Billigflieger
gibt es so etwas? Hier in Arenal?«
»Allerdings. Ist aber nicht für die normalen Urlauber. Nur für die Macher hinter den Kulissen. Da saßen wir also und tranken Cocktails. Gerd hatte mich allein gelassen, weil er mit Carlos, seinem spanischen Kompagnon, noch einige Dinge zu besprechen hatte. Na ja, ich musste mal verschwinden und habe dann wohl die falsche Tür aufgemacht. Gerds angebliche Besprechung war blond, schlank und nuttig. Und er war sehr vertieft in die Materie …«
»Vielleicht bin ich doch in der falschen Branche …«, sagte ich seufzend, biss mir aber im gleichen Moment auf die Zunge. Die Dinge waren zu ernst für dumme Sprüche. Zum Glück war Katie fair genug, es einfach zu überhören.
»Ich bin wütend davongerannt, und er ist hinter mir her. Das hätte doch alles nichts zu bedeuten, beteuerte er. Ich habe gesehen, was es zu bedeuten hat, sagte ich, die Bedeutung würde ihm nämlich immer noch aus der Hose hängen. Er meinte, ich solle mich nicht so anstellen, und solche Dinge gehörten für einen Mann wie ihn einfach dazu. Es sei nichts, eine Lappalie, und ich solle es doch einfach vergessen …«
Sie sah mich an, und in ihren Augen glühte immer noch die Wut, die das Erlebnis in ihr ausgelöst hatte. Ihre Unterlippe bebte, und ich traute ihr in diesem Moment ohne weiteres zu, dass sie aufstand und einen Stuhl oder einen Tisch zu Kleinholz schlug, nur um ihren Ärger herauszulassen - und das Ganze machte sie mir ungeheuer sympathisch. Weil sie eben nicht nur edel und geziert und artig war. Sondern ein echter Mensch, eine echte Frau, mit der ganzen Wut und Leidenschaft und Verletzlichkeit, die dazugehörte.
»Und da ist mir klargeworden, dass es nicht das erste Mal war, sondern dass er es schon die ganze Zeit gemacht hat. Immer wieder …«, fuhr sie mit ihrem Bericht fort. »Ich kann gar nicht glauben, wie blind ich war. Aber das ist noch gar nicht das Schlimmste …«
Ein paar Tränen kullerten über ihre Wangen. Ich griff über den Tisch und wischte sie ihr vorsichtig ab. Sie nahm meine Hand und schmiegte ihre Wange daran, und für einen Augenblick saßen wir einfach nur so da. Es war ein seltsamer, stiller Moment, der nur vom grummelnden Seufzen des Bodega-Besitzers begleitet wurde, der ständig irgendetwas auf Spanisch murmelte, was vermutlich nicht gerade freundlich gegenüber den Deutschen und ihren Schlaf-, Trink- und Ausgehgewohnheiten war.
»Was hat dich noch mehr verletzt?«, fragte ich.
»Dass es ihm nicht leidtat. Im Gegenteil. Der Mann, mit dem ich seit sechs Jahren eine Beziehung führe, verlangte von mir, dass ich seine Seitensprünge einfach hinnehme! Weil sie zu seinem Job nun einmal dazugehörten! Das ist doch …«
»… ziemlich dreist.«
»Dreist? Verachtenswert ist das. Gerd meinte, die Blondine wäre eine Art Geschenk von Carlos gewesen und …«
»O Mann, und ich kriege immer nur Socken oder höchstens Mal eine Armbanduhr.«
»… und er hätte es einfach annehmen müssen, weil alles andere total unhöflich und geradezu eine Beleidigung gewesen wäre.« Katie blitzte mich aus ihren dunklen Augen an, halb sauer wegen meiner spitzen Bemerkung, aber auch halb dankbar, dass ich den Ernst der Situation etwas entschärfte.
»Und? Hast du ihm gesagt, wie du darüber denkst?«
»Das habe ich allerdings - und er hat nur mit den Schultern gezuckt.«
»Klingt nicht nach einem Mann, der dich wirklich liebt.«
»Ja, das stimmt. Und das ist auch der Grund, aus dem ich eigentlich froh bin, dass es endlich aus ist. Diese Nacht hat mir die Augen geöffnet und mir gezeigt, wie die Dinge wirklich stehen.«
»Ich weiß, was du meinst. Ab und zu sind Schmerzen erträglicher, als Lügen es sind.«
Sie nickte. »Genauso ist es.«
Zwischen uns entstand eine lange Pause, in der wir beide unseren Gedanken nachhingen.
»Es tut mir leid, dass ich so viel von mir geredet habe«, sagte Katie schließlich. »Nun möchte ich auch etwas über dich erfahren.«
Ich sah sie überrascht an. Gibt es das wirklich - Frauen, die merken, dass sie viel reden? Und sich dann auch noch dafür entschuldigen? Na ja, noch überraschender ist eigentlich die Tatsache, dass es mir gar nichts ausgemacht hatte. Im Gegenteil, ich habe es genossen.
»Das macht überhaupt nichts«, sagte ich versöhnlich. »Außerdem sind mir auch einige Dinge klargeworden, während ich dir zugehört habe.«
»Echt? Das freut mich.«
Unsere Blicke begegneten sich, und wenn der ganze Kaffee mein Herz noch nicht aus dem
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