Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Kerl...“
    „Ich dachte, Sie sehnten seinen Besuch herbei?“
    Seine Augen blitzten böse auf: „Nun, ich sehe das jetzt in einem anderen Licht; aber auf der anderen Seite lasse ich Sie nur ungern meinem Mittelsmann in den Arm fallen. Der ist nämlich noch der letzte Hoffnungsschimmer für mich...“
    „Seit gestern?“
    »Ja.
    „Was für ein Hoffnungsschimmer?“
    „Ich muß warten, scheint es, aber das Geschäft wird gemacht. Der Mittelsmann hat diesbezüglich beruhigende Zusicherungen erhalten. Anscheinend ist Larpents Tod zwar unangenehm, ändert aber nichts an der Situation.“
    „Das überrascht mich nicht.“
    „Ich frage mich, was Sie wohl überraschen kann“, seufzte
    er.
    „Daß Sie sich weigern, mir den Namen Ihres Mittelsmanns zu nennen.“
    Resigniert hob er die Schultern:
    „Miret. Octave Miret. Antiquitätenhändler, Ehren- und Ordenzeichen. Palais-Royal, wie Sie bereits wissen... Galerie Montpensier. Nummer...“
    Er gab sie mir, ohne weiter zu murren. Ich ließ Zavatter auf den Kies an Bord aufpassen und sauste los, um dem Trödler die Zähne zu zeigen.
     
    ***
     
    Das Palais-Royal lag wie üblich trostlos da, provinziell still wie ein Friedhof in der Kälte. Der Garten war geschlossen. Die Dunkelheit erfaßte schon die Bogengänge, auf deren Fliesen meine Absätze widerhallten. Die mächtigen schmiedeeisernen Laternen verbreiteten ein klägliches gelbes Licht. Einige wenige Läden waren erleuchtet. Durch die schmalen Passagen fegte ein eisiger Wind. Ich frage mich, was die Leute in diese Gegend zieht. Wenn ich mir überlege, daß Colette und Cocteau, Schriftsteller, Bürger, die als gebildet und intelligent gelten, dort wohnen und stolz darauf sind! Na ja, jeder nach seinem Geschmack. Ich jedenfalls würde mich umbringen, wenn ich dort wohnen müßte. Das macht melancholisch. Und sogar die Erinnerungen, die man in dem Viertel heraufbeschwören kann, sind nicht sehr lustig. Zunächst einmal, weil es Erinnerungen sind. Dann, weil es merkwürdige Erinnerungen sind. Spieler. Prostituierte. Da kommt Monsieur Lacenaire aus dem Spielcasino, wo ihn der Neffe von Benjamin Constant des Betruges überführt hat. In der Tasche seines Gehrocks umklammert er das schwungvolle Kruzifix, mit dem er den jungen Mann niederschlagen, und die Feile, mit der er den schamlosen Körper von Tante Madeleine in der Lasterhöhle Cheval-Rouge durchbohren wird. Nach solchen Überlegungen vergeht mir die Lust. Das Beste an diesem Palais-Royal sind noch die blutigen, wollüstigen, schäbigen Erinnerungen, die damit verknüpft sind.
    Nun gut. Damit hatte ich aber noch nicht den Laden von Monsieur Octave Miret gefunden. Schließlich sah ich ihn. Er war nicht beleuchtet, weshalb ich um ein Haar an ihm vorübergegangen wäre, ohne ihn zu bemerken. Im Schaufenster prangten in dichten Reihen Medaillen, Orden, Lametta, Sterne usw. Man konnte den nächsten Krieg getrost verlieren. Hier lag genug, um alle Generäle zu dekorieren. War der Zivilist hier, oder mußte ich wiederkommen? Die Klinke steckte in der Tür. Ich drückte sie runter und betrat den Laden. Ein leises Glockenspiel wurde ausgelöst. Das plötzliche Licht blendete mich. Vor mir tauchte ein Mann aus dem Hinterzimmer auf, vor dessen Vorhang eine Rüstung Wache stand. Der Mann war ziemlich groß, hatte grobe Gesichtszüge, weißgepuderte Haare, das übliche Aussehen eines alten Beau. Bei dieser Angelegenheit traf man nicht viele junge Leute, angefangen bei dem Bild von Raffael.
    „Monsieur Miret?“ fragte ich.
    „Der bin ich.“
    „Sacha Guitry sagt das besser.“
    „Was?“
    „Nichts. Mein Name ist Nestor Burma.“
    „Angenehm.“
    „Vielleicht nicht so sehr, aber das macht nichts. Sind Sie alleine?“
    „Ja.“
    „Erwarten Sie Kunden?“
    „Monsieur! Was soll das heißen?“
    „Wenn Sie auf Kunden warten, werden die eben warten müssen. Ich möchte in Ruhe mit Ihnen sprechen. Fünf Minuten. Nicht länger.“
    Ich ging zur Tür, zog schnell die Klinke raus und ließ einen dicken Stoffvorhang hinter der Schaufensterscheibe runter. So würde man uns von außen nicht Zusehen können bei unserer netten Plauderei... mit dem Revolver in der Hand.
    „Cher Monsieur,“ begann ich, „Sie sitzen in der Falle wie eine Ratte. Sie werden Ihren ganzen Blechkram wegschmeißen und verschwinden müssen. Es sei denn, Sie nehmen Vernunft an. Zur Sache. Bringt das was ein, dieser Handel mit den glorreichen Symbolen?“
    „Geht Sie das was an?“
    „Das bringt Ihnen

Weitere Kostenlose Bücher