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Bin Ich Schon Erleuchtet

Bin Ich Schon Erleuchtet

Titel: Bin Ich Schon Erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Morrison
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ich Jessica keuchend zu: »Vergiss die Macy’s Day-Parade. Das hier ist Macy’s Day auf Speed.«
    Schon näherte sich das letzte Monster, eine weibliche Gestalt, die aus dem bisher größten Gitter über die einstöckigen Gebäude aufragte. Rot bemalt fegte sie durch die Menge, ihre wohlgeformten Beine wie bei der Pferdstellung bedrohlich gekreuzt; ihre Brüste zielten zwischen den wedelnden Armen nach vorne, die blutroten Brustwarzen stachen hervor wie Geschosse. Ihre Haare bestanden aus orangerotem Stroh und roten Seilen und flogen ihr ums Gesicht, wenn sie sich neigte, seitlich ausscherte und wankend auf uns zu jagte wie eine blutsaugende Lumpenpuppe. Sie verdrehte die schwarzen Krallen zu scharfen, blutigen Mudras. Die würde selbst die übelsten Geister vergraulen.
    Sie war faszinierend. Hoch über ihrem Gitter thronend, warf sie sich schwankend nach vorne, immer kurz davor, alles zu zertrampeln, was ihr in den Weg kam. Ihre langen Haare schleiften über den Straßenbelag, als wolle sie mit ihren knotigen, roten, stacheldrahtähnlichen Seilen die Zuschauer geißeln. Ihre Lakaien schwitzten und jammerten, wenn ihnen ihr Haar ums Gesicht peitschte, während sie selbst durch ihre Hauer hindurch lächelte. Ihr Orchester spielte für sie, und ihre Männer führten sie zum Tanz.
    In den Sekundenbruchteilen, bevor sie über uns aufragte, dachte ich an mein Zuhause. Es war mir sehr fremd geworden, aber neuerdings schleicht es sich wieder ein, so wie die Geister auf die Insel zurückschleichen, wenn sie merken, dass sie reingelegt wurden und sich im Grunde nichts verändert hat. Doch dann peitschten die Monsterhaare um unsere Köpfe, und es blieb keine Zeit mehr zum Denken. Wir rannten lachend los, aber dann merkten wir, dass sie uns auf den Fersen war, und legten einen Zahn zu.
    Wir rannten, bis wir den Umzug weit hinter uns gelassen hatten und wieder bei Sinnen waren. Wir wurden erst langsamer, als wir uns dem Bali Buddha näherten, und kicherten verlegen. Wir hatten uns wie Kinder auf ein unheimliches Spiel eingelassen und ganz vergessen, dass es nicht die Realität war.
    Jess und ich hatten beschlossen, Neujahr zu zweit im Bali Buddha mit Wein und Desserts zu feiern. Aber als wir vor dem Haus standen, lehnten Jason und Lara am Balkongeländer. Sie wollten uns etwas zurufen, aber sie brachten vor Lachen kein Wort heraus.

    Als wir auf den Balkon traten, nahm Jason uns beide in die Arme. »Ihr seht ja total verängstigt aus, als hätten euch Ungeheuer gejagt und nicht Puppen«, sagte er. »Ihr Dummerchen.«
    Jessica und ich waren so mit Rechtfertigungen beschäftigt, dass ich erst nach einer Weile merkte, wohin uns Jason führte – an einen runden Tisch, der förmlich überquoll von Desserttellern, Schnapsgläsern und Bonbonpapieren. Dazwischen Bierdosen, volle und leere Weinflaschen. Und an diesem Tisch saßen unsere Mit-Yogis. Bärbel reichte Marcy ein Stück Schokoladenkuchen, Marcy schenkte sich Rotwein nach, Lara gab dem Kellner Zeichen, er solle das Tablett mit den Sambucagläschen herumreichen, das er gerade gebracht hatte, Jason lieh sich das Feuerzeug des Kellners, um die Schnäpse anzuzünden.
    Meine Mit-Yogis würden als Wiedergutmachung für diese Nacht eine Menge Karma-Yoga praktizieren müssen.
    Ich bin normalerweise kein Freund von Hochprozentigem, aber heute kippte ich mit meinen Yoga-Freunden süße Liköre, als wollte ich einen Ozean mit einem Schnapsglas trockenlegen. Wir stießen auf alles an, was uns einfiel, aber vor allem brauchten wir Brennstoff für unser Getratsche. Irgendwann fingen wir an, uns gegenseitig »Bruder« und »Schwester« zu nennen. »Bruder Jason, light my shot on fire « oder »Schwester Marcy, würdest du bitte deine Theorie erläutern, dass Indra Geheimgespräche mit Kristallen führt und diese ihr sagen, dass sie erleuchtet ist?«
    Jason klagte, dass er sich im Anatomieunterricht nur mit Mühe konzentrieren könne, wenn SuZen Indra bittet, sich auszuziehen. Wir tranken eine Runde, um seinen Schmerz zu lindern, und dann noch eine, nachdem wir den Dialog zwischen Indra und Jessica über die Bezahlung des Anatomieunterrichts seziert hatten, und noch eine nach der umwerfend komischen Erkenntnis, wie grauenhaft der Anatomiekurs war, und dann beschwerte sich jemand, dass Indra immer sagte, wir müssten bei der »Taube« die Hüften wie zwei Scheinwerfer nach vorne ausrichten, dabei merkt sie gar nicht, was für eine Heuchlerin sie ist, denn bei ihrer Taube zeigen ihre Hüften

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