Bilder bluten nicht
machen, den Sex-Appeal der Gesamterscheinung und verliehen ihr zugleich etwas Reserviertes.
Ich reichte eins der Fotos Hélène, damit sie ihrerseits draufstarren konnte, obwohl das nicht ihre Welt ist, und sagte, auf Faroux blickend:
„Haben Sie ihre Telefonnummer nicht?“
„Die Telefonnummer, die Zimmernummer, ihren Namen, alles, was Sie wollen“, erwiderte er jovial.
„Und was muß ich tun, hinterher?“
„Mit ihr schlafen“, lachte er.
„Hélène,“ sagte ich augenzwinkernd, „das Tonbandgerät ist doch eingeschaltet, nicht wahr? Es zeichnet die Worte unseres Freundes auf, ja? Großartig. Da sieht man, wozu sie im Alter gezwungen sind, diese Flics. Zu den Diensten eines Zuhälters. Man sollte es nicht für möglich halten, aber jetzt haben wir den Beweis.“
„Schluß mit dem Blödsinn“, unterbrach mich Faroux. „Sie können mit ihr schlafen, wenn Sie wollen... und wenn Sie können. Das wird Ihr Honorar sein... Wissen Sie, wer diese Dame ist?“
„Ich höre.“
„Sie nennt sich Geneviève Levasseur. Freunde nennen sie Jany oder Jenny oder so ähnlich, ich konnte es mir nicht so genau merken. Sie ist Mannequin bei Roldy, Place Vendôme, weil man sich ja irgendwie im Leben beschäftigen muß, aber sie wartet bestimmt nicht auf ihr Geld, um sich davon ihre Brötchen zu kaufen. Erst einmal war sie die Geliebte von Roldy persönlich. Dann die eines Juweliers aus der Rue de la Paix. Drittens trat irgendwann ein Ex-Präsident des Staatsrates in ihr Leben. Sie war auch kurz beim Film. Sie ist bekannt wie ein bunter Hund und hat einen langen Arm. Eine Frau von Welt, wenigstens fehlt nicht viel dazu. Nur, es gibt da einen dunklen Punkt bei ihr, dem wir nicht auf den Grund gehen können, wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihrer Beziehungen, aber es gibt nichtsdestoweniger einen dunklen Punkt. Sie war auch die Geliebte, bis vor kurzem jedenfalls, von...von Larpent. Etienne Larpent.“
„Der Kerl, der heute nacht in den Hallen reif war?“
„Ja.“
„Und der, wenn ich mich nicht irre, nicht Larpent heißt?“ Florimond Faroux runzelte seine dichten Brauen.
„Woher haben Sie das?“
„Sie haben bei dem Namen gezögert.“
„Tja. Dieser Larpent heißt tatsächlich nicht Larpent. Wir haben ihn in der Kartei. 1925 und 1926 wegen Betrug verurteilt. Seitdem hat man nichts mehr von ihm gehört, aber das will nichts heißen. Zu der Zeit nannte er sich Marius Daumas, aber wir nannten ihn Irrlicht. Man meinte, er wäre in einer Ecke, aber er war in einer anderen. Und ich sagte zwar, er heiße Daumas... Er lebte unter diesem Namen, aber das ist doch kein Name aus dem Norden, oder?“
„Er war aus dem Norden?“
„Aus der Gegend da oben. Aus einem Kaff, das ganz besonders unter dem Krieg gelitten hat... dem von 1914... völlig ausradiert... zerstörtes Stadtarchiv.“
„Ziemlich bequem.“
„Ja.“
„Als Irrlicht lebte er weiter vom Diebstahl, hm? Das Radio sagt, daß er den Raffael geklaut hat.“
Faroux machte eine lässige Handbewegung. „Alles Bluff“, sagte er.
„Verbreiten Sie jetzt falsche Nachrichten übers Radio?“
„Nicht die Nachrichten sind falsch, sondern das Bild.“
„Aha! Für einen Staatsdiener haben Sie eine merkwürdige Meinung über die Nationalmuseen, finde ich.“
„Ich rede von dem Bild, das man bei ihm gefunden hat. Wir haben zunächst geglaubt, es handele sich um den fraglichen Raffael, aber der Experte hat uns über unseren Irrtum aufgeklärt. Eine Fälschung, und dazu sogar noch eine ziemlich plumpe, das war’s.“
„Bei ihm gefunden... hm... ja klar...“
Ich erinnerte mich an die Maße des geklauten Meisterwerkes, die am Tage nach dem Diebstahl von der Presse veröffentlicht worden waren. Fünfzig mal fünfundzwanzig Zentimeter. Wenn man den Rahmen abnimmt, kann man es bequem verstecken. Und ich sah wieder die Szene der vergangenen Nacht im Kellergeschoß in der Rue Pierre-Lescot vor mir...
„...Er schleppte es auf der Haut mit sich ’rum, und Ihre Männer hatten es beim Öffnen des Hemdes gerade in dem Moment bemerkt, als wir in den Keller kamen, nicht wahr?“
„Man könnte meinen, Sie haben ein waches Auge.“
„Das wissen Sie doch. Ich bin eben kein Beamter, der sein Gehalt monatlich bekommt. Ich bin Privatdetektiv. Wenn ich kein waches Auge habe, hab ich auch nichts zu essen.“
„Sie werden es trainieren können, Ihr Auge.“
Er nahm wieder eines der Fotos und begann, zögernd mit einem Finger über das Gesicht der
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