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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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im Zimmer.
    „Haut man ab?“ begann ich. „Fährt man nach Hause?“
    „Wie Se seh’n“, gab er mit einer weitausholenden Bewegung zurück, wobei er das ie auf e verkürzte.
    „Emilie wird sich freuen.“
    „Hmjaa…“
    Er packte die Kleidungsstücke in den Koffer.
    „Sie haben ein komisches Spiel mit mir gespielt, eben.“
    Er lachte leise.
    „Das macht nichts“, fuhr ich großzügig fort. „Ich werde alles auf die Rechnung Ihrer Frau schlagen.“
    „Gewiß doch!“ brummte er.
    Dann fing er wieder an zu lachen. Ich gähnte und beendete das Gespräch:
    „Also, salut, Lheureux. Ich werde bezahlt, damit ich Sie in den Zug setze. Ich werde Ihre Abreise nicht verzögern.“
    „Salut“, erwiderte er.
    Er drehte mir den Rücken zu und goß sich Schnaps ins Glas, ohne mir etwas anzubieten.
    Ich ging hinunter, die Zähne auf dem Mundstück meiner Pfeife zusammengebissen, wodurch mein Brummschädel nicht besser wurde. Ich fühlte mich nicht müde, aber ich hatte einen dicken Kopf. Als ich draußen war, rannte ich wie eine Gazelle, wobei ich mehrere Male fast auf die Nase fiel mit meinen Schuhsohlen, die auf dem schmierigen Pflaster ausrutschten. Endlich gelangte ich zu dem Lieferwagen, den ich eben gesehen hatte, den ohne Tür, den, der nichts mehr von Dieben zu fürchten hatte. Wie man sich manchmal irren kann! Laut Aufschrift gehörte er einem gewissen L.B. Obst und Gemüse, Châtillon-sous-Bagneux, Seine. Der Bursche würde mir einen Dienst erweisen, ohne es zu wollen. Die in einen Parkplatz umgewandelte Straße war immer noch wie ausgestorben. Ich kletterte ans Steuer und versuchte, das Auto aus der Reihe hinauszufahren. Es sah mitgenommen aus, aber der Motor sprang gut an. Hinter mir blieb alles ruhig. Niemand rief „Haltet den Dieb!“ Ich fuhr zur Rue de Valois und schickte ein kurzes Gebet zum Teufel. Ich hielt in einiger Entfernung vom Hotel, ohne den Motor abzustellen, mit dem Kühler zur Place du Palais-Royal. Fast sofort sah ich Lheureux herauskommen, seinen Koffer in der Hand, den Kopf eingezogen, um sich vor dem Nieselregen zu schützen.
    Höchste Zeit also. Um ein paar Sekunden hätte ich ihn verpaßt. Ich gab Gas. Mit einem plötzlichen Ruck, der seine altersschwache Karosserie aufstöhnen ließ, raste der Lieferwagen los. Bei dem Geräusch drehte sich Lheureux alarmbereit um. Er hatte keine Zeit auszuweichen. Ich richtete die Scheinwerfer auf ihn. Sie warfen seinen riesigen Schatten auf die dunkle, feuchte Mauer.
    „Großer Gott!“ murmelte ich. „Bring ihn nicht um.“
    Es fehlte nicht viel. Mit zusammengekniffenen Arschbacken, die von den Pfirsichkernen auf der gepolsterten Sitzbank wundgeschüttelt wurden (Obst und Gemüse!), die Hände krampfhaft am Lenkrad, hatte ich das Gefühl, daß das schmierige Pflaster den Rest dazutun würde. Der Lieferwagen fuhr auf den Gehsteig und mähte meinen Lheureux wie einen Kegel um. Der knallte auf den Kotflügel, wobei sein Koffer, dessen Inhalt durch die Luft flog, über die Kühlhaube tanzte. Ich setzte zurück, so als hätte er mich zurückgestoßen. Am ganzen Körper zitternd, blieb er im Rinnstein liegen. Ich machte mich aus dem Staub. Trat aufs Gaspedal, wich in der Kurve an der Place de Valois so eben einem Kabriolett aus, das aus dem Boden gewachsen schien, und versuchte, schnellstens von diesem ungesunden Ort zu verduften, wie ein versierter Straßenrabauke, der diesen Sport seit seiner Kindheit ausübt.
    In der Rue du Louvre ließ ich die Karre vor der Zentralverwaltung der Steuerbehörde stehen. Vielleicht konnte ich damit einen dieser Herren kompromittieren. Dann tauchte ich wieder in der gefräßigen Menge unter und betrat die Bar in der Rue Pirouette, um ein Heilmittel einzunehmen. Ich hatte das Gefühl, daß ich selbst seltsame Pirouetten drehte...
    Als ich meinen kühlen Kopf wiedergewonnen hatte, wartete ich noch ein wenig, dann rief ich aus der Telefonzelle des Bistros im Hotel in der Rue de Valois an. Jetzt war der Nachtportier so wach wie ein Sack Flöhe.
    „Ich bin’s wieder“, entschuldigte ich mich. „Nestor Burma. Ich möchte gerne mit Monsieur Lheureux sprechen, falls er noch da ist.“
    „Er ist im Krankenhaus“, antwortete der andere. „Solche Gäste leben nicht gerade ruhig.“
    Ich tat überrascht.
    „Im Kranken... Was erzählen Sie mir da?“
    „Ein Auto hat ihn angefahren, gerade als er von hier wegging. Bestimmt ein Betrunkener. Hören Sie, M’sieur (er wurde vertraulich): das ist doch unerhört! Nachts

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