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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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meinen, hm? Man trifft nicht immer auf Schlappschwänze wie mich, hm? Wo hat man Ihnen diese Tracht Prügel verabreicht, Monsieur Herkules?“
    Ich nahm alle meine Kraft zusammen und versetzte ihm einen Faustschlag. Da er nicht darauf gefaßt gewesen war, kriegte er eins mitten auf die Nase. Er blutete.
    „Scheiße!“ sagte er.
    „Schnauze, Arschloch.“
    So verteufelt vornehm, wie ich im Moment aussah, mußte ich keine Reden halten.
    „Ruf die Flics oder Hélène Chatelain.“
    „Sie ist nicht da.“
    „Ihren Schlüssel.“
    „Hier.“
    Er reichte einen Schlüssel, aber nicht mir. Jemandem, der soeben hereingekommen war. Jemandem, in dessen Arme ich sanft sank.
    „Hélène“, sagte ich.
    „Ja, ich bin’s Chef.“
    „In Ihr Zimmer.“
    „Ja.“
    Ich schloß die Augen. Ich hörte, wie sie zu Albert sagte: „Helfen Sie mir, Sie altes Rindvieh.“
    Die vornehme Art. Sehr ansteckend. Bricht unter dramatischen Umständen immer wieder hervor.
     
    ***
     
    „Geht’s besser?“ fragte Hélène über mir.
    Ja. Sie sind ein tolles Mädchen, Hélène.“
    „Ich bin eine recht gute Krankenschwester. Diesmal sind Sie aber anständig vermöbelt worden.“
    „Nicht mehr als sonst. Der übliche Satz. Aber ich hatte mich noch von der letzten Vorstellung kaum erholt.“
    „Bestimmt. Wie ist das passiert?“
    „Erzähl ich Ihnen später.“
    „Jaja. Ruhen Sie sich aus.“
    Sie setzte sich auf einen Stuhl und nahm ein Buch. Ich betrachtete die Decke, dann die Wände, den blöden Druck, der dort hing, den Spiegel über dem Kamin.
    „Wieder mal Schwein gehabt, daß Sie dieses Zimmer behalten haben“, sagte ich nach einer Weile.
    Sie lächelte: „Wahrscheinlich kriminalistische Intuition.“
    „Es ist hübsch. Na ja, nicht schlecht, für ein Hotelzimmer. Man spürt Ihre Gegenwart.“
    „Ruhen Sie sich jetzt aus.“
    „Komisch. Mir ist so, als hätte ich es schon mal gesehen.“
    „Alle Hotelzimmer gleichen sich.“
    „Trotzdem, ich...“
    „Chef, bitte! Ihr Kopf braucht Ruhe. Lassen Sie ihn nicht arbeiten.“
    „Das ist für mich kein Arbeiten.“
    „Für mich auch nicht. Ich hab dafür ein unanständiges Wort, aber ich sag es nicht.“
    „Herrgott nochmal!“ rief ich. „Ich kenne dieses Zimmer.“
    „Sie haben sicher eine von Ihren Miezen hierhergeschleppt.“
    „Für meine Eskapaden wähle ich Hotels einer höheren Kategorie.“
    „Das Transocéan zum Beispiel.“
    „Hélène! Meine liebe Hélène.“
    „Entschuldigen Sie“, murmelte sie.
    Ich fing an zu lachen:
    „Ich bin ein Idiot. Hab glatt vergessen, daß ich im Hotel in der Rue de Valois bin, dem Hotel, in dem Lheureux abstieg. Jaja, ich kenne dieses Zimmer, das hat Lheureux bewohnt. Nachdem er ausgezogen war, war es das einzig freie, und Sie haben es bekommen. Nicht gerade schwierig. Und deshalb zerbrech ich mir den Kopf!“
    „A propos Lheureux..begann Hélène.
    Ja?“
    „Äh... Reboul hat angerufen.“
    „Und?“
    „Immer noch das gleiche.“
    „Sehr gut, sehr gut. Der verdammte Lheureux..
    Ich schloß die Augen und lullte mich mit meinen eigenen Worten ein:
    „...Er hatte Geld bei sich. Viel Geld. Sie können Albert fragen, den Blödmann unten. Er hat Lheureux Geld geklaut. Zwei Brieftaschen hatte der, Lheureux. Eine bei sich. Eine im Koffer. Der Koffer ist aufgegangen. Brieftasche, Unterhosen...“
    „Ruhen Sie sich aus. Sie phantasieren.“
    Ich hielt die Klappe, dann fing ich leise wieder an:
    „...Der Koffer ist aufgegangen. Der Inhalt ist rausgeflogen. Brieftasche, Unterhosen, Hemden, Socken, Taschentücher... Die Flics haben den Koffer mitgenommen. Haben ihn wohl nochmal geöffnet. Flics sind Schnüffler. Geld, viel Geld, Unterhosen, Socken... Hélène! „
    Ja.“
    „Es klappt nicht.“
    „Mit dem Kopf?“
    „Mit meinen Gedanken. Trotzdem, ich spüre, daß es klappen wird. Er ist zäh. Das ist kein Typ, der...“
    „Ruhen Sie sich aus. Ich werde Ihnen eine Beruhigungstablette geben.“
    „Keine Tablette. Er trank Schnaps, hat mir keinen angeboten. Ich fall ihm auf den Wecker... Er stand da, vor dem Spiegel...“
    Ich betrachtete den Spiegel.
     
    Lheureux trat aus dem Spiegel und fing an, seinen Koffer zu packen, der geöffnet auf dem Bett lag. Er trug ein tadelloses dunkles Jackett und die gestreifte Hose eines Abteilungsleiters. Sein Hut schützte seine Augen vor der immerhin nicht sehr grellen Helligkeit der Glühbirne an der Decke. Der Duft einer Havanna hing im Raum. Zwischen den Lippen hatte er noch den

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