Billigflieger
Mauer direkt beim Castell de Bellver, das aus dem 14. Jahrhundert stammt und hoch über der Stadt thront.
Von der Burgmauer aus bietet sich uns ein grandioser Ausblick auf die abendliche Stadt: Direkt unterhalb liegt der Hafen, in dem ein paar Kreuzfahrtschiffe festgemacht haben, die von tausend bunten Lampions beleuchtet werden. Daneben glitzert das Straßengewirr der Stadt, in der selbst um diese Zeit noch viel Verkehr tobt. Und am Horizont erstreckt sich das funkelnde Band der Bucht von Palma, angefangen von Can Pastilla bis hinüber nach Arenal, wo gerade eine neue Nacht mit neuen Abenteuern, neuen Saufgelagen und neuen Begegnungen zwischen willigen Männern und willigen Frauen beginnt.
Wenigstens waren die zurückliegenden Stunden in anderer Hinsicht erfolgreich. Wir kennen uns inzwischen nämlich hervorragend aus in Palma. Und das ist doch auch schon mal was.
Nachdem wir die Uferpromenade bis zum Ende entlanggelaufen sind, haben wir das Stadtviertel El Terreno erkundet. War gar nicht übel. Alte Häuser, kleine Sträßchen, Kneipen in blumenüberwucherten Hinterhöfen und dazu tolle Frauen aus Skandinavien. Was will man mehr?
Außerdem haben wir auf der Avinguda Joan Miró ein asiatisches Restaurant mit einem Selbstbedienungsbüfett entdeckt, das etwa eine Stunde, nachdem wir es betreten haben, die Tür geschlossen und keine weiteren Gäste mehr hereingelassen hat.
Lag an Hacki. All you can eat nahm er ganz wörtlich: Friss, was du kannst. Selbst wenn du nicht mehr kannst.
»Ich mag dieses Gedränge am Büfett eigentlich nicht«, hatte er zwischendurch schmatzend erklärt, war aufgestanden und hatte sich seinen Teller zum dreiundzwanzigsten Mal vollgeladen. Wir sahen ihm ungläubig zu, genauso wie das versammelte Personal des Ladens, das allerdings Tränen in den Augen hatte.
Anschließend waren wir hoch zur Burg spaziert. Der Weg dorthin führt durch einen Park, in dem offenbar sämtliche Hundebesitzer von Palma ihre Vierbeiner ausführen, was daran liegt, dass es die einzige nennenswerte Grünanlage in Palma ist.
Und hier sitzen wir nun und fragen uns, wie es weitergehen soll. Das heißt, ich frage mich das eigentlich nicht. Weil es meiner Meinung nach gar nicht weitergehen kann.
»Es war halt ein Glücksspiel - und wir haben verloren. Katie ist nicht wieder aufgetaucht. Aber das ist nicht weiter schlimm«, sage ich versöhnlich.
»Wieso?«, fragt Hacki verblüfft.
»Weil mein Leben dadurch entschieden unkomplizierter wird.«
»Das meinte ich nicht, Jo. Wieso glaubst du, dass wir verloren haben? Du glaubst doch nicht etwa, dass wir jetzt aufgeben?«
»Wie bitte?«
»Na, hör mal. Jetzt geht’s doch erst richtig los.«
»Und was genau bedeutet das?«, hake ich misstrauisch nach.
»Ganz einfach. Wir suchen dort weiter, wo Katie sich jetzt gerade höchstwahrscheinlich aufhält.«
»Und wo, bitte schön, soll das sein?«
»Das ist doch logisch. In einer Diskothek. Wie könnte sich schließlich eine Frau, die gerade mit ihrem Freund Schluss gemacht hat, sonst noch ihre Zeit vertreiben?«
»Das hast du doch schon gesagt. Sie geht shoppen.«
»Aber doch nicht abends, du Einfaltspinsel. Da richtet sie sich schick her, geht in einen Club, lernt einen Typen kennen und verbringt mit ihm die Nacht. Danach fühlt sie sich zwar auch nicht besser, aber immerhin hat sie dann das Gefühl, es ihrem Exfreund heimgezahlt zu haben.«
»Klingt einleuchtend.«
»Klar, musst nur mich fragen. Ich kenne mich aus mit Frauen.«
»Darum kriegst du auch nie eine ab«, hätte ich jetzt am liebsten gesagt. Tue ich aber natürlich nicht. Hacki ist ein Freund von mir. Warum sollte ich also an seinem Stolz kratzen?
»Und was schlägst du vor?«, erkundige ich mich.
»Ganz einfach. Wir machen dasselbe wie sie. Wir gehen in die Disco. Und nach dem, wie du mir Katie beschrieben hast, habe ich auch schon eine Idee, in welchem Laden wir sie suchen sollten.«
18. Arenal-Affen
Das Trolli’s ist so etwas wie die exklusivste Adresse in Palma, wenn man tanzen gehen möchte. Ein Ort, an dem sich Typen amüsieren, denen die Eine-Million-Euro-Jachten gehören, die auf der anderen Seite der Straße im Hafen liegen und dort von ihren Angestellten bewacht werden. Es ist ein Laden, in dem die Mädchen knappsitzende Kleider von Dior und prallgefüllte Brüste von ihrem Schönheitschirurgen tragen. Die Typen lassen ihre Rolex-Uhren aufblitzen, wenn sie bei den livrierten Kellnern einen neuen Gin Tonic oder eine Flasche Schampus
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