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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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einen Pinsel. Paß auf, daß du dich nicht selbst damit umbringst!“
    „Schnauze“, wiederholte er.
    „Messieurs, Messieurs“, japste Miret.
    Sein glattrasiertes rosiges Gesicht, das Gesicht eines alternden Beau, verfärbte sich grau. Die Gesellschaft der alten Bilder machte sich bemerkbar. „Schnauze“, sagte Chassard, jetzt zu ihm.
    „Entscheide dich schnell, Kollege“, sagte ich. „Willst du mich kaltmachen?“
    Unmerklich hatte ich mich, so gut es das Gerümpel zuließ, an der Wand entlang auf eine Ecke zubewegt, wo es mir mühelos gelingen würde, einen Gegenstand zu angeln und ihn dem Burschen vor die Rübe zu werfen. Dieser Trottel kam mir nicht auf die Schliche. Die Kanone in seiner Hand beeindruckte ihn wohl sehr. Sie verhinderte ihn, sozusagen. Das ist genau das richtige Wort dafür.
    „Und warum sollte ich dich nicht kaltmachen?“ zischte er. „Du wärst nicht der erste.“
    „Bluff. Gib mir die Sektionsnummer des Friedhofs, auf dem sich sein Grab befindet. Oder sind’s mehrere? Sonst glaube ich dir nicht.“
    Ich hatte noch ein paar Zentimeter gewonnen. Jetzt rührte ich mich nicht mehr.
    „Der Kerl, den ich umgelegt habe, ist noch nicht unter der Erde. Er liegt im Leichenschauhaus. Das war dieser gemeine Hund, dieser dreckige Hurensohn Nickie Birikos.“
    „Oh! Scheiße!“ sagte ich.
    „Nein! Nein!“ brüllte Octave Miret.
    Nein, nein, Monsieur Miret? Und warum nicht? Aber ja doch, ja, im Gegenteil. Es ist jemand hinter mir, nicht wahr? Ich spüre, daß er da ist, aber zu spät. Man darf nicht schreien, nicht den Kopf verlieren. Davon wird Chassard noch einen Herzanfall kriegen. Begreifen Sie ein für allemal: wenn hinter Burma jemand steht, dann gibt es immer auch einen gezielten Schlag mit dem Knüppel, dem Hackenstiel, dem Bügeleisen oder einem anderen stumpfen Gerät für Nestors Köpfchen. Alle, die sich für Kriminalromane interessieren, werden Ihnen das bestätigen. Also, lassen Sie es geschehen. Ich bin es gewohnt, die Hucke vollzukriegen. Heute krieg ich auch noch eins auf die Nase. Das ist eine Zugabe. Gute Nacht, Chassard. Gute Nacht, Miret. Gute Nacht, gute Nacht...
     

14
    Schnaps für Raffael
     
    Schwarze Nacht, völlig schwarz. Dabei hatte ich Rot gesehen, aber jetzt segelte ich durchs Schwarze. Wellen von Schmerz gingen von meinem Hals aus, rutschten die Wirbelsäule wie auf einem Treppengeländer runter. In der Lendengegend angekommen, verteilten sie sich auf beide Beine. Großer Gott, wie dunkel! ’Öffne die Augen’, sagte ich mir. Das war eine Idee. Eine gute Idee. Eine richtige Idee à la Nestor Burma. Eine von den Ideen, die nicht jedem kommen. Ich öffnete die Augen. Mit Mühe. Sah Schwarz. Nicht ganz Schwarz. Und in diesem nicht ganz schwarzen Schwarz leuchtete ein Glühwürmchen. Ich selbst mußte ebenfalls schwarz sein. Ich war verraten und verkauft. Mir war nicht heiß. Der Kopf glühte mir, aber nicht die Füße. Ich beobachtete das Glühwürmchen, versuchte, es zu fangen. Ich war mit einem Haufen Plunder bedeckt, der bei meinen Bewegungen klirrend hinunterfiel. Plötzlich schwebte das Glühwürmchen vor meiner Nase. Es war meine Uhr. Sieben Uhr. Morgens oder abends? Eher abends. Ich kniete mich hin und pfefferte noch ein paar Konservenbüchsen in die Ecke. Vielleicht waren das gar keine Konservenbüchsen. Es gelang mir, mich hinzustellen. Und rund ging das Pferdekarussell; Nägel piekten mir in den Holzkopf, als würde ein Sarg zugenagelt. Etwas mehr Licht, bitte! Die Agentur Fiat Lux wäre sehr zu Dank verpflichtet. Ich suchte den Schalter, fand ihn, nachdem ich noch mehr Krimskrams umgeschmissen hatte, und drehte ihn. Schnell nahm ich meinen Hut, der nicht weit weg von mir lag, und schützte damit meine Augen. Dann sah ich meine Füße. Meinen Füßen ging es sehr gut. Sie könnten mir vielleicht dabei helfen, mich aus dem Staub zu machen? Der Fußboden war übersät mit Medaillen, Orden und ’ner Menge Krimskrams. Kriegsverdienstkreuz, Kreuz der Ehrenlegion, Kreuz hierfür, Kreuz dafür. War alles während einer verfluchten Prügelei durcheinandergepurzelt. Holzkreuz. Kein Holzkreuz? Schade. Zwei Holzkreuze, zwei. Ich stieg über Miret hinweg, dann über Chassard, schaute nach, ob es eine Küche oder so ’was Ähnliches gab in diesem Herrgottswinkel. Ich fand zwar keine Küche, aber in einer Ecke fand ich etwas Schnaps. Ich gurgelte damit, und es ging mir schon besser. Ich trank den Rest, und es ging mir wieder sehr gut. Fast. Ich ging in das

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