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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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eine Einladung – in Ihr ›Police Department‹ …«
    Sie schien Sinn für Humor zu haben. Als er wieder allein auf der Robert-Bosch-Straße stand, warf er noch einmal einen Blick zurück auf die Fahnen der ESA-Mitgliedsnationen, die regungslos wie steif gefroren in der kalten Winterluft herunterhingen. Seltsamer Name, Rosetta. Wieso hatten sie das Ding nicht Bärbel oder Michaela genannt, wenn deutsche Steuerzahler schon einen Großteil dieser Spielerei finanzierten?

     

     
    * * *

     

     
    Er fühlte sich moralisch integer und überlegen, wenn er seiner Frau etwas unter die Arme griff, was den Haushalt anging – ein moderner Mann in einer zeitgemäßen, paritätisch organisierten Partnerschaft. Und Einkaufen war ja nicht wirklich anstrengend. Er sondierte am Zeitungsständer des Biosupermarktes in der Kasinostraße die Neuerscheinungen an Magazinen und Illustrierten, während seine Frau den Einkaufswagen durch die Gänge schob. Mit den zwei Kästen Pfungstädter Schwarzbier hatte sie Probleme, das Gefährt in engen Biegungen in der Spur zu halten. Er durfte nicht vergessen, sie zur Fleischtheke zu schicken. Rünz liebte die Rindersteaks der Odenwälder Biobauern. Fleisch von glücklichen Nutztieren, großgezogen von rotwangigen, wettergegerbten Anthroposophen in handgefilzten Kniebundhosen, die nach vollbrachtem Tagwerk heimkehrten von der dampfenden Ackerscholle und am knisternden Ofen ein gutes Buch und einen Brottrunk zur Hand nahmen. Echt, authentisch, unverdorben und natürlich.
    Sein Blick blieb auf einem Cover hängen – ein verzweifeltes Beckham-Double über einem Foto seiner Verflossenen. Der Kommissar fischte das Magazin aus dem Regal. ›Rosenkrieg‹ hieß das Periodikum und versprach im Untertitel die erschöpfende Besprechung der Themen Trennung, Scheidung und Neuanfang. Rünz seufzte deprimiert, es gab wahrscheinlich keine gesellschaftliche Randgruppe, keine noch so marginale Interessengemeinschaft, die nicht mit einem eigenen Printprodukt bedient wurde. Ganz sicher existierte irgendwo ein Verlag, der eine Monatszeitschrift für homosexuelle, afroamerikanische Modelleisenbahnfans herausgab.

     
    »Was liest du denn da Schönes ?«
    Seine Frau hatte sich unbemerkt von hinten an ihn herangepirscht.
    »Ooooch …« Er fummelte die Zeitschrift hastig zurück in eine Heftreihe und schob jeweils eine Ausgabe ›GeoLino‹ und ›Pettersson und Findus‹ vor das Cover. Eine glänzende Idee.
    »Kinderzeitschriften !« , schnurrte sie, schmiegte sich von hinten an ihn und schlang ihre Arme um seinen Bauch. »Hast du’s dir doch noch mal überlegt mit dem Nachwuchs ?«
    Befruchtungsstimmung. Alarmstufe Rot. Rünz starrte auf den ›Rosenkrieg‹, dessen Überformat oben und seitlich hinter den Kinderheften herausragte. Seine Auflagenentwicklung vorwegnehmend sackte das Magazin in sich zusammen, und drohte, ihm mitsamt dem alten Schweden und seinem Kater entgegenzufallen. Er legte stabilisierend den Zeigefinger auf die Zeitschriften, wie um seiner Frau etwas zu zeigen.
    »Die – äh – die machen heute wirklich tolle Sachen für Kinder .«
    »Finde ich auch«, hauchte sie ihm ins Ohr. »Wollen wir nach Hause gehen ?«
    »Gute Idee!«
    Er ließ den Zeigefinger auf den Heften, bis sie sich ein paar Schritte entfernt hatte, dann trat er selbst mit ausgestrecktem Arm zurück und ließ erst im letzten Moment los. Bevor seine Frau sich nach dem herunterstürzenden Papierstapel umdrehen konnte, hatte er seinen Arm um ihre Taille gelegt und ihr zärtlich am Ohrläppchen geknabbert. Wenn es nötig war, konnte er auch mal ein Opfer bringen.

     

     
    * * *

     

     
    »Wir haben die Verbindungsdaten der Prepaidkarte !«
    Bunter hatte zu seinem gewohnten Schlabberlook zurückgefunden – ausrangierte Birkenstockschlappen, ein Holzfällerhemd, das ihm halb aus der Hose heraushing. Um Kinn- und Wangenpartie wucherte wieder die westfälische Macchia, eine wilde Strauch- und Krautschicht, Heimstatt zahlreicher bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Seinen kurzen Karriererausch hatte er offenbar ausgeschlafen und Rünz wieder als Leitwolf akzeptiert. Ausflüge in die Welt zeitgemäßer urbaner Herrenoberbekleidung waren damit überflüssig. Er knallte seinen Laptop etwas zu heftig auf den Tisch, stöpselte ihn an den Beamer und legte los. Wedel und Rünz machten es sich auf ihren Stühlen bequem.
    »Er war ziemlich aktiv mit seinem Kryptohandy – 127 Nummern hat er mit dieser Karte seit Oktober 2006 angerufen, alle

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