Billigflieger
Schröder, der seine mächtigen, mit Drachen, Ankern und Herzen tätowierten Arme ausbreitet und die beiden Streithähne zum Schweigen bringt.
»Hey, Leute. Verteilt den Bären des Mädchens nicht, bevor ihr ihn erlegt habt. Wenn Jo nicht will, bin ich erst mal dran und …«
»Du?«, fragt Hacki erstaunt. »Und was ist mit Gabi?«
»Nichts. Aber bei einer Frau, die eine Jacht hat, werde sogar ich schwach …«
»Sie hat gar keine Jacht«, werfe ich ein. »Sie hat nur gesagt, sie könnte eine haben, wenn sie wollte.«
Aber mir hört sowieso keiner mehr zu. Stattdessen sind die drei in eine handfeste Auseinandersetzung verstrickt. Sie sehen sich in die Augen wie Clint Eastwood, Lee van Cleef und Elli Wallach in den Zwei glorreichen Halunken. Ihr wisst schon, der Wildwestfilm, an dessen Ende eines der beeindruckendsten Duelle der Filmgeschichte vorkommt. Nur, dass es in dem Streifen um einen Goldschatz geht und bei meinen Freunden um eine Frau, die, erstens, gar nicht da ist und die, zweitens, eigentlich für mich bestimmt sein sollte.
Dabei hat das Thema für mich eine durchaus ernste Dimension. Immerhin geht es um die Tatsache, dass Katie reich ist. Und das unterscheidet sie zum Beispiel fundamental von mir.
Ich kann mir deswegen durchaus vorstellen, dass die ganze Suche nach ihr sowieso keinen Sinn hat. Weil sie mich, wenn ich plötzlich vor ihr stünde, vermutlich nicht mal mit dem Arsch ansehen würde.
Ich liebe diesen Ausdruck übrigens - »mit dem Arsch ansehen«. Einerseits weil das sowieso nicht geht, und andererseits weil es Frauen gibt, bei denen das immer noch besser wäre, als wenn sie einen mit dem Gesicht ansehen würden.
Jedenfalls kann es gut sein, dass unser Wiedersehen so ausfallen würde.
Auf meine Frage: »Hey, erinnerst du dich noch an neulich Nacht?«, würde sie vermutlich die Augenbrauen heben und mit gezierter Stimme antworten: »Kennen wir uns? Und wie kommen Sie überhaupt dazu, mich zu duzen?«
Ich kann euch versichern, dass ich Frauen gegenüber eigentlich ein gesundes Selbstvertrauen habe. Im Prinzip muss ein Mann nämlich die Herausforderung annehmen - auch und gerade wenn er glaubt, dass eine Frau eigentlich nicht seine Kragenweite ist. Weil sie zum Beispiel aus einem besseren Haus kommt als er oder weil sie reicher, berühmter oder mächtiger ist.
In der Regel entspannt sich die Situation, sobald man sich besser kennenlernt. Meistens merkt man dann nämlich, dass sie gelogen hat und gar nicht reich, berühmt oder mächtig ist. Viele Frauen besitzen einfach nur erstaunliche schauspielerische Fähigkeiten. Und die nutzen sie, um mehr darzustellen, als sie wirklich sind. Man sollte daher stets den wahren Sinn ihrer Worte herauslesen können.
Wenn eine Frau zum Beispiel sagt: »Ich möchte nächstes Jahr mit meiner Beautyfarm expandieren«, dann heißt das in Wahrheit nichts anderes, als dass sie die Stellwand, mit der ihr Nagelstudio vom Sonnenstudio ihrer Freundin abgetrennt ist, um einen halben Meter verrücken möchte.
Oder wenn sie sagt: »Mein Freund leitet ein Restaurant mit mediterraner Küche«, dann bedeutet das, dass er Verkäufer in einer Dönerbude ist.
Sagt sie so etwas wie: »Schönheitsoperationen kommen für mich nicht infrage«, dann muss man daraus schließen, dass ihr bisher noch jeder Chirurg beschieden hat, dass ein Eingriff sowieso nichts bringen würde.
Und wenn sie allen Ernstes behauptet: »Materielle Dinge sind mir völlig gleichgültig, ich möchte mich bei einem Mann emotional geborgen fühlen«, dann heißt das in schönen Worten, dass sie jeden und alles nimmt - Hauptsache, sie kriegt nicht schon wieder einen Korb.
Bei Katie aber ist es anders. Weil sie zum einen gar nicht versucht, mehr herzumachen, als sie wirklich ist. Und weil zum anderen alles, was sie in der Richtung sagen könnte, immer noch eine Untertreibung wäre. Und darum muss sogar ein Typ wie ich ernsthaft überlegen, ob es nicht schlauer wäre, die Waffen zu strecken.
Mein einziger Trost ist, dass es bei der ganzen Suche eigentlich gar nicht um mich geht. Und auch nicht um Katie. Im Gegenteil. Mit einer gewissen Zufriedenheit stelle ich fest, dass das Thema für die Jungs nur ein spannender Zeitvertreib im Urlaub ist. So eine Art Schnitzeljagd. Nur, dass wir nicht ein Schnitzel suchen, sondern eine Keule.
17. Hoch über der Stadt
Weitere drei Stunden später ist es dunkel geworden und wir haben Katie natürlich nicht gefunden. Stattdessen sitzen wir total erledigt auf einer
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