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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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keine krankhaften Neigungen.“
    „Doch. Warum müssen Sie andere Dramen kennenlernen? Genügt Ihnen das nicht, in das Sie verwickelt sind?“
    „Sehr gut“, sagte sie, mit gezwungenem Lächeln. „Diese Lektion habe ich verdient.“
    „Sind Sie mir böse?“
    „Nein. Ich bin eine dumme Gans.“
    „Sie sind bezaubernd. Und ich werde Ihnen Räubergeschichten erzählen, aber ein andermal. Heute würde das zu lange dauern, und es würde nicht mehr genug Zeit für meine Frage bleiben: Kannten Sie Nick Birikos?“
    „Sie sind ein entsetzlicher Mensch.“
    „Entsetzlich oder schrecklich?“
    „Machen Sie sich nur über mich lustig. Nein, ich kannte ihn nicht. Ich weiß, daß er hier wohnte, das ist alles. Ich bin ihm wohl auf dem Flur begegnet, und er hat mich wohl gegrüßt, so wie jeder mich grüßt... Immer weniger übrigens...“ Sie seufzte. „Das ist alles... Und jetzt, Monsieur Burma“, fügte sie in plötzlich spöttischem Tonfall hinzu, „gestatten Sie mir eine Frage? Sie fragen mich, ob ich Birikos kannte, weil er in demselben Hotel wohnte wie ich. Das ist fast so, als fragten Sie einen Einwohner von Rambouillet, ob er den Präsidenten der Republik kennt, oder nicht?“
    „Ist das Ihre Frage?“
    „Nein. Meine Frage ist folgende: Kannten Sie Birikos, und was machte er in Ihrem Büro? Denn schließlich hat man nicht in meinem Schlafzimmer seine...ist er...nicht in meinem Schlafzimmer gestorben, nicht wahr?“
    „Ich kannte Birikos nicht; und ich weiß nicht, warum er bei mir eingebrochen hat. Ich weiß auch nicht, warum er gestorben ist. Aber ich habe allen Grund zu glauben, daß er Ihren Liebhaber kannte.“
    „In diesem Fall kann ich Ihnen überhaupt nicht weiterhelfen!“ erwiderte sie schroff. „Ich habe mich nicht um Etiennes-... Geschäfte gekümmert, und ich wußte nicht, welcher-... Art sie waren. Die Polizei weiß besser darüber Bescheid.“
    „Da sehen Sie, wie Sie sind“, protestierte ich. „Wir sitzen hier gemütlich beieinander, und Sie sprechen von der Polizei. Das ist wirklich unpassend.“
    „Sie haben recht. Sprechen wir von etwas anderem...“
    Ich sah auf die Uhr.
    „Es ist spät.“
    „Auf eine halbe Stunde kommt es doch nicht an. Sie werden mein Auto nehmen. Bis dahin trinken Sie ihr Glas aus...“
    Ich trank es aus, und sie füllte es wieder.
    Da sie gerade stand, legte sie eine Langspielplatte auf den Plattenteller. Eine schmalzige Tanzmelodie, so dünn wie ihr Alibi, zog durch den Raum.
    Sie ging wieder an ihren Platz zurück und kuschelte sich, ihr Glas in der Hand, in den Sessel, wobei ihr Fuß den Takt klopfte.
    „Wie kann ein Mann wie Sie nicht tanzen können?“ sagte sie. „Das will mir nicht in den Kopf.“
    Ich nahm mein Glas und leerte es.
    „Tanzen lernt man mit sechzehn oder siebzehn Jahren“, sagte ich. „In diesem Alter hatte ich andere Kämpfe zu bestehen.“
    Sie streifte ihren linken Schuh ab und fing an, sich den Fuß, dann den Knöchel zu massieren. „Nämlich?“
    „Um offen zu sein, ich habe etwas zu essen aus den Auslagen gestohlen.“
    „Mein Gott! Nestor Burma, der Verteidiger des Gesetzes, stiehlt aus den Auslagen!“
    Sie beugte sich nach hinten und stieß ein lang anhaltendes, kehliges Lachen aus.
    „Ich bin kein Verteidiger des Gesetzes“, sagte ich. „Im allgemeinen sind die Gesetze schlecht gemacht. Ich tu, was ich kann, das ist alles.“
    Sie stand auf und kam, wegen des fehlenden Schuhs, humpelnd zu mir:
    „Sie werden bissig. Trinken Sie etwas. Das wird Sie versöhnlich stimmen.“
    Unsere Finger berührten sich, als ich ihr das Glas aus der Hand nahm. Die Musik zog immer noch durch den Raum.
    „Und jetzt werde ich Ihnen das Tanzen beibringen“, rief sie fröhlich wie ein kleines Mädchen und zog ihren hochhackigen Schuh wieder an. „Man kann doch einer so hübschen Melodie nicht widerstehen.“
    „Ziehen Sie sich besser Stiefel an“, riet ich ihr lachend. „Ich werde Ihnen die Zehen plattreten.“
    „Ich riskier’s.“
    Sie legte ihren Arm um meinen Hals, und wir machten ein paar zögernde Schritte. Nicht berühmt. Der Kopf drehte sich mir. Zusammen mit dem, was ich getrunken hatte, machte mich ihr Parfüm vollends trunken. Ich spürte ihr Herz heftig und unregelmäßig gegen meine Brust schlagen. Ich blieb stehen, umfing mit meinen Armen ihre nackten Schultern und drückte sie an mich, daß sie beinahe erstickte.
    „Monsieur Burma!“ flüsterte sie vorwurfsvoll.
    „Laß den Monsieur weg“, sagte ich mit

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