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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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neben großer Korrektheit doch oft sehr die Farben und Töne der verschiedensten Dichter des Altertums und der Neuzeit, die er emsig las und vielfach kritisierte, an sich. Es war ein kindlicher Mensch, voll Herzensgüte und Naivetät. Er lebte immer in seiner Gedankenwelt, so daß es ihm oft geschehen konnte, an den einen Fuß einen Stiefel, an den andern einen Schuh anzuziehen. Sein häufigster Umgang war der Freund Schillers, Herr von
Hoven,
der auch mit ihm die gleichen politischen Gesinnungen hegte.
    Dieser erzählt von ihm in seiner Lebensgeschichte eine Anekdote, die ihn sehr charakterisiert: »Als
Conz
als Diakonus nach Ludwigsburg kam, hatte er nur ein einziges Kind, einen Knaben von fünf Jahren. Diesen Knaben zu einem vollkommen vorurteilslosen Menschen zu erziehen, war sein Hauptaugenmerk, und seine größte Sorge war, daß ihm über keinen Gegenstand falsche Begriffe beigebracht werden sollten, und besonders sollte er nie von dem Teufel etwas hören. Ich sagte ihm, daß dies unmöglich sei, und was insbesondere den Teufel betreffe, so dürfe er den Knaben nie aus dem Hause lassen, weil es täglich geschehen könnte, daß er auf der Straße den einen zu dem andern sagen höre: der Teufel solle ihn holen.
Conz
beharrte auf seinem Grundsatz, und als wir eines Tages wieder über dieses Thema sprachen, sprang der Knabe in das Zimmer und rief: Vater, ich habe den Teufel gesehen! Was? wo? rief ihm der Vater entgegen. In einem Buche, erwiderte der Knabe; aber der hat Hörner, größer als ein Bock, und einen Schwanz, länger als eine Kuh! Der Vater war so erstaunt, als ob der Knabe den Teufel leibhaftig gesehen hätte; ich konnte das Lachen nicht halten und sagte: Da sehen Sie, Freund, was das Hüten und Bewahren hilft, jetzt hat Ihr
Eduard
den wahren Begriff von dem Teufel.«
    Conz
war nur in seiner literarischen Welt zu Hause, in der gemeinen war er ein Fremdling, und weil er glaubte, alle Menschen seien so gut und kindlich, wie er, so verging selten ein Tag, wo er sich nicht in der guten Meinung von den Menschen betrogen sah. In religiöser Hinsicht schien damals
Conz
nur den Glauben seiner römischen und griechischen Klassiker zu haben und in ihm erst im späteren Leben das christliche Bewußtsein zu erwachen. Da sah man ihn, statt wie früher mit
Ovids
Verwandlungen oder dem Anakreon in der Hand, nur mit dem griechischen neuen Testament in seinem Garten gehen.
     
Die Zeit meiner Konfirmation
     
    Auch in mir war der christliche Glaube leider nicht stark geworden, und die kurze Antwort auf die kurze einzige, auf mich zufällig gefallene, Frage in der Kirche bei der feierlichen Konfirmationshandlung:
    »Welches Glaubens bist du?« Antwort: »Ich bin ein Christ!« strafte mich Lügen; denn ich war noch gar kein Christ. Dennoch war ich nicht ohne Glauben. Ich glaubte an keine Vernichtung nach dem Tode, sondern an eine pythagoreische Seelenwanderung, die sich mir auch auf die Tiere, da ich sie so sehr liebte, erstreckte. Meine Beobachtung der Verwandlung der Insekten und das Lesen der Schriften dieser alten Philosophen brachte mich darauf.
    Die größte Angelegenheit aber war mir, daß ich zur Konfirmationshandlung einen Frack anziehen sollte. Ich hatte in meinem Leben bisher noch nie einen Frack getragen, und ich tat es auch jetzt durchaus nicht, obgleich meine Mutter, um mich zu zwingen, ihren Kriegsvogt, meinen Oheim, den Landschaftskonsulenten
Kerner,
zu Hülfe zog. Es fruchtete nichts, ich kam zu dem feierlichen Akte in einem Überrock, zum Erstaunen der Stadt Ludwigsburg, in die Kirche.
    Zum Glücke war der orthodoxe Spezial
Zilling
gestorben; denn dieser hätte mich ohne Frack und schwarzes Mäntelchen nicht konfirmiert.
    Nun kam bald zur Sprache, was aus mir zu machen sei. Meine Mutter hatte sich ihres kleiner gewordenen Vermögens wegen sehr einzuschränken, schon drei der Brüder hatten den Eltern durch höheres Studium große Kosten verursacht; da kam der Pfleger meiner Mutter, (der Amtsschreiber
Heuglin)
in aller Liebe auf den sinnigen Einfall, man solle einen Konditor aus mir machen, dieses Geschäft sei sehr profitabel, und da ich zeichnen und malen und auch Reime machen könne, so würde ich mich bald in Verfertigung und Erfindung von Bonbons und Zuckerfigürchen auszeichnen, welche der Konditor
Bechtlin,
so gut er für mich als Lehrer wäre, wegen seiner theosophischen Grübeleien bisher sehr vernachlässigt habe.
    Dies sprach er meiner guten Mutter so lange vor, bis sie auch in mich drang, ich

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