hat es immer schrecklich gezogen."
„Entschuldigung", mischte sich Bettie ein, „aber warum heißt das Geschäft eigentlich Der Rosa Kakadu ? Was hat das mit ... na ja ... all dem hier zu tun?"
Das Lächeln des Kardinals wurde noch breiter. „Es ist ein kleiner Scherz. Es heißt so, weil ich einmal einen Kakadu besaß."
Bettie lachte. Ich warf dem ehemaligen Diener Gottes meinen besten Lassen-Sie-uns-bitte-zum-Punkt-kommen-Blick zu.
„Sind Sie gekommen, um einen Blick auf meine Sammlung zu werfen?", fragte er, während mein Blick an ihm abprallte. Er trank geziert von seinem Martini und spreizte elegant einen Finger ab. „Bitte schön. Tun Sie, was Sie nicht lassen können."
Ich wanderte zwischen den Regalen umher, um nicht unhöflich zu erscheinen und weil ich doch ein wenig neugierig war. Ich hielt Be tt i e eng an meiner Seite und passte auf, dass sie immer einen re spe ktvollen Sicherheitsabstand zu den Ausstellungstücken wahrte. Ich b in mir sicher, dass der Kardinal ein Anhänger der Du-hast-es -ka puttgemacht-du-zahlst-dafür-Philosophie war. Er flanierte ge duldig hinter uns her. Ich erkannte einige Dinge auf den Regalen, man che aber nur, weil ich davon gehört hatte. Der Kardinal hatte sie hilfreicherweise alle mit Etiketten, die penibel beschriftet wa ren , versehen. Es gab ein Evangelium der Maria Magdalena. (Mit Ill ustrationen, und ich ahnte, was für Abbildungen das waren.) Pä pstin Johannas Dienstroben. Der Strick, mit dem Judas sich erhä ngt hatte. Ein halbes Dutzend Leinwände mit den Arbeiten de r großen Meister, die ziemlich pornografische Szenen aus den saftig eren Kapiteln des Alten Testamentes darstellten, auch wenn die moderne Kunstgeschichte nicht das Geringste davon wusste. Wa hrscheinlich private Auftragsarbeiten aristokratischer Mäzene aus den jeweiligen Perioden. Eine satanische Bibel, gebunden in sch warze Ziegenhaut, auf die ein umgedrehtes Kruzifix geprägt war.
„D as hier ist wirklich ein absolutes Sammlerstück", erklärte der Ka rdi n a l , der sich näher an mich heranlehnte, um mir über die Sc hulter zu spähen. „Hat Gilles de Rais gehört, dem alten Unge h euer selbst, bevor er auf die Jungfrau von Orleans traf. Es gibt n u r siebzehn Exemplare in dieser Ziegenhaut."
„Warum siebzehn?", wollte Bettie wissen. „Das ist eine willkürli che Zahl, nicht wahr?"
„G anz meine Rede", stimmte der ehemalige Diener Gottes zu. „Ich habe Nachforschungen angestellt und dabei erfahren, dass ma n nicht mehr als siebzehn Bucheinbände aus einer Ziegenhaut ma chen kann. Ich wundere mich immer, ob es irgendwo ein Ex em plar gibt, an dem noch die flauschigen Ziegenohren baumeln , und ich will gar nicht wissen, woraus die Buchrücken sind. Ah, Mr. Taylor. Ich sehe, Sie haben meine Würfel entdeckt. Auf die bi n i ch besonders stolz. Genau diese Würfel haben die römischen Soldaten benutzt, um die Kleider Christi untereinander aufzute i len, als er am Kreuz hing."
„Haben die irgendwelche ... besonderen Fähigkeiten?", erku n digte ich mich, während ich mich über sie beugte, um sie bes ser betrachten zu können. Es schienen einfache Holzwürfel zu sei n, von denen die Farbe und die Punkte schon vor langer Zeit ab ge blättert waren.
„Nein", sagte der ehemalige Diener Gottes. „Das sind einfa ch nur Würfel. Ihr Wert, und der ist unermesslich, liegt in ihre Geschichte."
„Was ist das da?", fragte Bettie und rümpfte die Nase, während sie einen einzelnen, kleinen,
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