Bilder bluten nicht
stört nichts!“ knurrte er „...Oh! Entschuldigen Sie“, fügte er, den Tonfall ändernd, hinzu. „Ich bin ein wenig nervös.“
„Das sind wir alle, mehr oder weniger“, schmeichelte ich. „Das moderne Leben... Aber auf dem Wasser ist es wohl ruhiger...“
„Auf dem Wasser ist es genauso. Alle Schiffe haben jetzt Motoren...“
Er schien der heroischen Zeit der Windjammer nachzutrauern.
„Hm... Möchten Sie etwas trinken, Monsieur? Ich selbst darf keinen Alkohol trinken, aber... Setzen Sie sich doch bitte.“
Ich setzte mich auf ein Plüschsofa.
Der Boden unter meinen Füßen schwankte. Wenn ich nüchtern bin, mag ich dieses Gefühl nicht besonders. Ich hörte gleichzeitig das Plätschern des Wassers, das gegen die Bordwand der Jacht und die Kaimauer schlug, und das Hupen der Autos, das sich mit dem Stadtlärm vermischte.
Ich war noch ziemlich müde von der vorangegangenen Nacht. Die Situation hier kam mir seltsam unwirklich vor.
Pierre Corbigny aber besaß Sinn für die Wirklichkeit. Wenigstens in diesem Augenblick. Er verschob ein Paneel in der holzvertäfelten Wand und gab so den Blick auf ein Fach unterhalb einer Bücherreihe frei, in dem alles stand, was nötig war, um die anspruchsvollsten durstigen Seelen zu befriedigen. Er wählte aus dem Sortiment eine Flasche besten Cognacs aus und schenkte mir ein. Ein guter Jahrgang.
„Hervorragend!“ sagte ich, nachdem ich gekostet hatte. „Ist es mein Angestellter auch?“
Mein Gastgeber blinzelte mich über den Rand seiner goldgefaßten Brille hinweg an:
„Sagt er Ihnen zu?“
„Genau das frage ich Sie. Erledigt er seinen Dienst zu Ihrer vollsten Zufriedenheit?“
„Aber gewiß. Er ist ein sehr lustiger Bursche.“
„Der, wenn es nötig ist, beherzt handelt, glauben Sie mir. Sie haben noch nicht die Gelegenheit gehabt, es zu erproben, nicht wahr?“
„Noch nicht, nein.“
„Ich weiß nicht, ob man es wünschen soll...hm...“
Ich hakte nach, ohne Erfolg.
„Das weiß ich auch nicht... Noch etwas Cognac?“
„Gern.“
Er schenkte nach. Dann betrachtete er mit regem Interesse die Flasche in seiner Hand und holte ein weiteres Glas für sich selbst.
„Ihnen zu Ehren“, sagte er, „werde ich mein Alkoholverbot mißachten. Ein Fingerhut voll von diesem Öl kann nicht gefährlich sein. Wenn ich daran sterbe, wird das Etikett Ihnen den Namen des Schuldigen liefern.“
Er tat einen tüchtigen Schluck und hustete. Das zweite Glas ging leichter runter.
„Ist seine Aufgabe beendet?“ fragte ich.
„Reden Sie von Monsieur Zavatter?“
„Ja.“
„Ganz und gar nicht. Ich lege weiterhin Wert auf ihn. Hat irgendetwas Sie veranlaßt, das Gegenteil anzunehmen, Monsieur Burma?“
„Keineswegs. Ich wollte ganz einfach wissen, ob er Ihnen zusagt und ob wir uns weiterhin um Sie kümmern sollen.“
„Aber gewiß doch.“
„Na schön, großartig.“
In diesem Moment klopfte der Bursche mit der Matrosenmütze an die Kabinentür und kam herein, um irgendwelche Befehle entgegenzunehmen.
Als er sich mit wiegenden Schritten federnd verkrümelte, zuckte Corbigny mit den Schultern und gestattete sich ein dünnes, vertrauliches Grinsen.
„Haben Sie sich jemals Gedanken gemacht, Monsieur Burma,“ brachte er mit Bitterkeit in der Stimme hervor, „über das gekünstelte Verhalten von manchen Leuten?“
Ohne (glücklicherweise) eine Antwort abzuwarten, fügte er hinzu:
„Haben Sie das gesehen?“
„Was denn?“
Sein Blick verdüsterte sich.
„Dieser Blödian von Oberbootsmann. Er und der liebe Gott! Lächerlich! Dabei ist mir nicht nach Lachen zumute, aber manchmal ist es schwer, es sich zu verkneifen. Ich weiß nicht, was ich heute habe, aber das Lächerliche bestimmter Verhaltensweisen erscheint mir offensichtlicher als an anderen Tagen. Der gute Gustave spielt Seemann. In Wirklichkeit wird er schon beim bloßen Anblick einer Flasche mit Kochsalzlösung seekrank...“
Ich lächelte:
„Ich habe über ihn schon ähnliche Überlegungen angestellt“, sagte ich.
„Sehen Sie!... Nun ja... Ich habe kein Recht, mich über ihn lustig zu machen... Denn, was bin ich selbst?...“
Er wurde lebhafter:
„...Ein alter Quatschkopf, ein Tagträumer... So wahr ich hier vor Ihnen stehe, ich wäre gerne Pirat auf den Karibischen Inseln geworden, hätte gerne Kap Horn umsegelt... Ich bin zu spät auf die Welt gekommen... Genau wie der alte Krull aus dem Chant de l’Equipage... Kennen Sie die Geschichte?“
„So ungefähr.“
„Quatsch!“
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