Bilder aus der Anderwelt
sehr alten und offensichtlic h stinknormalen Fisch genau beäugte, der in einen Kunstharzbloc k eingegossen war.
„Ah, das", seufzte der Kardinal. „Das ist das einzige überlebend Exemplar der Fische, die einst Fünftausend sättigten ... Sie glauben gar nicht, wie viel Geld, politischen Einfluss oder sexuell e Gefallen ich von gewissen Extremgourmets angeboten bekomme habe, wenn ich sie nur kosten lasse ... die Banausen!"
„Was hat Sie in die Nightside geführt, Kardinal?", wollte Bett i e wissen und gab ihr Bestes, so unverfänglich, locker und überhaupt nicht wie ein Reporter zu klingen. Den Kardinal konnte sie keine Sekunde hinters Licht führen, doch er lächelte dennoch charman t und sie fuhr eilig fort. „Warum diese Sammlung von christliche n Artefakten? Sind Sie immer noch gläubig, nach alle dem, w as Ihnen die Kirche angetan hat?"
„Selbstverständlich", entgegnete der Kardinal. „Die katholische Kirche ist der Mafia in vielerlei Hinsicht nicht unähnlich - einmal drin, kommt man nie wieder heraus, und was die Nightside betrifft - die ist die Hölle, und der kann ich nicht entrinnen . Ah, die alten Scherze sind doch immer die besten. Ich habe mich selbst zu einem Dasein in diesem Jammertal für die moralisch Unversöhnlichen verdammt, da ich mich der Sünde der Gier un d des Sammelns hingegeben habe. Ich wurde in Versuchung geführ t und bin gefallen. Manchmal fühlt es sich an, als fiele ich imm er no ch ... aber ich habe meine Sammlung, um mich zu trösten." Er trank den letzten Schluck Martini, schmatzte, stellte das Glas so rg fä ltig neben einer Miniaturausgabe des goldenen Kalbes ab un d sah mich fest an. „Warum sind Sie hier? Was wollen Sie? Sie w iss en, ich kann Ihnen nicht vertrauen. Nicht, nachdem Sie für de n Vatikan gearbeitet haben, um den Unheiligen Gral für sie zu fin den."
„Ich habe für eine Einzelperson gearbeitet", sagte ich vorsichtig, nicht den Vatikan selbst."
„Sie haben ihn gefunden, oder?", fragte der Kardinal und sah mic h beinahe wehmütig an. Ich spürte fast, wie seine Sammlerfin ge r zuc kten. „Die düstere Schale ... wie war das damals?"
„Es gibt keine Worte, um das zu beschreiben", antwortete ich. „A b e r sparen Sie sich die Mühe, ihn zu suchen. Er wurde ... ent sc h ärft . Nun ist er nicht mehr als eine unbedeutende Schale."
„ E r ist immer noch Geschichte", meinte der Kardinal.
B e t tie bückte sich, um ein offenes Taschenbuch von einem St uhl zu klauben. „,Sakrileg`? Das lesen Sie wirklich, Kardinal?" „Oh ja ... ich liebe es, herzhaft zu lachen."
„L eg ` das wieder hin", sagte ich. „Wahrscheinlich ist das irgend ein exotischer Fehldruck, und er wird uns zur Kasse bitten, wenn wir das Taschenbuch mit Fingertapsern ruinieren. Kardinal, wir s i nd wegen der Jenseitsaufnahme hier. Ich nehme doch stark an, Si e haben von Pen Donavons DVD gehört?"
„Natürlich. Aber ... ich habe beschlossen, an der Suche danach kei n Interesse zu haben. Ich will sie nicht. Weil ich mich kenne. Es wäre mir nicht genug, die DVD bloß zu besitzen. Ich müsste sie mir ansehen ... und ich denke, ich bin nicht bereit zu wissen, was sich auf der DVD befindet."
„Meinen Sie, es könnte Sie an Ihrem Glauben zweifeln lassen?" fra gt e ich.
„Eventuell ..."
„Sind Sie nicht neugierig?", fragte Bettie.
„Selbstverständlich ... aber es ist eine Sache zu glauben und e ine andere zu wissen. Ich zwinge mich, auf das Beste zu hoffen, aber wenn einem der Heilige Vater ins Gesicht sagt, man sei verdammt, nur weil man das Wesen ist, als das Gott einen erschaffen hat ... Hoffnung ist alles, was mir noch bleibt. Sie ist kein guter Ersatz für Glauben, aber selbst ein schwacher Trost ist besser als gar keiner."
„Ich denke, dass Gott mehr Gnade kennt als das", meinte ich. „Ich glaube nicht, dass sich Gott um solche Nebensächlichkeiten schert."
„Na ja", sagte der Kardinal trocken, „Sie sind ja fast gezwungen, genau das zu glauben, nicht wahr?"
„Falls Sie etwas herausfinden, lassen Sie es mich wissen", bat ich. „Solange sich die Jenseitsaufnahme da draußen befindet und durch die Nightside geistert, werden gewisse Leute versuchen, sie in die Finger zu bekommen, hauptsächlich aus äußerst fragwürdigen Gründen - es besteht sogar die Möglichkeit, dass der Entferner an ihr interessiert ist."
Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Kardinals, und seine spröde Freundlichkeit wurde durch schieres Entsetzen ersetzt. „Er darf nicht hierherkommen! Er
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