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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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Tag noch nichts gegessen habe und nun unbedingt etwas zwischen die Zähne bekommen müsse, um einen Migräneanfall zu vermeiden. Von dem, was in Flugzeugen serviert werde, nehme er grundsätzlich nichts.
    »Sie sind heute erst angekommen?«, fragte sie. Sie hatte sich vorgenommen, die Ahnungslose zu spielen und ihm die Führung der Unterhaltung zu überlassen.
    »Ja, aus Malta, am frühen Nachmittag«, antwortete er und reichte ihr die Karte hinüber. »Ich bin eigens hergekommen, um mit Ihnen 354

    zu reden. Darf ich Ihnen etwas empfehlen? Die Mousse au cho-colat ist hervorragend. Aber wenn Sie lieber etwas Warmes bevorzu-gen, rate ich Ihnen zu Mezzaluna: Das sind mit Champignonpüree gefüllte Ravioli in Sahnesoße …«
    Sie bestellte zunächst nur einen Eisenkrautlikör mit Pfefferminz-sirup bei der jungen Bedienung, die herangetreten war und mit dem Eifer eines Neulings ihre Bestellung auf einen kleinen Block schrieb.
    Jean-Louis Becker richtete seinen Blick aufmerksam auf seinen Teller und kaute hingebungsvoll sein Essen. Es war ihm klar, dass er dabei scharf beobachtet wurde, und er hob seine blauen Augen zu Kiersten, ohne ihrem Blick auszuweichen. Er sandte ihr ein kleines Lächeln zu wie ein kleiner Junge, den man bei einem Streich ertappt hatte.
    »Laurence hat ganz Recht gehabt, als sie mich nachdrücklich vor ihm warnte«, dachte sie. »Vor diesem hübschen, gepflegten Blond-schopf muss man auf der Hut sein!«
    Sie hatte Mühe, an die Wirklichkeit dieser Begegnung zu glauben und störende Nebengedanken abzuwehren. Sie war in Versuchung, in Gedanken abzuschweifen und sich an nebensächliche Details zu klammern. Das Zusammentreffen mit diesem Mann, der über Leben und Tod Sandrines Macht hatte, war geprägt von etwas Unrea-listischem, ja Traumhaftem durch die gepflegte Atmosphäre der Umgebung, die Bemerkungen ihres Gegenübers und die völlige Nichtbeachtung durch die sonstigen Anwesenden – dabei waren doch zwei, wenn nicht drei davon mit der Überwachung beschäftigt.
    Jean-Louis Becker beendete ohne jede Hast seine Mahlzeit. Seine bisherigen Bemerkungen waren völlig belanglos gewesen. Kiersten sah an der Art, wie er sich mit dem Rand der Serviette den Mund abwischte, dass ihr Gespräch nun ernsthaft beginnen sollte.
    355

    »Uns beide verbindet das gleiche Problem«, begann er mit dem Wohlwollen eines Religionslehrers, der sich an Pfadfinder wendet.
    »Und wir haben ein gemeinsames Interesse daran, es rasch und diskret zu lösen. Aus diesem Grund sitzen wir hier zusammen, richtig?«
    »Ich höre.«
    »Zunächst einmal die Situation, wie ich sie sehe. Ihre fünfzehnjährige Tochter ist ausgerissen, weil sie sich nach meinen Informationen von ihren Verwandten unverstanden fühlte. Ein Urteil darü-
    ber steht mir nicht zu, zumal es sich sichtlich um eine jugendliche Unvernunft handelt. Leider wurde sie dabei von einem Mitglied unserer Gemeinschaft unterstützt – von Mona-Lisa Peres, wie bekannt.
    Bitte lassen Sie mich ausreden! Sie hat das auf eigene Veranlassung gemacht, ohne sich mit uns abzustimmen. Ihr Verhalten, das wohl gut gemeint war, ist dennoch nicht vertretbar. Denn wir reden hier ja nicht von einer Novizin, sondern von einer Jüngerin, welche die Schwelle der Entsagung schon überschritten hat… Sie sehen, ich versuche keineswegs, sie zu entschuldigen. Diese Geschichte ist vielmehr, wenn sie sich herumspricht, dazu angetan, den Ruf unserer Organisation erheblich zu schädigen.«
    »Sie geben also zu, dass diese Person meine Tochter gekidnappt hat. Wohin hat sie sie gebracht?«
    Jean-Louis seufzte, das Gesicht schmerzlich verzogen.
    »Ist denn nicht Sandrine allein von Mont-Laurier nach Ottawa gefahren, um dort Mona-Lisa zu treffen? Hat sie sie denn nicht aus freiem Entschluss begleitet, nachdem sie einige Zeit in den Amts-räumen ihres Großvaters verbracht hatte? Es liegt mir fern, auf bestimmten Ausdrücken herumzureiten, aber kann man denn unter diesen Umständen wirklich von ›Kidnapping‹ reden? Doch wie auch immer – Wenn ich hätte erfahren können, wohin sich diese beiden Wirrköpfe geflüchtet haben, hätte ich sofort entsprechende Schritte unternommen. Da ich es aber nicht weiß, bin ich aus Xaghra hier-356

    her gekommen, um die Situation mit Ihnen zu besprechen.«
    »Sie haben tatsächlich keine Zeit verloren! Falls die Peres ohne Ihre Zustimmung gehandelt haben soll, woher wissen Sie denn dann, dass sie zu gleicher Zeit wie meine Tochter verschwunden ist?
    Das ist doch

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