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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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Unter-haltungen mit ihm. Erholsam sind sie beileibe nicht! Versuchen Sie mal, jemandem Ihre Seele zu öffnen, der unaufhörlich herumrennt!
    Alle fünf Minuten läuft er auf seine Terrasse hinaus, um sich ›auszulüften‹, wie er das nennt.«
    »Ach, seine ›alchemistische Übertragung‹!«
    »Davon haben Sie auch schon gehört? Und ich hatte mir eingebildet, dass ich diesen Ausdruck erfunden hätte. Tatsächlich scheint das eine momentane Betäubung der Affekte zu bewirken: Die Wirk-299

    lichkeit erscheint im Licht der reinen Vernunft – ein kaltes Licht, in dem alles distanzierter erscheint. Es ist ein schwer zu beschreiben-des Phänomen …«
    »Und ein schwer zu glaubendes obendrein! Ich bezweifle in keiner Weise, was Sie da sagen, aber Sie müssen zugeben, dass das schon an Hexerei grenzt…«
    »Ich weiß. Catherine Le Gendre ist überzeugt davon, dass er mich
    ›einlullt‹. Aber genau das Gegenteil ist der Fall! Bei meiner Rückkehr aus Xaghra war ich nicht mehr ich selbst, das ist völlig richtig.
    Mein kritisches Denken war außer Kraft gesetzt, verzerrt. Man muss persönlich in der Nähe D'Altamirandas gewesen sein, um begreifen zu können, wozu er fähig ist. Gott sei Dank hat Fjodor mich ›de-programmiert‹, man kann es nicht anders sagen.«
    »Gerade diese Geschwindigkeit aber macht mir zu schaffen. Ich bin in Ottawa schon seit zwei vollen Jahren in psychotherapeutischer Behandlung. Und zumindest von einem hat mich das überzeugt: Man kann einen Seelenzustand nicht im Handumdrehen ver-
    ändern. Das ist vielmehr ein langer Marsch durch die Wüste …«
    Laurence bezweifelte das kein bisschen. Tatsächlich stufte sie die Hilfe durch Fjodor Gregorowitsch auch nicht unter Psychotherapie ein; während der ›Sitzungen‹ wurde nicht sonderlich viel gesprochen. Seine ›Alchemie‹ spielte sich auf einer anderen Ebene ab. Und Laurence gestand sich ein, dass sie sich manchmal einen aufmerk-sameren Zuhörer gewünscht hätte …
    »So hätte ich zum Beispiel gerne seinen Rat gehabt zu einem Vorschlag, den man mir kürzlich gemacht hat… Aber er wirkte in der Angelegenheit ebenso ratlos wie ich selbst. Man muss einräumen, dass er in einer Welt für sich lebt… einer ›Welt von Vampiren‹!«
    »Dieser Vorschlag … Ist es indiskret, zu fragen, worum es da ging?«
    Laurence schüttelte den Kopf und berichtete, dass Teresa Lagerstein und Antoine Becker gemeinsam eine neue Hilfsorganisation mit dem Namen ›Archipel International‹ gegründet hätten, die Men-300

    schen unterstützen wollte, die wegen so genannter ›staatsfeindlicher Äußerungen‹ verfolgt worden waren. Beide hatten sie darauf angesprochen, ob sie nicht bei der Gründungsfeier eine Rede halten wolle. Sie hatten hervorgehoben, dass ihr Auftreten bei dieser Veranstaltung, für die ein starkes Medienecho erwartet werde, wie eine Garantieerklärung sowohl von Seiten der Résidence Victor als auch von Harmonices Mundi für sie sei. Damit werde dann wohl zugleich diesen Gerüchten über sie wegen der Affäre Boudjenah ein Ende bereitet.
    Kiersten wurde am Schluss von Lydias Bericht abgelenkt durch einen Gedanken, der sie sehr beschäftigte. Sie hatte doch tatsächlich Laurence von ihrer psychotherapeutischen Betreuung durch Dr.
    Paddington berichtet. Dabei hatte sie bisher von ihrem ersten Gespräch mit Teddybär an stets äußerst sorgfältig darauf geachtet, dass niemand – absolut niemand! – etwas davon mitbekam, dass sie die Hilfe eines Psychotherapeuten in Anspruch nahm. Heute jedoch hatte sie davon gesprochen, ohne Umschweife und Ausflüchte. Was war denn plötzlich mit ihr los?
    Laurence brauchte weniger als eine Minute, um die Speisekarte zu überfliegen und ihre Wahl zu treffen.
    »Man könnte ja fast meinen, dass Sie sich einer lästigen Pflicht entledigen«, fand Kiersten. Sie selbst war noch nicht einmal über die Vorspeisen hinausgekommen.
    »In gewisser Weise schon; ich habe schon lange keinen rechten Appetit mehr. Ich muss regelrecht aufpassen, sonst vergesse ich glatt, überhaupt etwas zu essen. Das geht soweit, dass ich gelegentlich erst durch ein Schwindelgefühl daran erinnert werde, dass ich nichts gegessen habe.«
    »Aufpassen muss ich auch, aber wegen des genauen Gegenteils!«
    Das Restaurant war gut besetzt. Mit nahezu akrobatischem Ge-301

    schick schlängelten sich die Kellner zwischen den Tischen durch, beladen mit Tabletts, von denen es verführerisch duftete. Der In-haber selbst nahm leutselig und zu

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