Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
Vom Netzwerk:
genau wie sie es
sein würde. Ich würde ihr ein kleines Atelier bauen, gleich hier neben dem
Teich, wo sie immerzu malen könnte, während ich auf der Terrasse meine Fische
machte. Ich würde nicht zulassen, dass sie weiter im Gefängnis unterrichtete,
nicht, wo ich wusste, was die Jungs machten, wenn sie gegangen war, oft einfach
auf die Skizzen, die sie daließ. Ich würde sie von alldem wegholen. Wir wären
ein Künstlerpaar, ganz unserer Kunst verschrieben, würden erkunden, was wir
sahen, was wir dachten. Wer weiß, vielleicht würden wir berühmt werden, vielleicht
sogar Damien Hirst auf eine Tasse Tee einladen, damit er mal sehen konnte, wie
eine anständige Fischskulptur aussah. Und ich würde gut zu ihr sein.
Wahrhaftig, ich würde gut sein.
    »Ich bin's. Al Greenwood. Der Exknacki vom Strand.«
    »Ich weiß, wer Sie sind, Al.«
    »Ich rufe an wie versprochen.«
    »Was anderes hab ich auch nicht erwartet.«
    »Ich wollte fragen, ob Sie nicht Lust hätten, morgen vorbeizukommen,
mal zu sehen, wo ich wohne. Meine Tochter ist ja zu Besuch ...«
    »Oh. Ich will nicht stören.«
    »Das würden Sie nicht. Wir würden uns freuen. Sie wäre
ohnehin nicht die ganze Zeit da. Sie trifft sich noch mit Freundinnen. Wir
hätten reichlich Zeit ... für uns zwei.«
    »Schön. Dann ja, gern.«
    »Wunderbar. Ich hol Sie ab. Gegen sechs?«
    »Das ist nicht nötig.« Sie sagte das hastig. »Ich komme
selbst mit dem Auto. Wie ist die Adresse?«
    Ich gab sie ihr. Das leuchtete mir ein. So konnte sie sich
vom Acker machen, wenn es nicht gut lief.
    »Gegen sechs dann«, wiederholte ich. »Ich besorg ein paar
Hummer zum Grillen. Ich mache eine scharfe Soße dazu.«
    »Darauf möchte ich wetten. Ich wette, sie wird so richtig
schön scharf, wie ich Sie kenne.« Schweigen trat ein. Ich konnte spüren, wie
sie wünschte, sie hätte das nicht gesagt.
    »Ich wollte damit nicht sagen ...« Sie verstummte.
    »Selbst wenn, ist doch egal. Ich war schließlich im Gefängnis.«
    »Aber das sind Sie nicht mehr. Sie sind frei, wie ich. Endlich
frei.«
    »Sie sind die Zweite, die mir das sagt. Das heißt, die andere
hat es indirekt gesagt, hat mir die Platte vorgespielt, Free at Last.«
    »Und wer, wenn ich fragen darf?«
    »Meine Nachbarin, Alice Blackstock. Sie ist weit über
hundert, falls Sie das interessiert.« Sie fing an zu lachen.
    »Schon besser. So, und jetzt sonnen Sie sich schön weiter.
Aber verbrennen Sie sich nicht zu sehr und lassen Sie sich nicht...«
    »Was?«
    »Lassen Sie sich nicht von irgendeinem hergelaufenen
Strandburschen mit einem Tretboot entführen. Dafür bin ich zuständig.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Nur Sie und ich und das Meer.«
    Sie sagte nichts. Ich konnte ihren Atem hören, ganz leise.
Konnte ihn beinahe auf der Wange spüren, wie früher, wenn sie sich im
Kunstkurs nah zu mir beugte, mir etwas von Perspektive und Symmetrie erzählte.
Dreiecke, das war immer wieder ein Thema von ihr, dass haufenweise Bilder aus
Dreiecken bestehen, dass Dreiecke einen wesentlichen Bestandteil in der
Struktur der Welt ausmachen. Und sie hatte recht. Ich und Audrey und Carol,
das war ein Dreieck. Ich und Audrey und Michaela Rump, auch das war eins. Ja,
alles, was mir passiert war, bestand aus Dreiecken; ich und Audrey und Mirandas
Tod, ich, der ich die unbekannte Frau statt Audrey von der Klippe gestoßen
hatte, Robin und Carol und Audrey, die sich beim Scrabble-Turnier gegen mich
verbündet hatten. Sogar Toblerone bestand aus Dreiecken, oder? Mit meinen
nächsten Fischen würde ich es genauso machen. Ich würde sie als Dreieck
anlegen, drei an der Zahl, und sie würden sich alle zusammenfügen, wie sie das
manchmal im Wasser machen, wenn sie dicht an dicht, aber trotzdem getrennt
durcheinandergleiten. Sehen Sie, was Emily bei mir auslöste? Ich hatte all
diese Gedanken, und dabei war sie nicht mal bei mir.
    »Dann also bis morgen«, sagte ich.
    »Ich freu mich drauf.«
    »Schön. Also, dann gute Nacht.«
    »Es ist nicht Nacht, Al. Aber irgendwie wünschte ich, es
wäre schon so weit. Gute Nacht.«
     
    Sie legte auf. Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte es
getan. Ich hatte mit ihr ein Date ausgemacht, nicht im besoffenen Kopf
irgendeine beschickerte Tussi angebaggert, die ich flachlegen wollte, sondern
ein richtiges Date, mit einer Frau, die ich respektvoll behandelte, ohne
Hintergedanken. Ich hätte ihr gern Blumen geschickt oder Pralinen, irgendwas
total Romantisches, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Wenn mir

Weitere Kostenlose Bücher