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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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wir lieber von hier verschwinden. Und zwar schnell«, sagt Benni, der in diesem Moment zu uns stößt, mit den beiden Airbag-Mädchen im Arm.
    »Zumal der Laden ohnehin kein Hit ist«, füge ich hinzu.
    Die Muskeltypen rücken noch näher. Jeder von ihnen sieht aus, als könnte er es locker mit Mike Tyson aufnehmen.
    Unser eigentliches Problem heißt allerdings Schröder. Der sitzt vollkommen gelassen auf seinem Barhocker und schlürft seelenruhig seinen Champagner. So als wenn alles in bester Ordnung wäre.
    Mich befällt eine unheilvolle Ahnung. Schließlich kenne ich Schröder nicht erst seit gestern. »Trink aus, Alter. Wir sollten jetzt wirklich schleunigst verschwinden.«
    Wie befürchtet überhört er meine Worte einfach. »Ich kann schon verstehen, warum die Reichen so von Champagner schwärmen. Schmeckt einfach besser als Spumante. Trocken, feinperlig, edel. Könnte ich öfter haben.«
    »Schröder! Wenn wir nicht sofort das Weite suchen, haben wir gar nichts öfter. Außer ein paar gebrochenen Knochen. Lass uns endlich gehen.«
    Auch Hackis Worte bleiben ohne die geringste Wirkung. Schröder schüttelt lächelnd den Kopf. »Ich gehe nirgendwohin. Ich habe diesen Champagner bezahlt. Und ich werde ihn trinken. Und zwar in aller Ruhe.«
    »Dann mach wenigstens einen Schampus-to-go draus«, schlägt Benni vor.
    Dem schließe ich mich an: »Gute Idee. Wir nehmen die Pulle einfach mit und setzen uns draußen an den Hafen. Ist ohnehin viel schöner da.«
    »Falls du es nicht bemerkt hast, Schröder. Die Typen da sehen nicht so aus, als wollten sie mit uns Karten spielen oder sich gar unterhalten …«, sagt Hacki.
    »Habe ich bemerkt«, meint Schröder nur. Dann räkelt er sich erneut und lässt seinerseits die Knöchel knacken. Uns ist klar, was er damit meint.
    Ich hätte es ahnen können. Schröder ist eigentlich ein herzensguter Mensch, der keiner Fliege etwas zuleide tut. Aber es gibt Dinge, die er nicht mag. Und Ungerechtigkeit gehört dazu. Das hat durchaus Tradition bei ihm, schließlich stammt er aus einer alten Bergarbeiterfamilie im Ruhrgebiet, die seit über hundert Jahren für die Rechte des kleinen Mannes kämpft (weswegen sie jüngst allesamt aus der SPD ausgetreten sind). Und in diesem Falle sieht Schröder sich selbst als kleinen Mann.
    Jetzt ist es ohnehin zu spät. Der Anführer der Meute - der Türsteher von vorhin - tritt auf uns zu, während seine Freunde uns gekonnt von den übrigen Gästen abschirmen.
    »Jungs, ich schlage vor, ihr verlasst jetzt sofort das Lokal. Und zwar so schnell, leise und unauffällig, wie ihr überhaupt könnt.«
    Um den Worten ihres Sprechers Nachdruck zu verleihen, spüren wir alle vier, wie uns Hände von der Größe eines Mülleimerdeckels am Genick packen und uns spüren lassen, was Kraft ist.
    Schröder zuckt nur mit den Schultern und wendet sich lächelnd an den Rausschmeißertrupp. »Sagt mal, Jungs, findet ihr das wirklich cool, in einer Disco Sonnenbrillen zu tragen?«
    Ich mag Schlägereien nicht. Aber Beleidigungen mag ich erst recht nicht. Und das sehen Hacki und Benni genauso. Und Schröder sowieso.
    Was dann passiert, tut mir von Herzen weh. Weil ich zum Beispiel den Champagner lieber getrunken hätte, als dabei zuzusehen, wie Hacki die Flasche nimmt und dem Typen, der ihn gepackt hat, über den Schädel zieht. Oder den Barhocker, auf dem ich gerade noch gesessen habe. Der würde sich gut in unserer Wohnung machen. Jedenfalls viel besser als in dem Spiegel hinter dem Tresen, wo er gleich noch eine ganze Batterie teurer Cocktailflaschen in Scherben verwandelt.
    Oder der Typ, dem Benni mit einem gezielten Fausthieb zeigt, dass seine Bauchmuskeln doch nicht so beeindruckend sind - mit dem hätte ich viel lieber in aller Freundschaft ein Bier getrunken. Genauso wie mit seinen beiden Kollegen, denen ich mal eben beweisen muss, dass Karate, Kung-Fu und der ganze andere Mist nichts taugen, jedenfalls nicht gegen einen durchtrainierten Handballer wie mich. Ich bin schnell, geschickt und ich weiß, wie ich mit einem Bodycheck umgehen muss. Tut mir sehr leid für euch, Jungs.
    Und auch für die anderen Gäste, die ja eigentlich tanzen und ihren Spaß haben wollten. Aber die meisten von ihnen haben sich unserer Meinung angeschlossen. Sie finden, dass es viel mehr Spaß macht, eine Diskothek zu verwüsten - aus den Möbeln Kleinholz zu machen, die Topfpflanzen auszutopfen und auf ihre Flugeigenschaften hin zu testen und die ohnehin kitschigen Säulen in ihre

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