Bin ich hier der Depp
Meinung dazu hören. Mein Assistent hat zwei Wochen lang daran gebastelt.«
Ich wurde hellhörig. »Sind Sie mit Ihrem Assistenten zufrieden?«
»Ja, er ist ausgezeichnet. Noch besser als der letzte.«
»Was ist aus dem letzten geworden?«
»Er leitet jetzt eine Filiale in Frankreich.«
»Und der Assistent davor?«
»Der ist Stellvertreter bei uns in der Entwicklung.«
Im arglosen Ton eines Großvaters, der stolz über seine Enkel plaudert, erzählte er mir von den beachtlichen Karrieren seiner vergangenen Assistenten. Als er fertig war, schien er Verbal-Applaus zu erwarten. Doch ich fragte trocken:
»Und wie viele Assistentinnen haben Sie bislang eingestellt?«
Das Lid seines linken Auges begann zu flackern. »Also, ich glaube, ich meine …« Er kratzte sich am Kinn.
Ich fragte weiter: »Und wie viele Ihrer ehemaligen Assistentinnen sitzen heute in Führungspositionen?«
Er fing sich wieder. »Ich hatte schon immer männliche Assistenten. Aber glauben Sie mir, es bewerben sich kaum Frauen.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich wette, jemand sortiert die Bewerbungen vor: Weil Sie immer Männer hatten, bekommen Sie Männer empfohlen.«
Eine Rückfrage bei seiner Sekretärin bestätigte diesen Verdacht. Derselbe Mann, der ein Programm zur Frauenförderung aufsetzen wollte, betrieb eine florierende Aufzucht männlicher Alphatiere, angeblich aus »schlechter Gewohnheit«, wie er nun behauptete. Er versprach mir, diese Gewohnheit zu verändern. Und ich versprach ihm, sein Unternehmen danach zu beraten. Im Moment sah ich dafür keine glaubwürdige Grundlage.
Man stelle sich vor, wie viele hochqualifizierte Frauen sich um diese Assistenz schon beworben, aber dann über die Absage gewundert haben. Und nicht nur das! Wie gehen Männer damit um, wenn sie in Karrieredingen eine Absage bekommen? Sie schimpfen auf die Firma, den Chef, die anderen. Und was tun Frauen? Sie schauen selbstkritisch in den Spiegel und fragen sich: »Liegt es vielleicht doch an mir?«
In Dutzenden von Büchern können Frauen nachlesen, dass der größte Stolperstein auf dem Weg nach oben ihre eigenen Schwächen sind. Das männliche Verhalten wird zum Maßstab erklärt. Und was Frauen von den Männern unterscheidet, gilt niemals als Vorzug – sondern als Fehler!
Die Bücher listen die Schwächen der Frauen auf: Angeblich treten sie wie Mäuschen auf, statt wie Männer vor lauter Selbstbewusstsein aus dem Anzug zu platzen. Angeblich blühen sie als Arbeits-Stiefmütterchen vor sich hin, immer darauf hoffend, dass ihr Chef sie für eine Beförderung pflückt – statt seine Hand durch aktive Selbst- PR zu sich zu lenken. Und angeblich lassen sie sich in der Gehaltsverhandlung mit Almosen abspeisen, während die Männer das Chefbüro erst dann verlassen, wenn die Erhöhung nach ihren Wünschen ausfällt.
All das ist oft richtig (siehe nächstes Kapitel). Und doch erweckt es einen falschen Eindruck. Bei steigendem Bierpegel heißt es am Chefstammtisch dann: »Die Frauen sind doch selber schuld!« Damit wollen die Firmen von ihrer eigenen Rolle ablenken. Aber wie kommt es eigentlich, dass die Lautesten befördert werden – und nicht die Besten? Wie kommt es, dass Gehaltserhöhungen nicht von der Arbeitsleistung abhängen – sondern vom Auftreten in einer Verhandlung? Und wie ist es um die Personalführung bestellt, wenn sich Chefs von den Nebelkerzen männlicher Selbst- PR den Blick auf die Qualitäten ihrer Mitarbeiterinnen rauben lassen?
Frauen werden nicht zu Deppen gemacht, weil sie es von Haus aus sind, sondern weil die Systeme der Firmen kläglich versagen – weil sie noch immer auf Männer fixiert sind wie ein hungriger Affe auf die Banane. Damit schaden die Unternehmen den Frauen. Aber auch sich selbst! Denn mit dem Anteil der Frauen in der Führungsetage wächst der Erfolg. Die amerikanische Frauenorganisation Catalyst wies nach, dass in den größten Aktiengesellschaften der USA die Eigenkapitalrendite um 53 Prozent über dem Schnitt liegt, sofern Frauen im Management stark vertreten sind. Und für Europa rechnete die Unternehmensberatung McKinsey nach: Wo unverhältnismäßig viele Frauen in der Führungscrew sitzen, sind die Gewinne um 48 Prozent höher. [93]
Wer aus diesen Zahlen schließt, Firmen sollten sich künftig vor Frauen verbeugen, liegt damit richtig. Und ausgerechnet ein Zoodirektor, Bernhard Blaszkiewitz aus Berlin, machte vor, wie so eine »Verbeugung vor den Damen« – wie er es später nannte –
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