Binärcode
Wissenschaftler dort doch sofort am nächsten Morgen entdeckt ?«
»Diese Bodenstationen werden die meiste Zeit vom ESOC in Darmstadt ferngesteuert, da schaut nur alle paar Tage ein Technikerteam für einen Check-up vorbei .«
»Sie meinen, Rossi hat sich dort Zugang verschafft ?«
»Können Sie das ausschließen ?«
»Aber was zum Teufel wollte er dort? Sie können doch heute jedes Datenpaket in Sekunden um die halbe Welt schicken, da müssen Sie doch nicht 20 Stunden um die halbe Welt fliegen, um sich vor Ort ein paar Bytes auf Ihren USB-Stick zu ziehen.«
»Vielleicht wollte er die Datenversendung ja gerade verhindern! Oder er wollte Daten hochschicken, manipulierte Routinen für Bahnkorrekturen, was auch immer .«
Rünz schaute ihn ratlos an, Stadelbauer legte nach.
»Folgendes Szenario: Die Antenne in New Norcia richtet sich nach einem genau definierten Zeitschema auf Deep Space Satelliten der ESA aus – Mars Express, Venus Express oder Rosetta –, macht ein Sicherungs-Back-up der eingehenden Daten und schickt sie dann sofort vollautomatisiert nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel zu den Kontroll- und Forschungszentren der ESA in Europa. Rossi steckte tief genug in der Materie, um zu wissen, wie genau dieser Zeitplan aussah. Wenn er also ein bestimmtes Datenpaket ganz allein für sich haben wollte, dann musste er sich dahin bemühen, wo es empfangen wird, und zwar zu einem genau definierten Zeitpunkt. Er musste da sein, bevor es in die weite Welt gemailt wird .«
Rünz fiel nichts mehr ein, er fühlte sich, als entglitte ihm der Fall vollends mangels Fachkompetenz. Er war nahe dran, einen beruflichen Offenbarungseid zu leisten und einfach Stadelbauer die Ermittlungsleitung zu übertragen. ›Wie machen wir jetzt weiter ?‹ , lag ihm auf der Zunge, aber der Hobbyastronom kam ihm zuvor.
»Wir brauchen einen Internetanschluss .«
Rünz war selten nachts im Präsidium, die Kollegen vom Bereitschaftsdienst schauten ihn und seinen Begleiter auf dem Weg durch die Flure erstaunt an. Er machte Licht in seinem Arbeitszimmer, stellte einen zweiten Stuhl vor den Tisch, loggte sich ins System ein und überließ Stadelbauer die Regie an der Tastatur.
»Was suchen Sie ?«
»Die ESA veröffentlicht regelmäßig detaillierte Status Reports aller Missionen. Er hat für das Rosetta-Projekt gearbeitet, die Rosetta-Sonde hält über die Parabolantenne in New Norcia Kontakt mit dem ESOC. Ich will wissen, in welcher Flugphase der Satellit war, als er an der Bodenstation herumgebastelt hat. Wann genau war er dort ?«
Rünz kramte auf seinem Schreibtisch nach den Unterlagen der australischen Behörden, die Wedel ihm zusammengestellt hatte.
»Er hat in seiner Unterkunft in New Norcia am 15. Januar 2006 um 18 Uhr Ortszeit eingecheckt und ist zwei Tage später morgens um 9.30 Uhr wieder abgefahren .«
Stadelbauer klickte sich durch die Webseiten der ESA zu den Reports der Rosetta-Mission, Rünz schaute ihm über die Schulter. Die Berichte schienen sich vor allem an die wissenschaftliche Community zu wenden, sie gingen viel weiter in die technischen Details als die Pressemeldungen, mit denen er sich über die Startverschiebung informiert hatte. Schließlich fand Stadelbauer, was er suchte.
No. 54 – Spacecraft Monitoring *
30 Jan 2006 10:31
Report for Period 6 January – 27 January 2006
The reporting period covers three weeks of passive cruise, with monitoring and minor maintenance activities.
On the subsystems side, the TC link timeout was returned to its normal value of 9 days on 12 January. The TM mode was temporarily changed to ›bi-weekly‹ between 12 and 19 January, to cope with possible reduction of coverage when New Norcia was supporting Mars Express contingency operations.
The payload was inactive in the reporting period, with the exception of SREM measuring radiation in the background.
A total of 3 New Norcia passes were taken over the reporting period.
NNO Pass
Date
DOY
Main Activity
683
12.01.06
012
Monitor;
TC link timeout to
9 days
690
19.01.06
019
Monitor
uplink new Payload
off OBCPs
697
26.01.06
At the end of the reporting period (DOY 027) Rosetta was at 377.6 million km from the Earth (2.52 AU; one-way signal travel time was 21m 00s). The distance to the Sun was 259.5 million km (1.72 AU). (…)
Rünz gab sich keine Mühe, das folgende Telemetrie-Kauderwelsch des Reports zu
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