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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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Oberbürgermeister dafür nicht die Silberne Verdienstplakette der Stadt überreichte. Vielleicht benannten sie sogar eine Grillhütte nach ihm.

     
    »Das haben Sie sich wohl etwas aufregender vorgestellt, Herr Rünz ?«
    Er fuhr herum. Ihr Alter konnte er kaum abschätzen, zwischen 50 und 60 war alles möglich. Sie war der lebende Beweis für einen beunruhigenden Wandel in der Frauenwelt – während seiner Jugend trugen weibliche Wesen in diesem Alter rosa Pudeldauerwellen und himmelblaue Kittelschürzen über feisten Leibern, man sah sie meist an Küchenherden und beim Wäscheaufhängen. Heute hatten sie auch jenseits der Lebensmitte noch Körper wie 30-Jährige, präsentierten mit aufreizendem Selbstbewusstsein ihre grauen Haare, trugen Pencil-Skirts, elegante Etuikleider, glamouröse, schmal geschnittene Hosenanzüge und steuerten Satelliten durchs All. Sie machte ihm Angst.
    »Sigrid Baumann, ich bin Spacecraft Operations Managerin hier beim ESOC .«
    Das klang nach einem verdammt wichtigen Job. Wie konnte Rünz gleichziehen? Kundenbetreuer waren ›Account Manager‹, Personalchefs ›Human Resources Manager‹, Buchhalter nannten sich ›Controller‹ – und Kriminalhauptkommissare? Rünz grub in den Ruinen seines Mittelstufenenglisch.
    »Guten Tag, Karl Rünz, Primary Investigator im Police Department Südhessen.«
    Hoven wäre stolz auf ihn gewesen. Er fühlte sich fantastisch, wie ein frischgebackener Kosmopolit mitten im Auge des Globalisierungssturmes. Sie schien ihm die Aufschneiderei abzukaufen.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie hier empfange, aber unsere Büros werden im Moment umgebaut. Bitte wundern Sie sich nicht über den leeren Kontrollraum, wenn wir Simulationen machen oder Missionen in kritischen Phasen sind, dann ist hier mehr los. Die eigentliche Arbeit wird nebenan in den Dedicated Control Rooms   geleistet .«
    Sie hatte den seltsam leichten Akzent deutscher Muttersprachler, die sich jahrelang in englischsprachigem Arbeitsumfeld bewegten. Nach einer kurzen Pause drückte sie ihr Bedauern über Rossis Tod aus. Beide setzten sich in eine der Stuhlreihen, und sie fing ungefragt an zu reden.
    »Die Nachricht von seinem Tod hat das gesamte Kollegium ziemlich erschüttert. Er war nicht gerade das, was man einen Buddy nennt, aber mit seinen Fähigkeiten und seinem Einsatz hat er sich hier hohes Ansehen erarbeitet .«
    »Wann und wie ist er zu Ihnen nach Darmstadt gekommen ?«
    »Er hatte hervorragende Referenzen. Rossi war in den 90er-Jahren in Turin, Rom und in der Schweiz intensiv an der Entwicklung und am Bau von Komponenten der Rosetta-Raumsonde beteiligt, er hat unter anderem die Projektgruppe geleitet, die die High Gain Antenna und den Transponder entwickelt und gebaut hat, das ganze Technikpaket, mit dem die Funkverbindung zur Erde gewährleistet wird. Die italienische Alenia Spazio gehörte zu den wichtigsten Subunternehmen der EADS Astrium, die im Auftrag der ESA Entwicklung und Bau der Sonde koordiniert hat. Die britische und die französische Astrium hatten die Plattform der Sonde und die Avionik zu entwickeln, Alenia kümmerte sich in Italien um Zusammenbau, Integration und Erprobung des Systems .«
    »War das irgendwas Besonderes, dieser Satellit, diese Antenne? Ich meine, Sonden, die Informationen zur Erde funken, existieren doch schon ein paar Jahrzehnte .«
    »Das ist technisch auch kein größeres Problem, solange Sie sich in erdnahen Umlaufbahnen befinden. Aber wenn Sie sich mit einer Sonde wie Rosetta auf einer interplanetaren Reise bis zu einer Milliarde Kilometer von der Erde entfernen, dann sieht das schon ganz anders aus. Dann haben Sie Signallaufzeiten von fast 50 Minuten – bei Lichtgeschwindigkeit! Und die Einstrahlungsenergie der Sonne beträgt gerade mal vier Prozent von der auf der Erde. Die Solar-Panels der Sonde können kaum noch Energie einfangen, um den Sender zu betreiben. Aus dieser Entfernung ist die Sonne noch so groß wie irgendein Fixstern am Himmel. Entsprechend schwach sind die Signalstärken, die auf der Erde ankommen. Normalerweise werden Satelliten in diesen Entfernungen mit Nuklearbatterien betrieben – wir haben völlig neue Solar-Panels entwickelt, die auf diese Distanz noch über 500 Watt Leistung bereitstellen. Technisches Neuland haben wir betreten – in jeder Hinsicht. Alle Komponenten und Systeme müssen über eine Missionsdauer von elf Jahren funktionieren, sie müssen der Strahlung bei extremer Sonnennähe standhalten und den kalten

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