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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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ebenso aufmerksam wie vorher den jungen Manuel. Als sie ihn nun aus der Nähe sah, bemerkte Sandrine auch, was ihr bisher entgangen war: Er hatte aschgraue Augen, die wirkten wie die einer Leiche. Sie wollte ihn zunächst fragen, was er mit ihr vorhabe, änderte aber ihre Meinung im letzten Augenblick.
    »Wer sind Sie?«
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    »Janos Carazzo, zu Diensten!«, antwortete er mit einer weiteren Verbeugung. »Und Sie sind Sandrine MacMillan, die Kanadierin.«
    Sie hatte eine solche Antwort nicht erwartet, und schon gar nicht in Französisch. (Er sprach es mit einem singenden Akzent, dessen Herkunft sie nicht erraten konnte.) Und er wusste nicht, dass MacMillan zwar der Mädchenname ihrer Mutter, aber nicht der ihre war. Konnte sie das als kleines, ermutigendes Zeichen werten?
    »Wer hat Ihnen das zugefügt?«, fragte er und fuhr ihr mit dem Finger über den Kratzer auf ihrer Wange. »Zu schade um ein so hübsches Lärvchen!«
    Er hörte auf, sie mit seinen erloschenen Augen zu mustern, und wandte sich dem Geweihten zu, den er barsch anfuhr, worauf er denn noch warte, um ›das zweite Starlet‹ heranzuschaffen. Der Glatt-geschorene entfernte sich schweigend.
    »Die wird er nie finden!«, versicherte sie voller Abscheu.
    Anstatt einer Antwort wies der angebliche Carazzo mit einem kleinen, befriedigten Kichern nur wortlos zur Decke. Sandrine hob den Kopf und konnte an der Kamera unter dem Dach das Blinken einer roten Lampe erkennen. »Das ist ja schrecklich!«, dachte sie.
    »Auf diese Weise entgeht ihnen keines unserer Verstecke!«
    Es überkam sie das heftige Verlangen, sich auf ihr Gegenüber zu stürzen und es mit all ihrer Kraft umzustoßen, damit es in die Za-cken der Egge fiele. Wenn allerdings er stärker wäre, fiele vielleicht sie hinein … Ihre Überlegung wurde durch die Schreie Gabriellas und das Geräusch umstürzender Kisten und Schachteln aus dem Hintergrund der Lagerhalle unterbrochen.
    Sie konnte ihre Fragen an den offensichtlichen Regisseur nicht länger zurückhalten: Was er denn nun eigentlich vorhabe mit ihr und ihrer Freundin. Und wozu sei all das bestimmt, was er mit seinen Helfern im Verlaufe des Nachmittags hier aufgebaut habe? Ihre Worte blieben ihr schier in der Kehle stecken. Dabei hatte sie sich gerade noch gesagt, dass nichts schlimmer sein könne als die Unge-439

    wissheit. Jetzt aber kamen ihr doch Zweifel daran, und sie fragte sich, ob es ihr nicht doch vielleicht lieber wäre, dass die schlimme Wahrheit ihr verborgen bliebe …
    Hatte er ihre Gedanken erraten? Wollte er ihre Angst dämpfen, oder sie im Gegenteil noch weiter aufheizen? Jedenfalls antwortete er, aus Prinzip würde er seinen Darstellern nie etwas von der vorgesehenen Handlung seiner ›Produktionen‹ verraten. Das sei so ein beruflicher Trick, fügte er hinzu, um die Spontaneität und Ursprünglichkeit der Gefühlsbewegungen zu bewahren…
    Seiner rein mechanischen Grimasse war diesmal ein echtes Lä-
    cheln Carazzos gewichen; Sandrine wusste, als sie es sah, dass sie verloren war, und musste sich in einem Schwächeanfall gegen den Wagen lehnen. Denn dieser so unbedeutend wirkende Mann da vor ihr mit seiner süßlichen Stimme war ein Ungeheuer! Er würde zwar selbst niemals seine Hand gegen sie erheben, da war sie ganz sicher.
    Selbst mit Handschuhen würde er persönlich sie wohl nicht anfas-sen. Und doch empfand sie in seiner Gegenwart eine panische Angst, die ihr den Atem verschlug.
    Der Geweihte kehrte zurück. Er stieß Gabriella vor sich her, sie an den Haaren haltend und ihr einen Arm auf den Rücken drehend. Beides tat er ohne Rücksichtnahme, aber auch ohne Zorn.
    Sie versagte es sich, zu schreien; dennoch ließ sie ein ersticktes Stöhnen hören, wenn die Fäuste des Mannes heftiger zugriffen.
    Und sie hörte nicht auf, sich gegen ihn mit wilder Kraft zu wehren
    – mit Fußtritten und mit der freien Hand. Sie versuchte auch zu beißen, doch bei jedem Anlauf dazu wurde ihr der Kopf in den Nacken gerissen und festgehalten.
    »Verletz sie ja nicht!«, rief ihm Carazzo zu. »Sie darf am Anfang keinerlei Wunden haben!« Dann fügte er, an die kleine Italienerin gewandt, hinzu: »Gut so, ausgezeichnet! Eine kleine Wildkatze, das ist genau das, was wir brauchen! Continua cosi!« – Nur weiter so!
    War es aus Widerspruch zu dieser seltsamen Aufforderung oder 440

    aufgrund des mit Sandrine gewechselten Blicks? Gabriella hörte auf, sich zu sträuben, und als Rest ihrer Wut blieb nur ein unbeherrschbares Zittern ihrer

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